Conan-Saga 39 - Conan der Kriegsherr
Eine frische Brise trieb einige weiße Wolken dahin. Unten schlängelte sich der Fluß zwischen satten smaragdgrünen Weiden dahin. Die Strohdächer der Häuser der kleinen Stadt am Brückenkopf leuchteten wie helles Gold.
Ulf führte sie an einem großen Katapult auf Rädern vorbei. Mehrere dieser Kriegsmaschinen standen auf dem Wehrgang, jederzeit bereit, feindliche Boote auf dem Fluß zu versenken oder Angreifer von der Zugbrücke zu jagen. Als Munition dienten die aufgeschichteten Steine und Pechtöpfe daneben. Der Junker blieb vor einer metallbeschlagenen Tür im nächsten Turm stehen. Zwei Posten hielten dort mit ausdruckslosen Gesichtern Wache.
»Wir benutzen den Nordturm als Wachstube und Verlies«, erklärte Ulf seinen Gästen, während er den schweren Riegel zurückschob. »Die Fundamente von Schloß Edram sind durch das häufige Hochwasser des Urlaubs zu feucht, um als Verlies zu dienen, in welchem die Gefangenen überleben können. Aber ich bin sicher, daß unsere Ausweichlösung durchaus Eure Billigung erfährt. Wir sind hervorragend ausgestattet.«
Er stieß die Tür nach innen auf und bat sie, einzutreten. Von den Kohlenbecken schlug ihnen Hitze entgegen. Durch die engen Schießscharten fiel das Tageslicht herein. Pferdegeschirre und Schmiedehandwerkszeug hingen und standen an den runden Wänden, was für eine Wachstube nicht ungewöhnlich war. Dann lagen noch andere Dinge herum, deren Sinn und Zweck auf den ersten Blick nicht erkennbar waren.
In der Mitte des runden Raumes hing ein großes Speichenrad an Ketten von der Decke. Darauf war ein junger Bauernbursche mit ausgebreiteten Armen und Beinen festgebunden. Er schien halb bewußtlos zu sein. Wo sein rauhes Gewand weggerissen war, sah man die Spuren der Folter mit siedendem Wasser oder glühenden Eisenstäben auf der Haut. Das blasse Jungengesicht war ausdruckslos nach oben gerichtet. Auch jetzt bewegten sich die Augen nicht, um die Ankömmlinge zu mustern.
»Die einzigen Äußerungen, die wir ihm bisher entlocken konnten, waren wüste Flüche«, erklärte der Junker. »Aber als er noch bei Kräften war, kämpfte er wie ein leibhaftiger Teufel.« Er zeigte einladend auf ein Becken mit glühenden Kohlen. »Hier, Mylord, versucht Euer Glück mit den glühenden Zangen. Vielleicht seid Ihr erfolgreicher als wir.«
Der Baron beobachtete Ulf nicht und betrachtete den Gefangenen skeptisch. Offensichtlich war er enttäuscht. »Das ist doch noch ein Kind! Kein sehr furchteinflößender Rebell!«
»Laß ihn ›Kaa nama kaa lajerama‹ sagen«, schlug Favian vor, der beim Eingang stehengeblieben war. »Kein Anhänger des Schlangenkults kann diese Worte aussprechen und weiterleben.«
Marschall Durwald beugte sich zu dem Gefangenen hinunter. Er hatte schließlich sehr viel Erfahrung mit Verhören. Sogleich schlüpfte er in die Rolle des verständnisvollen Freundes. »Keine Angst, mein Junge! Ich bin nicht hier, um dir weh zu tun.« Dann kniff er den Burschen in die Wangen, so daß dieser unwillkürlich den Mund aufriß. Durwald blickte hinein. Dann ließ er den Gefangene jäh los und fuhr den Junker wütend an. »Also nein! Wie soll er uns etwas sagen, wenn irgendein Idiot ihm die Zunge verstümmelt hat?«
»Nein, nein, das gehört zu einem Ritual des Schlangenkults!« verteidigte sich der fette Junker. Er nahm eine Zange, die allerdings kalt war, und hielt sie hoch. »Sie schlitzen die Zunge auf, damit sie die heiligen Silben Sets aussprechen können.« Er trat vor den Gefangenen und fuhr ihm mit der Zange in den offenen Mund. Wie von der Tarantel gestochen sprang er zurück und ließ die Zange fallen. Der Bauernbursche hatte bei diesem Eingriff den Gebrauch der Zunge wiedergefunden.
»Hathassa ja Sathan!« zischte es aus dem bleichen Gesicht. »Sa setha efanissa, na!« Bei diesen Verwünschungen erhaschten die betroffenen Zuschauer einen Blick auf die gespaltene Zunge, die wie bei einer Schlange aus dem Mund fuhr und wieder verschwand. Obgleich die Stimme des Gefangenen anfangs erstaunlich kräftig war, erlosch der Glanz in den hellen Augen schnell. Dann sank der Kopf zurück auf die Radspeichen. Der geschundene Körper sackte in sich zusammen.
»Was hat er gesagt?« Baldomer blickte die anderen mit hochgezogenen Brauen an. »Kennt jemand diese Sprache?«
»Das ist kein Dialekt aus dieser Gegend, Mylord«, antwortete Ulf. »Vielleicht nicht einmal ein menschlicher.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, was diese Worte bedeuten.
Weitere Kostenlose Bücher