Conan-Saga 16 - Conan der Befreier
uns hier nicht mehr haben. Wir sollen entweder in ein neues Lager übersiedeln, oder uns auf den Weg nach Aquilonien machen.«
Publius runzelte die Stirn. »Während sich unsere Truppen noch in Ausbildung befinden, müssen wir der Versorgung wegen in Stadt- und Seenähe bleiben. Zehntausend Mann entwickeln einen beachtlichen Appetit, wenn Ihr sie so drillt, wie Ihr es jetzt tut. Und zehntausend Bäuche brauchen viel zu essen, wenn Ihr nicht wollt, daß ihre Besitzer mürrisch werden und desertieren.«
Conan hob die Schultern. »Es läßt sich leider nicht ändern. Trocero und ich reiten morgen aus, um einen neuen Lagerplatz zu finden. Beim nächsten Vollmond dürften wir bereits unterwegs nach Aquilonien sein.«
»Wer ist das?« fragte Publius. Er deutete auf einen Soldaten, der nach Beendigung des Morgendrills jetzt dicht am Zelt des Generals vorbeischlenderte. Er war ganz in schäbiges Schwarz gekleidet, und er hatte offenbar bereits tüchtig gezecht, denn seine dürren Beine taten sich schwer, geraden Kurs zu halten, und einmal stolperte er über einen Stein auf dem Weg. Als er Conan und Publius sah, nahm er seine speckige Mütze ab und verbeugte sich so tief, daß er fast das Gleichgewicht verlor, doch er fing sich wieder und setzte seinen Weg fort.
»Ein Zingarier«, erwiderte Conan, »der vor ein paar Tagen im Lager auftauchte, um sich anmustern zu lassen. Er sieht nach nicht viel aus, ist auch kein Krieger, aber er stellte sich als guter Fechter, ausgezeichneter Reiter und unübertrefflich im Messerwerfen heraus. Also nahm Prospero ihn auf. Ich glaube, er nannte sich Quesado.«
»Euer Ruf zieht Männer von fern und nah wie ein Magnet an«, sagte Publius.
»Also wird mir nichts übrigbleiben, als diesen Krieg zu gewinnen«, brummte Conan. »Früher, wenn ich eine Schlacht verlor, konnte ich mich einfach in andere Länder verziehen, wo man mich nicht kannte, und von vorn anfangen, ohne daß es jemanden interessierte. Doch das dürfte jetzt nicht mehr so einfach sein. Zu viele haben von mir gehört.«
»Das ist gut für uns andere«, meinte Publius grinsend, »daß die Berühmtheit den Führern die Chance raubt zu fliehen.«
Conan schwieg. Er hing seinen Erinnerungen nach und dachte an die schweren Jahre, seit er als zerlumpter, abenteuerdurstiger Junge aus dem nordischen Winter gekommen war. Er hatte kämpfend und wandernd den ganzen thüringischen Kontinent durchquert. Dieb, Pirat, Bandit, Häuptling von Primitiven – all das war er schon gewesen, auch einfacher Soldat, der bis zum General aufgestiegen war und seine hohe Stellung wieder verlor, als das Glück ihm den Rücken kehrte. Von der rauhen Wildnis des Piktenlandes zu den hyrkanischen Steppen, vom Schnee Nordheims zu den dampfenden Dschungeln von Kush, waren sein Name und sein Ruhm Legende. Und so kamen die Krieger selbst aus den fernsten Landen, um sich um sein Banner zu scharen.
Conans Standarte flatterte stolz vom Mittelmast des Generalszeltes im Wind. Sein Wappen hatte er selbst gewählt und entworfen. Es war ein goldener Löwe, hochaufgerichtet vor einem Hintergrund aus schwarzer Seide. Als Sohn eines Schmiedes war Conan nicht edlen Blutes, aber er hatte sich seinen größten Ruhm als Befehlshaber des Löwenregiments in der Schlacht von Velitrium erworben. Seine Standarte hatte er erwählt, weil er wußte, daß Soldaten eine Fahne brauchten, für die sie kämpfen konnten. Nach diesem Sieg von Velitrium war es gewesen, da König Numedides seinen beliebten General hatte in die Falle locken und vernichten wollen, denn er sah in seinem Ruhm eine Gefahr für seine Oberherrschaft und hielt Conan für einen potentiellen Rivalen. Er neidete Conan den wachsenden Ruf der Unschlagbarkeit und fürchtete seine Anziehungskraft als Führer.
Nachdem er der Falle entgangen war, die Numedides ihm gestellt hatte, dachte der Cimmerier voll Nostalgie an die Tage mit den Löwen zurück. Und nun flatterte das Banner, unter dem er seine größten Siege errungen hatte, wieder über seinem Kopf, als Symbol vergangener Ruhmestaten und als Sammelpunkt für einen Krieg um eine gerechte Sache.
In den Monaten, die da kommen würden, brauchte er jedoch noch mächtigere Siege, und dafür war der goldene Löwe auf schwarzem Feld ein gutes Omen für ihn, denn ganz war auch Conan nicht von Aberglauben frei. Obgleich er über die halbe Welt gestiefelt, geritten und gesegelt war, ferne Länder erforscht, die Sitten und Gebräuche fremder Völker kennengelernt und
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