Conan-Saga 39 - Conan der Kriegsherr
herangearbeitet hatten. Die Asche der Häuser war dann noch warm gewesen, die Luft rauchiger. Gegen Abend hatten die Späher gemeldet, daß sie den Feind entdeckt hätten. Keine Flüchtlinge, keine Nachschublinien – nur Horden von Plünderern zu Fuß, die mit primitiven Waffen, Fackeln und Feuertöpfen über die Felder zogen. Auch heute abend sah Conan in der Ferne die rötlichen Streifen an den Wolken, wo Feuer im Süden und Osten emporflackerten.
Immer noch hoffte der Cimmerier, Ludya zu finden oder von ihr zu hören. Aber allmählich kam er zu der schrecklichen Überzeugung, daß zwischen ihm und dem fernen Varakiel im Norden keine Menschenseele mehr lebte. Doch nirgends stießen sie auf Leichen. Im Kirchhof des verwüsteten Dorfs Kletsk hatte man sogar frische Gräber aufgerissen, die Erde herausgeworfen, und die darin Liegenden waren zusammen mit den übrigen Dorfbewohnern wie vom Erdboden verschwunden.
Diese geheimnisvollen Umstände führten natürlich zu abergläubischer Furcht unter den Soldaten. Am schlimmsten war jedoch die Angst vor den Giftschlangen, die in dieser feuchten Gegend so ungewöhnlich zahlreich auftraten. Zum Glück war noch niemand gebissen worden. Es waren auch nur wenige Männer desertiert. Jetzt, tief im Feindesland, hatte wohl auch keiner mehr diesen Plan. Die Männer schienen zum Kampf bereit zu sein – vielleicht mehr als ihre Anführer.
Alle warteten nun auf die Morgendämmerung, um einen Feind anzugreifen, von dem sie nichts wußten. Die Barone waren so siegessicher, daß sie nur einen sehr schlichten Angriffsplan entwickelt hatten: beim ersten Tageslicht losmarschieren, dann Attacke von der Flanke und von hinten. Sie verließen sich ganz darauf, daß den Schlangenanbetern richtige Waffen und Rüstungen sowie die Ausbildung fehlten. Auch der Cimmerier hatte keine bessere Idee. Wenn die nemedischen Kompanien die Formation hielten, aber wendig waren, bestand durchaus die Möglichkeit, daß die paar hundert Soldaten zehntausend aufgesplitterte Feinde besiegten.
Der Cimmerier saß noch lange da und dachte zurück an die wilden Ereignisse in Dinander und die seltsame Schicksalswendung, die ihn hierhergeführt hatte. Natürlich könne er jederzeit fliehen, redete er sich ein. Eigentlich war es jetzt sogar ein Kinderspiel. Er brauchte lediglich aus dem Schein der Fackeln hinaus in die Dunkelheit zu wandern – um ein angebliches natürliches Bedürfnis zu befriedigen – und einfach nicht mehr zurückzukehren.
Aber im Grund seines Herzens wußte er, daß er bleiben würde. Er hatte vorhin die Wahrheit gesagt, als er zu den Soldaten gesprochen hatte. Diese Mordbrenner waren so übel, daß man sie vernichten mußte! Außerdem hegte er insgeheim immer noch die Hoffnung, seine alte Liebe wiederzufinden. Aber wo? Und welche Stellung würde er bei den Baronen und Leibeigenen Nemediens einnehmen, wenn er die Schlacht überlebte?
Ottislav und Sigmarck hatten sich schon längst in die Zelte zurückgezogen, als der Cimmerier immer noch grübelnd dasaß. Nur schwach zeigten die Fackeln an, wo sich die Wachtposten bewegten. Evadne hatte sich in eine Pferdedecke gewickelt und schlief zusammengerollt neben ihm auf dem Boden. Da es im Lager viele lüsterne Männer gab, hielt sie sich meist in Conans Nähe und in der Nähe einiger treuer Offiziere auf. Jetzt rührte sie sich und schlug die Augen auf. Stumm blickte sie einige Zeitlang zum rauchverhangenen sternlosen Himmel hinauf, ehe sie sprach.
»Vielleicht hattest du recht, Conan. Gestern habe ich dich verachtet, aber jetzt verstehe ich dich besser.« Vom Schlaf erquickt und ohne den Druck anderer Zuhörer, sprach sie freundlich. »Die morgige Schlacht ist wichtiger als die ganze Politik, ja vielleicht sogar wichtiger als Dinander.«
»Wenn wir sterben, war diese Schlacht für uns das wichtigste Ereignis im ganzen Leben.« Conan spähte in die Dunkelheit nach Feuern in der Ferne, konnte aber nichts ausmachen.
»Nein, du darfst nicht an den Tod denken! Führ unsere Soldaten gut!« Evadne setzte sich auf und zog die Decke fester um sich. »Du hast sie heute abend hervorragend motiviert. Jetzt werden sie dir, Conan, viel treuer folgen, als sie dies je bei Favian getan hätten. Sei du selbst! Mach dir nicht die Mühe, eine Rolle zu spielen.«
»Die Rolle ist sowieso ausgespielt.« Zum zehntenmal führte der Cimmerier den Becher an die Lippen, um sicher zu sein, daß er leer war.
»Du brauchst sie nicht mehr. Ich habe gesehen, wie erbittert du
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