Conan-Saga 33 - Conan der Herausforderer
er nicht sah. Und in der Nacht bewegte sich Skeer wie ein Unsichtbarer.
Während des Tages war er weder vom Barbaren noch von den Frauen belästigt worden. Er hatte auch keine andere Gefahr entdecken können. Diese quälende Sorge blieb, obgleich nichts geschehen war, um sie zu begründen.
Nun, bald würde er Opkothard und alle seine Probleme hinter sich haben.
Der Plan, den er sich ausgedacht hatte, war einfach: eine Schenke mit vielen Zechern, davor ein halbes Dutzend Pferde angebunden, die auf ihre Reiter warteten. Genauso wie jene, welche dort drüben lag. Ein schlaftrunkener Wächter lehnte an einer Wand und paßte auf. Skeer würde ihm die Kehle durchschneiden, das stärkste Pferd nehmen und in der Kleidung des Toten zum Südtor reiten. Sollte jemand nach ihm suchen, würden sie niemand sehen, der Skeers Sachen trug. Dann würde er die Torwache überreden, ihn hinauszulassen. Mit den Vorräten, die er sich schon besorgt hatte, konnte er den halben Weg zu Negs Schloß reiten, ohne anzuhalten. Und dann holte ihn niemand mehr ein, selbst wenn sie sein Ziel kannten.
Der Barbar wußte bestimmt, wohin Skeer reiten wollte. Schließlich war er mit dieser Zombie-Hure im Bunde. Der hätte er den Kopf abschlagen sollen, als er die Gelegenheit hatte. Verdammt! Wieder verfluchte er sich, daß er die Zombie nicht gleich erkannt hatte. Verdammter Idiot!
Aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. Die Vergangenheit konnte man nicht ändern. Jetzt galt es, die Gegenwart zu bewältigen.
Der Wächter schlief im Stehen. Ohne die Wand wäre er sicher umgekippt. Mühelos gelangte Skeer direkt neben ihn. Schwieriger war es, wie er den Mann erledigen sollte, ohne die Uniform mit Blut zu besudeln. Doch dann fiel ihm etwas ein.
Skeer lockerte mit dem Dolch einen Pflasterstein. Den schlug er dem Schlafenden gegen die Schläfe. Er spürte, wie der Knochen brach. Der Mann fiel sofort bewußtlos zu Boden. Wahrscheinlich würde er mit gebrochenem Schädel sterben, aber Skeer riskierte nichts. Sobald er dem Mann die Kleidung ausgezogen hatte, durchtrennte er die Halsschlagader des Bewußtlosen. Während das Leben des Mannes im Staub der Straße verrann, zog er schnell die Uniform an. Gleich darauf sattelte er den großen grauen Hengst, den er sich ausgesucht hatte, und ritt im Schritt davon. Verrotte in der Hölle, Opkothard, dachte er und schlug die Richtung zum Südtor ein.
Als er auf einer Kreuzung anhielt und nach möglichen Verfolgern Ausschau hielt, glaubte er Geräusche zu hören. Es war, als trommelten kleine Finger auf trockenes Papier oder als huschten Ratten in einem Keller über Glasscherben.
Ach was! Kein Grund zur Sorge! Er trieb den Hengst an und ritt weiter.
Der Mond segelte über den klaren Himmel, an dem das kalte Feuer unzähliger Sterne funkelte. Conan rutschte unruhig auf der Kante des Heuwagens hin und her, der nahe dem Südtor stand. Obwohl es seine Idee gewesen war, beim Tor auf Skeer zu lauern, mißfiel ihm die Warterei. Er war ein Tatmensch. Der Cimmerier drehte sich um und betrachtete die schlafenden Frauen im Heu. Elashi schlief in eine Decke gehüllt, die Conan von einer Leine gestohlen hatte. Tuannes Augen waren offen, doch starrte sie leer in den Raum und schien von ihrer Umgebung keine Notiz zu nehmen.
Der Wagen stand nahe bei der Einmündung einer Gasse in die Hauptstraße Opkothards. Conan konnte von hier aus das Tor gut sehen, war aber selbst durch die Schatten der umliegenden Häuser auch den schärfsten Augen verborgen.
Als der Reiter kam, hörte und sah ihn der Cimmerier, ohne selbst gesehen zu werden. Einer der Nachtwächter, dachte Conan. Wahrscheinlich soll er die Torwache ablösen.
Der neue Wächter hielt an und rief dem Posten über dem Tor etwas zu. Die Worte konnte Conan nicht genau verstehen; aber er hatte den Eindruck, daß seine erste Idee falsch sei.
Urplötzlich fuhr Tuanne heftig auf. Conan drehte sich um.
»Der Talisman! Er ist ganz nah!«
Conan schaute wieder zu dem Reiter. Der Schein des Mondes war nicht hell genug, als daß er das Gesicht des Mannes hätte erkennen können. Doch Conans Gedanken waren schneller als seine Augen. Auch wenn er nicht sehr zivilisiert war, mangelte es ihm keineswegs an Verstand: Skeer saß da drüben auf dem Pferd – in Verkleidung.
Der junge Recke aus dem Norden zog sein Schwert, stieg lautlos vom Wagen und schlich zum Tor.
»Warum willst du so spät noch die Stadt verlassen, Kamerad?«
Skeer warf dem Mann einen Blick hinauf, von dem
Weitere Kostenlose Bücher