Conan-Saga 22 - Conan der Verteidiger
der Dunkelheit über ihm. Die an seinen Knöcheln waren an schweren Ringbolzen im rauhen Steinboden befestigt. Seinen Kittel hatte man ihm genommen und ihm lediglich das Lendentuch gelassen.
Ohne echte Hoffnung, sich befreien zu können, spannte er die Muskeln, bis ihm der Schweiß über die Stirn perlte und von den Schultern über die breite Brust sickerte. Die Ketten gaben keinen Millimeter nach, und er selbst konnte sich auch kaum bewegen, man hatte ihm Arme und Beine so weit gespreizt, daß sie drohten, aus den Gelenken zu reißen.
Stoff raschelte in der Dunkelheit, und er hörte eine Männerstimme.
»Er ist wach, meine Lady.« Dann eine Pause. »Sehr wohl, meine Lady.«
Zwei Männer traten in den Lichtkreis, stämmige Burschen mit kahlgeschorenen Köpfen und nackten Oberkörpern. Einer hatte eine Brandnarbe quer über der haarlosen Brust, als wäre es einem seinem Opfer gelungen, ihn mit dem heißen Eisen zu traktieren, das eigentlich ihn selbst zum Wimmern hätte bringen sollen. Der andere war von der Schulter bis zum Gürtel dicht behaart wie ein Affe. Er hatte ein völlig unangebracht freundliches rundes Gesicht, und er lächelte. Jeder hielt eine Peitsche mit zusammengerollten Strängen in der Hand.
Als sie sich stumm zu beiden Seiten des Cimmeriers aufstellten, strengte Conan die Augen an, um die Dunkelheit außerhalb des Lichtkreises zu durchdringen. Wer war diese ›Lady‹? Wer?
Der erste Peitschenhieb traf ihn an der Brust. Als der Strang zurückgezogen wurde, knallte die zweite auf seinen Oberschenkel. Es war kein System in den Schlägen, so wußte Conan nie, wo der nächste Hieb zu erwarten war, und er konnte sich nicht dagegen wappnen und sich auch nicht gegen den Schmerz stählen, der sich wie Säure in sein Fleisch brannte.
Er biß die Zähne zusammen, um auf keinen Fall zu schreien, ja er öffnete nicht einmal den Mund, um den Atem zu holen, den seine Lunge so dringend brauchte, denn täte er es, wäre es zu hören, und dann fehlte nicht mehr viel bis zu einem Schrei. Die Frau, die ihn aus der Dunkelheit beobachtete, wollte, daß er schrie, und er beabsichtigte nicht, ihr diesen Gefallen zu tun.
Die beiden Knechte peitschten ihn, bis er so schlaff hing, wie die Ketten es erlaubten, den Kopf fast auf die breite Brust gesenkt. Schweiß ließ die Striemen, die ihn von den Knöcheln bis zu den Schultern bedeckten, unerträglich brennen, aus manchen sickerte auch Blut.
In der Dunkelheit hörte er das Klingeln von Münzen und dann die gleiche Stimme wie zuvor. »Sehr großzügig, meine Lady. Wir sind vor der Tür, wenn Ihr uns braucht.« Danach herrschte Stille, bis die Angeln rostig knarrten und die Tür heftig zuschlug.
Conan hob den Kopf.
Langsam trat eine Frau in den Lichtkreis und musterte ihn. Es war die Frau in den grauen Schleiern.
»Ihr!« knurrte er. »Seid Ihr diejenige, die mehrmals vergeblich ihre Meuchler auf mich ansetzte? Oder jene, die die armen Narren in der Thestis benutzte, um mich mit ihren Lügen hierherzubringen?«
»Ich habe allerdings versucht, dich umbringen zu lassen«, erwiderte sie weich. Conan kniff die Augen zusammen. Die Stimme war ihm vertraut, aber er erinnerte sich nicht, wem sie gehörte. »Ich hätte wissen müssen, daß es in Nemedien keine Männer gibt, die fähig sind, dich zu töten. Daß du hier hängst, verdankst du jedoch nur dir selbst, obgleich ich mich darüber natürlich freue, Conan von Cimmerien.«
»Wer seid Ihr?« fragte er.
Ihre Hand hob sich und schlug die Schleier zurück. Sie offenbarte keine von Krankheit verwüstete Haut, sondern makellose, elfenbeinfarbige Züge von großer Schönheit. Leicht schräge grüne Augen über hohen Wangenknochen beobachteten ihn scharf. Weiche Wellen roten Haares umrahmten das Gesicht.
»Karela!« hauchte Conan. Er fragte sich, ob seine Schmerzen ihm nicht etwa dieses Bild vorgaukelten. Die Rote Falkin, die wilde Banditenführerin aus den Ebenen Zamoras und den turanischen Steppen, in Belverus, in der Maskerade als Edle! Das erschien ihm unmöglich.
Das schöne Gesicht blieb unbewegt, während sie ihn betrachtete. Ihre Stimme war völlig beherrscht, als sie sagte: »Ich hatte nicht erwartet, dich je wiederzusehen, Cimmerier. Als ich dich an jenem Tag im Marktviertel bemerkte, dachte ich, meine Augen täuschten mich.«
»Hast du Hordo gesehen?« fragte er. »Er ist auch hier und sucht dich immer noch.« Ihm gelang ein trockenes Lächeln. »Er arbeitet für die Schmuggler, deren Führerin du jetzt
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