Conan-Saga 34 - Conan der Marodeur
Gesicht wie erstarrt. Langsam ging seine Hand zur Schärpe und umschloß das Heft des Dolches. Zoll für Zoll zog er die Waffe heraus. Ishkala erwartete, daß er den Zauberer angreifen werde. Sie war nicht sicher, wen von beiden sie lieber tot sehen wollte. Als Kamchak den Dolch gezückt hatte, starrte er ihn an, als hätte er ihn nie zuvor gesehen. Seine Augen wurden vor Entsetzen weit. Er hatte seinen Körper nicht länger unter Kontrolle. Mit peinvoller Langsamkeit drehte Kamchak den Dolch um und packte den Griff mit beiden Händen.
Die Finger Khondemirs tanzten weiter ihren übernatürlichen Reigen, als der Turanier die Dolchspitze gegen seinen unteren Bauch ansetzte. Mit dem Ausdruck kompletten Wahnsinns auf dem schweißüberströmten Gesicht preßte Kamchak die Klinge hinein. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus, als die Dolchspitze die Haut durchbohrte. Sein Schreien dauerte an, während sich die Klinge immer weiter in seine Eingeweide vorarbeitete. Es floß kaum Blut aus der Wunde. Dann veränderte er die Richtung und stieß die Klinge langsam nach oben, auf das Brustbein zu.
Während der Dolch langsam seinen grauenvollen Weg durch den mächtigen Bauch zurücklegte, weitete sich der Schnitt. Jetzt floß mehr Blut, auch Eingeweide drängten nach draußen. Der Dolch wurde kurz vom Brustbein aufgehalten, doch dann – nach einem lauten Knacken – drang er weiter nach oben und spaltete schließlich den Kehlkopf. Als Kamchak schließlich rücklings ins Feuer fiel, steckte die Klinge in seinem Unterkiefer. Funken und stinkender Rauch stiegen auf.
Es herrschte bis auf das Zischen des Blutes und der Gedärme völliges Schweigen. Die Männer blickten entsetzt den Zauberer an und wagten es nicht, sich zu bewegen. Khondemir stand wie eine Statue da. Seine Finger hatten ihr grausames Spiel aufgehört, nur die Nägel schimmerten noch. Hinter ihm stand Bulamb, den der Lärm herbeigerufen hatte.
»Was ist geschehen, Herr?« fragte Bulamb.
»Es hat einen kleinen Verstoß gegen die Disziplin gegeben«, erklärte der Zauberer. »Ich bin sicher, ein solch bedauerlicher Vorfall wird sich nicht wiederholen.«
»Gewiß nicht, Herr«, versicherte Bulamb.
»Prinzessin, komm mit mir!« Er winkte Ishkala mit den immer noch schwach leuchtenden Fingerspitzen. Sie gehorchte. Sie wurde dazu nicht durch seinen Willen gezwungen. Nein, sie hatte soeben erlebt, wie sinnlos es war, sich dem Zauberer zu widersetzen. Sie nahm einem verstörten Turanier ihr Gewand und den Schleier ab und folgte Khondemir.
Sie gingen durch das Lager zu einer freien Stelle beim Erdwall, wo Khondemir sein Zelt stehen hatte. Wortlos trat der Zauberer ein, und Ishkala folgte ihm. Das Innere des Zeltes war überraschend kostbar ausgestattet. Niedrige Klapptische, Teppiche und Gobelins. Aus einem kleinen Kohlenbecken stieg duftender Rauch auf. Mehrere kostbare Bronzelampen beschienen die Pergamentrollen und Bücher, die seltsamen Instrumente aus Bronze, Silber und Kristall, von denen einige mit Edelsteinen besetzt waren. Ishkala vermutete, daß Khondemir sie für seinen Zauber benötigte. Dankbar war sie, daß keine Geister oder übernatürlichen Kreaturen anwesend waren.
»Warum warst du in der dunklen Nacht im turanischen Lager, Prinzessin?« Der Zauberer blickte sie streng an; aber Ishkala war entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen.
»Warum nicht? Ich bin eine Prinzessin aus königlichem Geblüt, Zauberer. Ich bin nicht gewohnt, über meine Handlungen jemandem Rechenschaft abzulegen, es sei denn meinem Vater, dem Prinzen.« Sie hoffte, daß ihr Hochmut die Furcht verbarg.
Khondemir lächelte mitleidig. »Dennoch war es äußerst töricht. Diesen Männern ist deine vornehme Abstammung gleichgültig. Das mußtest du selbst schmerzlich feststellen. Nein, spiel bei mir nicht die hochnäsige Prinzessin. Es gibt nur eine Erklärung für deinen seltsamen Spaziergang: Du wolltest spionieren! Was wolltest du bei den Turaniern erfahren?«
»Spionieren? Warum sollte ich bei Verbündeten spionieren, Khondemir? Solche Freunde würden doch keine Geheimnisse voreinander haben, oder?«
»Stell meine Geduld nicht zu sehr auf die Probe, Ishkala!« Der Zauberer hob die Hand, und seine Fingerspitzen fingen wieder an stärker zu leuchten.
»Ich wollte wissen, was wir hier tun«, erklärte Ishkala schnell. Widerstand war zwecklos. Sie beschloß, sich auf eiskalte Würde zu verlegen. »Ich hörte bei deinen schurkischen, turanischen Freunden, daß du
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