Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
segeln konnte, und der nächste Hafen im Süden durfte etwa tausend Meilen entfernt sein. Was brachte diesen Fremden zu der einsamen Korvelabucht, wie ihr Onkel diesen Ort nannte, seit sie hier gelandet waren?
Tina schmiegte sich an ihre Herrin. Angst sprach aus ihren schmalen Zügen. »Wer kann es sein, meine Lady?« stammelte sie, und der Wind peitschte Farbe in ihre bleichen Wangen. »Ist es der Mann, den der Graf fürchtet?«
Belesa blickte mit gerunzelter Stirn auf sie hinab. »Weshalb sagst du das, Kind? Woher weißt du, daß mein Oheim jemanden fürchtet?«
»Es muß so sein«, antwortete Tina naiv, »weshalb würde er sich sonst an diesem einsamen Ort verstecken? Seht, meine Lady, wie schnell das Schiff ist!«
»Wir müssen meinen Oheim darauf aufmerksam machen«, murmelte Belesa. »Die Fischerboote sind noch nicht ausgelaufen, deshalb hat noch keiner der Männer das Segel gesehen. Hol deine Sachen, Tina. Beeil dich!«
Das Kind rannte den Hang zum Teich hinunter, in dem sie geschwommen war, als sie das Schiff entdeckte. Sie griff nach ihren Sandalen, der Tunika und dem Gürtel, die sie auf dem Sand ausgezogen hatte. Sie rannte zum Kamm zurück und kleidete sich im Laufen an.
Belesa, die besorgt das näher kommende Schiff im Auge behielt, griff nach ihrer Hand, und zusammen hasteten sie zum Fort.
Kurz nachdem sie durch das Tor der Palisadenfestung gekommen waren, rief schriller Hörnerschall sowohl die erschrockenen Arbeiter in den Gärten und Feldern zurück, als auch die Männer, die gerade die Bootshaustüren geöffnet hatten, um die Fischerkähne zum Wasser hinunterzuschieben.
Jeder außerhalb des Forts ließ alles liegen und stehen, ohne sich Zeit zu nehmen, Ausschau nach der Ursache des Alarms zu halten, und rannte zur Festung zurück. Erst als sie am Tor angekommen waren, blickten alle ohne Ausnahme über die Schulter zum dunklen Rand des Waldes im Osten. Kein einziger schaute seewärts.
Sie drängten durch das Tor und erkundigten sich bei den Wachen auf den Wehrgängen unterhalb der Palisadenspitzen: »Warum hat man uns zurückgerufen?« »Was ist los?« »Kommen die Pikten?«
Als Antwort deutete ein wortkarger Bewaffneter südwärts. Von seiner erhöhten Position aus war das Segel bereits zu sehen. Männer kletterten zu dem Wehrgang hoch und spähten auf das Meer hinaus.
Von einem kleinen Aussichtsturm am Dach des Herrenhauses, das wie die anderen Gebäude innerhalb des Palisadenzauns aus Holzstämmen erbaut war, beobachtete Graf Valenso von Korzetta das näher kommende Segel, während es um die Spitze des südlichen Horns bog. Der Graf war ein hagerer, drahtiger Mann, gegen Ende vierzig, mit finsterem Gesicht. Sein enges Beinkleid und sein Wams waren aus schwarzer Seide. Das einzige, was ihm ein wenig Farbe verlieh, waren die funkelnden Juwelen an seinem Schwertgriff und das Weinrot des Umhangs, der von einer Schulter hing. Er zwirbelte nervös den dünnen schwarzen Schnurrbart und wandte sich mit düsteren Blicken an seinen Majordomus – einen Mann mit ledrigem Gesicht, in Satin und Stahl gekleidet.
»Was haltet Ihr davon, Galbro?«
»Eine Karracke, mein Lord«, antwortete der Majordomus. »Eine Karracke mit Takelung und Besegelung wie die Schiffe der Barachanpiraten – seht, dort!«
Schreie unter ihnen antworteten seinen Worten. Das Schiff war um die Landspitze gekommen und segelte nun schräg durch die Bucht. Alle sahen die Flagge, die plötzlich vom Topp flatterte: eine schwarze Flagge mit den Umrissen einer scharlachroten Hand. Die Menschen im Fort starrten wild auf dieses gefürchtete Banner. Aller Augen wandten sich jetzt dem Turm zu, auf dem der Herr der Festung düster im flatternden Umhang stand.
»Ja, es ist ein Barachanier!« brummte Galbro. »Und wenn ich mich nicht irre, Strombannis Rote Hand. Was sucht er hier an dieser trostlosen Küste?«
»Für uns bedeutet es zweifellos nichts Gutes!« knurrte der Graf. Ein Blick nach unten zeigte ihm, daß das schwere Tor inzwischen geschlossen worden war und der Hauptmann seiner Wache, in glänzenden Stahl gerüstet, seinen Männern die Posten anwies: einigen auf dem Wehrgang, anderen an den niedrigeren Schießöffnungen. Seine Hauptmacht teilte er entlang der Westpalisaden ein, in deren Mitte sich das Tor befand.
Hundert Mann – Soldaten, Vasallen und Leibeigene – und ihre Familien waren Valenso ins Exil gefolgt. Von ihnen waren vierzig erfahrene Krieger, die bereits in ihre Rüstungen geschlüpft waren, die Helme
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