Conan-Saga 24 - Conan der Zerstörer
streckte den Arm aus, um Jehnna hochzuhelfen, hielt jedoch weiter die Klinge vor sie, als wäre sie ein Schild. Conans Augen verfolgten die des narbengesichtigen Kriegers, der Jehnna rückwärtsgehend führte. Das Mädchen schaute noch einmal zu dem riesenhaften Cimmerier, und sie wirkte verwirrt. Aber wortlos ließ sie sich in die Decken hüllen, und wie in der vergangenen Nacht setzte Bombatta sich als Wächter neben sie.
Leise vor sich hinfluchend, wickelte Conan sich in seine Decken. Irrsinn! sagte er sich. Es gab genug Frauen auf der Welt, so daß er sich nicht von einem Mädchen zu betören lassen brauchte, das vermutlich nicht einmal wußte, was es tat. Jehnna war ein Kind, trotz ihrer Jahre. Er schlief und träumte von Taramis und ihrer gemeinsamen Liebesnacht, und doch sah er in diesem Traum hin und wieder, daß nicht Taramis es war, die er in den Armen hielt, sondern Jehnna. Vielleicht war das der Grund, daß sein Schlaf nicht sehr erholsam war und er sich leise fluchend hin und her wälzte.
Die Schwärze der Nacht hüllte Shadizar ein, und die teppichbehangenen Korridore von Taramis' Palast waren menschenleer, als sie aus ihrem Schlafgemach trat. Der einzige Laut war das Rascheln ihres bodenlangen Seidengewands auf den glänzenden Marmorfliesen. Ihre Sterndeuter und die Priester des alten Glaubens, dem sie zu neuem Leben verholfen hatte, kamen oft in den Saal, den sie jetzt betrat, doch die nächtlichen Besuche dort, die in letzter Zeit an Häufigkeit zunahmen, machte sie allein.
In den Winkeln des Saales ging von geschickt umhüllten goldenen Lampen ein so bleicher Schein aus, daß er vom Mond selbst kommen mochte. Der Boden war aus spiegelblankem schwarzem Marmor, und kannelierte Säulen trugen die hohe Kuppeldecke aus Onyx, die mit Saphiren und Brillanten besteckt war, um den Nachthimmel vorzutäuschen – und zwar den Himmel, wie er nur einmal alle tausend Jahre war.
Genau in der Mitte des Saales und unter dem Mittelpunkt des falschen Himmelsgewölbes stand ein Diwan aus rotem Marmor, mit Jungfrauenhaar poliert, und darauf lag, was die Alabasterstatue eines nackten Mannes mit geschlossenen Augen zu sein schien. Sie war von eineinhalbfacher Größe eines lebenden Mannes und von größerer Schönheit, als ein Sterblicher je sein konnte. Nur eines minderte die Perfektion dieser Figur: In der hohen Stirn befand sich ein kreisrunder Abdruck von der Breite einer Männerhand und so tief wie ein halbes Fingerglied. Die Figur erweckte den Eindruck, als warte sie auf etwas.
Langsam ging Taramis zu diesem Marmordiwan und blieb davor stehen. Ihr Blick wanderte über die Alabasterskulptur, und ihr Atem kam schneller. Viele Männer hatte sie in ihrem Leben bereits gehabt. Im Alter von sechzehn hatte sie den ersten mit größter Sorgfalt ausgewählt, und jeden weiteren mit nicht geringerer. Sie kannte die Männer so gut wie die Räumlichkeiten ihres Palasts. Aber wie würde es sein, als Geliebten einen – Gott zu haben?
Sie ließ ihr Gewand von den Schultern gleiten und sank nackt vor der Figur auf die Knie. Kein Wort in der Schrift Skelos' verlangte das, aber sie wollte mehr, als selbst diese Schrift versprach.
Sie drückte die heiße Wange auf eine kalte Alabastersohle und wisperte: »Ich bin dein, o großer Dagoth.«
Der Drang überwältigte sie, weiterzugehen als je zuvor, und so preßte sie stöhnende Küsse auf diese Füße. Langsam arbeitete sie sich hoch, ohne auch nur einen Fingerbreit des bleichen Steines unbenetzt von ihren feurigen Lippen zu lassen, und sie schmiegte ihre üppigen Rundungen an die Figur, bis sie schließlich auf ihr wie auf einem Manne lag. Zitternd liebkosten ihre Finger das steinerne Gesicht.
»Ich bin dein, o großer Dagoth«, wisperte sie erneut. »Und für immer werde ich dein sein. Wenn du erwachst, lasse ich Tempel für dich erbauen und die der anderen Götter niederreißen. Aber ich werde mehr als nur deine Priesterin sein. Dein göttliches Fleisch wird eins mit meinem werden, und von da ab wird es als Mann nur noch dich für mich geben. Ich werde zu deiner Rechten sitzen, und durch deine Gnade wird mir die absolute Macht über Leben und Tod zuteil. Wieder werden dir Opfer dargebracht werden, und aufs neue werden die Menschen aller Länder vor dir knien. All das schwöre ich dir, o großer Dagoth, und besiegle es mit meinem Fleisch und meiner Seele.«
Plötzlich stockte ihr der Atem. Der Stein unter ihr war bisher hart und kalt gewesen, doch plötzlich fühlte er
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