Conan-Saga 39 - Conan der Kriegsherr
»Schon viele meiner Feinde begingen einen Fehler, in dem sie vergaßen, daß die Esse, die Kochtöpfe schmelzen läßt, Schwerter hervorbringen kann und daß die Hand, die Wolle zupft, auch eine Bogensehne spannen kann.«
Das Wortgeplänkel zwischen der stolzen Frau in glänzender Rüstung und den Baronen setzte sich während der nächsten Zeit fort. Geschickt wehrte sie alle Drohungen und Schmeicheleien ab. Als die beiden Lords schließlich aufgaben und wieder nach hinten ritten, schickte Conan ihnen ein höhnisches Lachen über die vergeblichen Bemühungen hinterher. Doch Evadne fuhr ihn wie eine Wildkatze an. Die Barone hatte sie längst nicht so wütend angeblitzt.
»Du idiotischer Barbar! Warum reißt du vor ihnen dein Maul auf? Hältst du es vielleicht für komisch, diesen Intriganten deine Identität zu offenbaren? Geht es nicht in deinen dicken Schädel, daß sie nicht zu verachtende Feinde sind, deren Hinterhältigkeit uns noch ein Dutzend Jahre bedrohen kann?« Sie packte ihn am Hauberg und stieß ihn kräftig an. »Ich hätte wissen müssen, daß deine Sturheit eine Gefahr bedeutet. Und ebenso idiotisch war es, daß du deine alten Kumpane, diese Galgenvögel, aus dem Verlies befördert hast und ihnen unberechtigte Ehren zukommen läßt – wie dir selbst!« In ihren Augen glänzten jetzt Tränen der Wut. »Nun, Lord Conan, ich hoffe, dein Barbarenstolz ist befriedigt. Aber vielleicht hast du meiner Stadt den Todesstreich versetzt.«
Sie ritten schweigend weiter, nicht nur wegen Evadnes Wut, sondern auch weil das Gelände sich langsam änderte. Das Tal weitete sich zu einer üppiggrünen Weide, wo sich mehrere Flüsse vereinigten, um die Sümpfe Varakiels zu bewässern. Der Himmel verdunkelte sich und zeigte sich jetzt in einem unheimlich düsteren Graubraun.
Der Grund war eine riesige Rauchwolke. Das gesamte Land vor ihnen mußte in Flammen stehen. Quer über den östlichen Himmel zog sich dieser unheilverheißende Schleier, den die schwache Brise an diesem feuchtschwülen Tag nicht vertreiben konnte. Kupferfarbene Wolkentürme bildeten die Spitze. Wie Ungeheuer aus einer anderen Welt schienen sie sich mit den dunklen Wolkenwogen der Erde zu paaren, um neues Unheil hervorzubringen. An manchen Stellen wirbelten im unteren Gewölk schwarze Rauchschwaden: die Scheiterhaufen ganzer Wälder und Dörfer. Wenn dies das Werk des Schlangenkults war, bedeutete die Sekte tatsächlich eine große Gefahr.
Auch entlang der schnurgeraden Straße sah der Cimmerier überall Spuren der Verwüstung. Vor der Überquerung des Flusses Urlaub hatten sie im Bergland viele Bauernhöfe und Hütten gesehen. Auch wenn der Viehbestand oft elend aussah und die Äcker und Felder kärglichen Ertrag verhießen, so lebte hier doch ein rauher Menschenschlag, der sich nicht so leicht unterkriegen ließ. Wahrscheinlich hatten die Menschen alle guten Tiere samt Frauen und Kindern in den Wäldern versteckt, um sie vor der plündernden Horde zu schützen. Aber hier in der fruchtbaren Tiefebene standen nur rauchende Ruinen, lagen flammengeschwärzte Obstgärten und Büsche. Die Feldfrüchte waren systematisch zertrampelt oder aus dem Acker gerissen worden. Diese Vernichtung legte sich schwer auf die Herzen der Soldaten; denn der Anblick bedeutete auch, daß sie selbst mit ihren Vorräten sparsam wirtschaften mußten.
»Wo in Croms Reich sind nur die Leichen?« fragte der Cimmerier Evadne und brach das Schweigen. »Im Schloß Edram dachte ich noch, man habe sie in den Fluß geworfen; aber hier gibt es keine Gräber, keine Menschenknochen, nur die faulenden Kadaver abgeschlachteter Tiere!«
Die blonde Kriegerin zuckte mit den Schultern. »Man sagt, daß bei früheren Ausbrüchen dieses Wahnsinns alle zum neuen Glauben übertraten, selbst Säuglinge und Greise, und daß alle ihr Heim verließen, um dem Ruf eines großen Propheten zu folgen. Angeblich gibt es kaum einen Mann oder eine Frau, die den Verführungskünsten widerstehen können, welche der große Lord Set seinen Jüngern bietet.« Evadne sprach ganz ruhig, während ihre Augen über den unheilverheißenden Horizont nach Süden schweiften. »Ich weiß nicht, ob sie das Land verwüsten, um uns den Nachschub zu erschweren, oder ob sie damit verhindern wollen, daß einer der Ihren desertiert. Die Taktik der verbrannten Erde ist angeblich uralt; aber bis jetzt habe ich nie geglaubt, daß sie tatsächlich angewandt wird.«
Sie schwieg einen Augenblick lang. Dann blickte sie Conan an.
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