Conan-Saga 40 - Conan der Held
Hals.
Hilflos sah er zu, wie die dicken Wulstlippen sich öffneten und etwas sagten. Zwei Worte nur hallten durch die Nacht: »Phang Loon.«
K APITEL 9
Das Schloß des Kriegsherrn
Die Wirklichkeit war eine einzige pochende Note. Anfangs nur schwach, schwoll sie schnell zu unvorstellbarer Lautstärke an. Dann explodierte sie und wurde zu unzähligen kleinen Echostücken. Einige dieser Stücke streiften spürbar Conans Kopf, andere flogen ihm wie Fledermäuse um die Ohren.
Laut stöhnend hob der Cimmerier den Arm, um sie zu verjagen. Noch halb betäubt öffnete er die schlafverkrusteten Augen. Er lag auf weichen Seidenkissen. Vor ihm hing in einem geschwungenen Lackrahmen ein Gong aus Messing. Er war mannshoch und zitterte noch von den konzentrischen Wellen des verhallenden Klangs. Davor stand der Folterknecht Sool und legte zwei mit Samt bezogene Hämmer nieder. Er drehte sich um und erwiderte Conans Blick mit einem schmalen verächtlichen Lächeln. Dann verschränkte er die Arme und wartete schweigend neben dem Gong.
Die Wände des Raumes waren durch Spitzbogen aus Marmor und polierten Steinen verziert. Seidene Wandbehänge und zerbrechliche spitzenartige Schnitzereien aus Elfenbein und Teak sah er, aber kein Fenster. Auf den Lacktischen standen etliche Öllampen. Schirme verwandelten die Flammen gnädigerweise in ein mildes Licht.
»Wo ... und was ... ist das hier?« Conan wollte sich aufsetzen, rollte aber auf den weichen Kissen nur auf die Seite. In seinem Kopf drehte sich alles, und die Glieder schienen völlig entkräftet zu sein. »Verflucht! Wo bin ich? Und wo ist Juma?«
Der Schmerz im Bein warnte ihn, daß er sich noch nicht darauf verlassen könne. Aber seltsamerweise war der Schmerz irgendwie abgeschwächt, wie gefiltert. Er stützte sich auf ein Seidenkissen und faßte sich an den Hals. Trockene Krusten bildeten die Ränder der Schnittwunde; aber er spürte nichts. »Ihr habt mich unter Drogen gesetzt!« brachte er mühsam hervor. Er fürchtete, sein Lebensblut zu verlieren, wenn er losbrüllte und die Wunde sich wieder öffnete.
»Keine Angst. Der Lotus verliert seine Wirkung wieder.« Die feste Stimme mit dem Venji-Akzent kam von dem Offizier, der soeben den Raum betreten hatte. Für einen gelbhäutigen Mann aus dem Süden war er überraschend groß und kräftig. Er trug eine Tunika und einen Turban nach turanischem Militärschnitt, allerdings aus einem unglaublich blauen Stoff, der noch mit Goldfäden und Stickereien verziert war. Zwischen dem schmalen Schnurrbärtchen und dem Spitzbart am Kinn verzogen sich die Lippen zu einem dünnen Lächeln.
»Vergib meinem Diener Sool, daß er mich nicht mit meinem Namen angekündigt hat, Unteroffizier Conan.« Er zeigte mit der Hand zum Folterknecht, welcher sich tief vor seinem Herrn verneigte. »Ich bin Phang Loon, der Herr über Venjipur.«
Conan schob sich mühsam etwas höher. Die Flut der weichen Seidenkissen kamen ihm unwürdig für einen rauhen Krieger vor. »Du bist kein Venji«, stieß er hervor und musterte den Kriegsherrn vorsichtig.
»Der Herkunft nach nicht, dafür danke ich den Göttern – aber du bist ebensowenig ein Turaner.« Phang Loons Lächeln war noch dünner als das seines Dieners und verriet, daß ihm die letzte Bemerkung und der Sprecher äußerst mißfielen. »Doch bin ich in Venjipur geboren.« Er setzte sich auf den Lackstuhl am Fußende von Conans Kissenmeer. »Mein Volk segelte von Khitai nach Westen, als das zu groß gewordene Venji-Reich unter dem eigenen Gewicht zusammenbrach. Seitdem haben wir es hier weit gebracht – durch Eroberungen, Handel, kluge Diplomatie oder andere Mittel, welche sich als notwendig erwiesen. Nun betritt unsere Herrschaft eine neue Phase.« Er verschränkte die Knöchel unter dem Stuhl und lächelte zufrieden. »Dein Führer Yildiz ist so weise, meine Fähigkeiten, Venjipur zu regieren, anzuerkennen. Andere, wie dein General Abolhassan, setzten noch größeres Vertrauen in mich.«
Conan bewegte sich und versuchte, das gesunde Bein unauffällig zu strecken. »Wenn mein Arbeitgeber dich aufgrund deiner Fähigkeiten als Pirat und Drogenhändler zum Statthalter erklärt, habe ich keine Einwände.« Der Cimmerier unterdrückte ein Stöhnen, weil das verletzte Bein jetzt so stark schmerzte, daß er es nicht bewegen konnte. »Ich kenne diesen Abolhassan nicht, aber wenn er Yildiz' General ist, unterstehe ich seinem Kommando. Jetzt wüßte ich aber gern, wo ich bin. Warum bin ich hier?
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