Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
diese Hallen der Hölle mit Erlaubnis und unter Führung des Hexers besucht, und die schrecklichen Monstrositäten, die er in seiner Ballade Das Lied der Hölle andeutete, waren keineswegs Ausgeburten eines verwirrten Gehirns. Dieses Gehirn hatte Conans Streitaxt in jener Nacht zerschmettert, als er mit den Verschwörern, zu denen auch Rinaldo gehört hatte, um sein Leben gekämpft hatte – aber die Worte des gräßlichen Liedes spukten in des Königs Kopf, als er jetzt hilflos in Ketten lag.
Während er sie verdrängen wollte, vernahm er ein leises Rascheln, das ihm das Blut stocken ließ, denn er ahnte, was es bedeutete. Er lauschte angespannt, und ihm war, als streiche eine eisige Hand über seinen Rücken. Das Rascheln kam ohne Zweifel von biegsamer Schuppenhaut, die über den Steinboden kroch. Kalter Schweiß brach auf Conans Stirn aus, als er außerhalb des Lichtkreises vage etwas von gewaltiger Form sah, das selbst in dieser Verschwommenheit furchteinflößend war. Es richtete sich auf, wiegte sich leicht, und gelbe Augen richteten sich aus der Dunkelheit auf ihn. Langsam nahm ein häßlicher, keilförmiger Kopf vor seinen geweiteten Augen Form an, und aus der Finsternis glitt, in geschmeidigen Windungen, das absolute Grauen in reptiler Erscheinungsform. Es war eine Schlange von gewaltiger Größe. Er konnte sie zwar nicht ganz sehen, aber sie mußte von der Schwanzspitze zum Dreieckskopf, der größer als der eines Pferdes war, achtzig Fuß lang sein. In der Düsternis schimmerten ihre Schuppen wie Rauhreif. Zweifellos war diese Schlange in der Dunkelheit geboren und zu Hause, aber genauso zweifellos war sie nicht blind. Sie rollte sich in einiger Entfernung von dem Gefangenen zusammen und schob den Kopf auf wiegendem Hals bis wenige Zoll vor Conans Gesicht. Die gespaltene Zunge berührte fast seine Lippen, als sie immer wieder vor und zurück schnellte, und der übelkeitserregende Gestank, der ihm entgegenschlug, würgte ihn. Die großen gelben Augen ruhten mit brennender Eindringlichkeit auf seinen, und Conans funkelten zurück wie die eines Wolfes in der Falle. Er kämpfte dagegen an, die Hände um den Schuppenhals zu legen. Zwar hatte er mit seinen fast übernatürlichen Kräften, die weit über die eines Mannes aus der Zivilisation hinausgingen, während seiner Korsarenzeit an der stygischen Küste einem Python in teuflischem Kampf den Hals gebrochen, aber das hier war eine Giftschlange. Er sah die spitzen, einen Fuß langen Fänge, die an Krummsäbel erinnerten. Eine farblose Flüssigkeit tropfte von ihnen, die den Tod brachte, das wußte er instinktiv. Es würde ihm vermutlich tatsächlich möglich sein, dem Reptil mit einem kräftigen Faustschlag den Schädel zu zerschmettern, aber er zweifelte nicht daran, daß die Schlange bei der geringsten Bewegung zuschlagen würde.
Logische Überlegung hatte nichts damit zu tun, daß Conan sich völlig ruhig verhielt. Im Gegenteil, die Vernunft hätte ihm vielleicht geraten – da er ja ohnehin verloren war –, die Schlange zu reizen, daß sie ihn sofort tötete, damit er es hinter sich brächte. Nein, es war der blinde Überlebenswille, der ihn dazu veranlaßte, so starr wie eine Statue stehenzubleiben. Jetzt hob der faßdicke Hals sich noch höher, und der Schlangenkopf war weit über seinem, als das Reptil die Fackel in der Nische untersuchte. Ein Tropfen des Giftes fiel auf seinen nackten Schenkel, und es war einen Moment, als würde ihm ein weißglühender Dolch ins Fleisch gestoßen. Unerträgliche Schmerzen durchzuckten ihn, trotzdem bewegte er nicht einen Muskel, noch verriet er auch nur mit einem Wimpernzucken, wie sehr die Wunde brannte, die bis an sein Lebensende eine Narbe hinterlassen würde.
Die Schlange wiegte sich über ihm, als wolle sie sich vergewissern, ob Leben in dieser Figur war, die so völlig unbewegt stand. Plötzlich, völlig unerwartet, knarrte die Außentür, die in der Dunkelheit kaum zu sehen war. Die Schlange, mißtrauisch wie alle ihrer Art, wirbelte mit einer Schnelligkeit, die für ihre gewaltige Größe kaum vorstellbar war, herum und glitt den dunklen Gang hinunter.
Die Tür schwang auf und blieb offen stehen. Dann wurde der Riegel der Gittertür zurückgezogen, und die Tür verschwand in der Wand. Eine riesenhafte dunkle Gestalt war im Schein der Fackeln vor der Tür zu sehen. Sie trat in den Korridor und zog die Gittertür hinter sich wieder über den Gang, ohne jedoch den Riegel einschnappen zu lassen. Als sie in
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