Conan-Saga 40 - Conan der Held
Achsen. Zum Glück traf ihn beim nächsten Mal keine der scharfen Zimbeln, sondern die zersprungene Glocke. Trotzdem landete er wieder auf dem Fußboden.
Doch auch dort war es keineswegs sicher. Durch irgendeine teuflische Vorrichtung änderten sich auch die Höhen der Gongschwingungen ständig. Sie schabten manchmal über den Steinboden, dann prallten sie an überraschenden Stellen gegen die Wände. Noch schlimmer wurde es, als sich die Zugketten mit denen der Lampen an der Decke verhakten. Jetzt zuckten auch noch erratische Lichtstrahlen durch den Raum. Abgesehen davon, daß heißes Öl aus den Lampen floß, machten ihre Bewegungen es fast unmöglich, Geschwindigkeit und Richtung der schwingenden Gongs und Glocken abzuschätzen. Der Raum wurde zu einer Hölle mit Mark und Bein durchdringenden Gongschlägen, zuckenden Schatten, grellem Klirren und Quietschen, wenn Metall auf Metall oder Stein traf. Jeder Schlag war eine neue Warnung vor dem todbringenden Nahen des nächsten Gongs oder der nächsten Zimbel. Es gab keinerlei Ordnung. Die Schwungbahnen wechselten völlig willkürlich und ohne Warnung.
Conan kroch auf dem Boden dahin, obwohl auch das nur eine trügerische Sicherheit bedeutete. Er wagte nicht mehr, sich die Ohren zuzuhalten. Nur im Schneckentempo kam er langsam vorwärts, denn ständig mußte er auf die Seite rollen, um wieder einer mordlustigen Metallscheibe zu entgehen.
Als er endlich die Mitte des Raumes erreicht hatte, streifte ihn doch noch ein Gong, dessen Ton nach der Berührung mit dem Cimmerier zu einem lauten Stöhnen wurde. Dann hörte Conan ein gellendes Klirren und drehte sich um. Der gefährliche Sonnenscheibengong wurde durch einen kräftigen Ruck an der Kette in eine neue Bahn gelenkt und raste jetzt mit wilden Drehungen auf ihn zu. Ehe er sich bewegen konnte, war die Scheibe da – und vorbei! Die glänzende Sonne hatte ihn zart wie die Liebkosung einer Geliebten, an drei Seiten berührt, ehe sie weiterschwang.
Conan schwor, dieses gottgesandte Glück nicht ungenutzt zu lassen. Er schob sich blitzschnell auf dem verkratzten Boden durch eine momentane Lücke vorwärts. Keuchend und stöhnend – da die Schmerzen jetzt doppelt so stark wie vorher wiedergekommen waren – kroch er weiter, immer nach einer Möglichkeit spähend, Geschwindigkeit und Richtung der todbringenden Scheiben und Glocken aufgrund des Dröhnens in seinen Ohren und dem Beben seiner Eingeweide doch irgendwie zu berechnen. Für jeden Sprung vorwärts mußte er zwei zurück. Verzweifelt kauerte er in dem flackernden Licht an der Wand und hoffte, einen Augenblick lang in Sicherheit zu sein. Doch dann nahm er ohne Überlegung die nächste Gelegenheit wahr, um der Tür ein Stück näher zu kommen. In der nächsten Sekunde prallten zwei Gongs unter gräßlichem Klirren zusammen und zerschnitten die Luft genau an der Stelle, wo soeben noch sein Körper gewesen war. Die Kollision veränderte ihre Richtung, so daß sie sich dem Cimmerier wieder gefährlich näherten. Mit letzter Kraft sprang er auf die beiden Gongs zu, packte die Kette des einen und schwang zum anderen Ende des Raumes, wo er sich gegen die ersehnte Tür fallen ließ.
Nach Luft ringend und laut stöhnend tastete er nach der Türklinke und drückte sie nach unten. Die Angst, noch in letzter Sekunde von einem Gong getötet zu werden, verlieh ihm die Kraft zum Sprung in den nächsten Raum, wo er sofort zusammenbrach.
K APITEL 10
Blut und Lotus
Conan erwachte in einer Stille, die in seinen Ohren wie der mächtigste Wasserfall des Flusses Styx dröhnte. Aber es herrschte tatsächlich Stille. Vom Lärm der Gongs, Glocken und Zimbeln, welcher ihn aus dem ovalen Raum vertrieben hatte, war nichts mehr zu hören. Er hatte keine Ahnung, wann sie mit ihrer teuflischen Musik aufgehört hatten oder wie lange er schon steif und zusammengekrümmt in diesem fast dunklen Raum lag. Er konnte von seiner Umgebung nicht viel sehen. Rauch und unheimliche Lichtstrahlen erfüllten alles. Wahrscheinlich erwarteten ihn auch hier wieder Gefahren, doch das war ihm im Augenblick gleichgültig.
Er zog sich hoch, bis er sitzen konnte. Dann holte er das Glas mit der Lotussalbe aus dem Beutel, die ihn bis hierher gebracht hatte. Der Cimmerier verstrich die Salbe auf Hals und Schenkel und dann auf die Ohren, in der Hoffnung, damit etwas von dem Schaden zu beheben, den die dröhnenden Instrumente angerichtet hatten. Diesmal verspürte er keinerlei aufputschende Wirkung von der
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