Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
Händen übergab. Sobald er den Inhalt kennt, wird in Stygien eine Kunde von Mund zu Mund gehen. Und im Süden wird sich um Mitternacht ein Wind erheben und hierherstürmen. Wo willst du dich dann verkriechen, Thoth-Amon?«
Der Sklave erschauderte, und sein dunkles Gesicht wurde aschfahl.
»Genug!« Ascalante wechselte den Tonfall. »Ich habe Arbeit für dich! Ich traue diesem Dion nicht. Ich riet ihm, zu seinem Landsitz zu reiten und dort zu verharren, bis alles hier vorüber ist. Der fette Narr könnte seine Nervosität vor dem König heute nicht verheimlichen. Reite ihm nach. Wenn du ihn nicht auf der Straße einholst, dann reite weiter zu seinem Herrenhaus und bleib bei ihm, bis wir ihm Bescheid geben, daß er ungefährdet kommen kann. Laß ihn nicht aus den Augen. Er ist kaum noch bei Sinnen vor Furcht und könnte etwas Unüberlegtes tun, ja in seiner Panik vielleicht gar zu Conan eilen und ihm von unserem Komplott erzählen, nur um seine eigene Haut zu retten. Marsch!«
Der Sklave verneigte sich, so verbarg er den Haß in seinen Augen, und tat, wie befohlen. Ascalante widmete sich wieder seinem Wein. Über den edelsteinverzierten Spitztürmen ging die Sonne blutrot auf.
2
Als ich ein Krieger war, galt mir der Trommelschlag,
Weil mir in Ruhm und Glanz das Volk zu Füßen lag.
Jetzt bin ich König, und mir droht Gefahr
Durch Gift und Mörderdolch – aus seiner Schar.
Die Straße der Könige
Der Raum war groß und prunkvoll eingerichtet, mit kostbaren Teppichen an den polierten Paneelwänden und auf dem Fußboden aus Elfenbein. Die hohe Decke war kunstvoll skulptiert und stellenweise mit Silberfiligran verziert. Hinter einem elfenbeinernen, mit Gold eingelegten Schreibtisch saß ein Mann, dessen breite Schultern und sonnengebräunte Haut nicht in diese luxuriöse Umgebung paßten. Er sah eher aus, als gehörte er in die weiten, windumbrausten Steppen oder in die rauhen Berge. Jede Bewegung verriet die geschmeidige Kraft von Muskeln, die vom scharfen Verstand des geborenen Kämpfers gelenkt wurden. Nichts an ihm war bedächtig oder gemessen. Entweder verhielt er sich völlig ruhig – reglos wie eine Bronzestatue –, oder er befand sich in Bewegung, doch nicht mit der ruckhaften Hast überspannter Nerven, sondern mit der Flinkheit der Katze, die schneller als das Auge sein mochte.
Seine Kleidung war aus kostbarem Stoff, doch von gewollt einfacher Machart. Er trug weder Ringe noch sonstigen Schmuck, und seine gerade geschnittene schwarze Mähne wurde lediglich von einem einfachen Silberband um die Stirn zusammengehalten.
Er legte den goldenen Griffel nieder, mit dem er angestrengt auf die Wachstafel vor sich geschrieben hatte, stützte das Kinn auf eine mächtige Faust und richtete die eisblauen Augen fast neidisch auf den Mann, der vor ihm stand und im Moment mit sich selbst beschäftigt war. Das heißt, er schnürte den goldverzierten Harnisch an der Seite ein wenig enger und pfiff dabei geistesabwesend – ein etwas ungewöhnliches Benehmen, wenn man bedachte, daß er sich in der Gesellschaft eines Königs befand.
»Prospero«, sagte der Mann hinter dem Schreibtisch. »Diese Staatsgeschäfte ermüden mich – und das ist ein Gefühl, das ich nie kannte, auch wenn ich von Morgen bis Abend auf dem Schlachtfeld kämpfte.«
»Es gehört eben dazu, Conan«, antwortete der schwarzäugige Poitane. »Du bist König – und das ist Teil deiner Obliegenheiten.«
»Ich wollte, ich könnte mit dir nach Nemedien reiten.« Conans Neid wuchs. »Mir scheint es eine Ewigkeit her zu sein, seit ich das letztemal auf einem Pferd saß. Aber Publius behauptet, daß einige Angelegenheiten in der Stadt meine Anwesenheit hier erfordern.
Als ich die alte Dynastie stürzte«, fuhr er mit der kameradschaftlichen Vertrautheit fort, die nur zwischen dem Poitanen und ihm bestand, »war es wirklich ganz leicht, obgleich es mir damals schwer genug vorkam. Doch wenn ich jetzt zurückblicke, erscheinen mir all diese Tage harter Arbeit, der Intrigen, des Gemetzels und der Prüfungen wie ein Traum.
Nur träumte ich nicht weit genug, Prospero. Als König Numedides tot zu meinen Füßen lag und ich ihm die Krone entriß, um sie selbst aufzusetzen, hatte ich die absolute Grenze meiner Träume erreicht. Ich war nur darauf vorbereitet gewesen, die Krone zu nehmen, nicht aber sie zu halten. In der alten Zeit meiner persönlichen Freiheit brauchte ich nichts anderes als ein gutes Schwert und den geraden Weg zu meinen
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