Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
rief Amalrus ungehalten. »Ist Euch denn nicht klar, daß Ihr Euch in unseren Händen befindet und wir Euch Leben und Krone nehmen können, wie es uns beliebt?«
Conans Antwort war weder majestätisch noch würdevoll, wohl aber bezeichnend für diesen Mann, dessen barbarisches Wesen auch in der angenommenen Kultur nicht untergegangen war. Er spuckte Amalrus voll ins Auge. Der König von Ophir sprang mit einem Wutschrei auf und tastete nach seinem schlanken Schwert. Mit blanker Klinge wollte er sich auf den Cimmerier stürzen, aber Tsotha trat dazwischen.
»Wartet, Eure Majestät! Dieser Mann ist mein Gefangener.«
»Zur Seite, Hexer!« kreischte Amalrus, dem das Funkeln der blauen Augen des Cimmeriers den Verstand raubte.
»Zurück, sage ich!« donnerte Tsotha mit gewaltigem Grimm. Seine schmale Hand schoß aus dem Ärmel, und eine Handvoll Staub flog in des Ophiten verzerrtes Gesicht. Amalrus schrie auf und stolperte zurück. Das Schwert entglitt seinen Fingern, und er drückte beide Hände auf die schmerzenden Augen. Schlaff ließ er sich auf den Diwan fallen. Die kothischen Wachen sahen gleichmütig zu. König Strabonus leerte hastig seinen Kelch, den er mit zitternden Händen hielt. Amalrus nahm die Finger wieder von den Augen und schüttelte heftig den Kopf. Seine grauen Augen waren wieder klar.
»Ich war blind!« knurrte er. »Was habt Ihr mit mir gemacht, Hexer?«
»Oh, ich wollte Euch nur zeigen, wer hier der Herr ist«, entgegnete Tsotha. Er hatte seine höfliche Maske fallenlassen, und nun waren seine ganze Grausamkeit und Bösartigkeit entblößt. »Strabonus hatte seine Lektion bereits gelernt – und ich hielt es für nötig, daß auch Ihr Eure lernt. Was ich Euch ins Gesicht warf, war lediglich Staub aus einer stygischen Gruft. Bekommt Ihr ihn ein zweitesmal in die Augen, wird Eure Blindheit von Dauer sein, und Ihr werdet Euch den Rest Eures Lebens durch Dunkelheit tasten müssen.«
Amalrus zuckte die Schultern. Furcht und Wut verdrängend, griff er nach seinem Kelch. Als guter Diplomat gewann er seine Fassung schnell wieder.
Tsotha wandte sich erneut Conan zu, der den Vorfall ungerührt beobachtet hatte. Auf seinen Wink hin faßten die schwarzen Wachen nach den Ketten des Gefangenen und führten ihn hinter Tsotha her durch eine Bogentür auf einen winkeligen Korridor mit buntem Mosaikboden, mit Gold und Silber eingelegten Wänden und einer hohen, mit Silberfiligran verzierten Decke, von der goldene Räucherschalen hingen, aus denen süßlicher Duft aufstieg. Sie bogen in einen kleineren, ganz in Jade und Gagat gehaltenen Korridor, der ungemein düster war und vor einer Bronzetür endete. Ein Totenschädel grinste über ihr, und ein abstoßend fetter Mann, mit einem Schlüsselring in der Hand, stand davor. Er war Tsothas Obereunuche Shukeli, von dem man sich grauenvolle Dinge erzählte. Seinen Mangel an normalen Gefühlen ersetzte er durch eine bestialische Freude an ausgefallenen Foltermethoden.
Die Bronzetür führte zu einer schmalen Treppe, die bis tief in den Berg hinunter zu reichen schien, auf dem die Burg stand. Der ganze Trupp stieg die Stufen hinunter und blieb schließlich vor einer Eisentür von sichtlich ungeheurer Dicke stehen, die übertrieben schien, denn sie öffnete sich ja nicht ins Freie und mußte sicher keinen Rammböcken standhalten können. Shukeli schloß sie auf, und als er sie öffnete, fiel Conan die Beklommenheit seiner schwarzen Wächter auf. Ja, selbst Shukeli wirkte ängstlich, als er in die Dunkelheit dahinter spähte. Hinter der mächtigen Eisentür befand sich eine zweite Tür aus gewaltigen Eisenstäben. Sie war mit einem geschickt ausgedachten Riegel verschlossen, der nur von außen geöffnet werden konnte. Als Shukeli ihn zurückzog, glitt die Gittertür in die Wand. Sie kamen zu einem breiten Korridor, der offenbar ganz aus dem Fels gehauen war. Conan wußte, daß sie ziemlich tief gestiegen waren und sich jetzt vermutlich sogar unter dem Berg befanden. Die Dunkelheit bedrängte die Fackeln der Wächter wie ein lebendes Wesen.
Sie ketteten Conan an einen Eisenring an der Steinwand. In einer Nische über seinem Kopf ließen sie eine Fackel zurück, so daß der König in einem Halbkreis düsteren Lichtes stand. Die Schwarzen fühlten sich offenbar gar nicht wohl hier und schienen nur den einen Wunsch zu haben, von hier zu verschwinden. Immer wieder warfen sie ängstliche Blicke in die Finsternis. Tsotha bedeutete ihnen umzukehren, und sie stolperten in
Weitere Kostenlose Bücher