Conan-Saga 44 - Conan der Schreckliche
ohne je dem Kaufmann oder seinen Söldnern zu begegnen. Aber Conan haßte es, immer mit offenen Augen und Ohren schlafen zu müssen. Nein, er hatte keine Lust, ständig auf der Hut zu sein, um nicht von Capeya entdeckt zu werden. Das war so, als hätte er einen spitzen Stein im Stiefel, der so lange Schmerzen bereitete, bis er ihn entfernte. Für den Augenblick war es wohl das beste, wenn er weiter mit diesen Kreaturen vor Dakes Rache floh.
»Wir können sie aber nicht zu uns nach Hause führen«, erklärte Raseri.
»Da hast du recht«, pflichtete Fosull ihm bei.
Conan schüttelte den Kopf. »Dake weiß doch bereits, wo ihr lebt. Dort findet ihr Hilfe. Eure Überlegung ergibt keinen Sinn.«
»Hat dieser Dake den anderen erzählt, wo wir leben?« fragte Fosull.
»Das glaube ich nicht«, antwortete Penz. »Er gibt nichts preis, das von Wert ist.«
»Na, dann brauchen wir nur ihn und seinen Gehilfen zu töten, und dann ist niemand mehr übrig, der verraten kann, wo wir leben«, erklärte Raseri.
Conan musterte die Gruppe. »Wir haben ein Schwert, drei Speere – zwei davon ziemlich kurz – und ein Hanfseil. Mit dieser Bewaffnung können wir kaum zwanzig oder dreißig gut bewaffnete Soldaten besiegen, selbst wenn diese schlecht ausgebildet sind.«
»Wir haben den Vorteil der Überraschung auf unserer Seite«, warf Fosull ein.
»Abgesehen von der zahlenmäßigen Überlegenheit der Feinde gibt es noch eine andere Schwierigkeit, selbst wenn ihr Dake und Kreg tötet«, fuhr Conan fort.
Raseri warf dem Cimmerier einen verschlagenen Blick zu, der Conan nicht entging.
»Ich verstehe das nicht«, sagte Teyle.
» Wir kennen euer Dorf«, erklärte Conan. Dann zeigte er auf Tro, Sab und Penz.
»Na und?« fragte die Riesin.
»Sie sind keine Jatte, Tochter.«
»Auch keine Varg«, fügte Fosull hinzu.
Teyle blickte ihrem Vater in die Augen. »Vater, allein Conan haben wir es zu verdanken, daß wir frei sind. Er hat mir geholfen, Morja zu retten. Und Conan hat gegen Dake mehr Widerstand geleistet als wir alle.«
»Das mag sein; aber nichts davon macht ihn zu einem Jatte, Tochter.«
»Dann würdest du ihn und die anderen töten, obwohl ihr einziges Verbrechen darin besteht, keine Jatte zu sein?« Sie schaute Fosull an. »Oder Varg?«
»Ihr Verbrechen besteht darin, daß sie wissen, wie man uns findet.«
»Sollen wir uns für den Rest unseres Lebens und des Lebens unserer Kinder und Kindeskinder verstecken? Die Nichtsumpfbewohner werden immer mehr. Sie kommen in immer neue Gegenden. Da ist es doch unvermeidlich, daß sie eines Tages auch über uns stolpern werden.«
»Vielleicht. Auch der Tod ist unvermeidlich, aber man kann sich bemühen, ihn möglichst lange hinauszuzögern.«
Während Vater und Tochter miteinander sprachen, zückte Conan verstohlen sein Schwert. Als Raseri das sah, griff er nach dem Speer.
»Dann laß uns gleich hier entscheiden, wer lebt und wer stirbt«, erklärte der Cimmerier.
Raseri schwang den Speer. Auch Fosull und Vilken griffen zu den Waffen.
Penz, Tro und Sab standen gespannt da, bereit zu Verteidigung oder Angriff.
»Nein!« schrie Teyle.
Raseri schaute zu ihr hinüber. »Es muß sein, Tochter!«
»Diese Menschen sind inzwischen meine Freunde geworden, Vater. Wenn du sie tötest, mußt du mich ebenfalls töten!« rief Teyle erregt.
»Du hast den Verstand verloren!«
»Nein, ich habe ihn gewonnen.«
Oren und Morja stellten sich neben Teyle. »Sie hat recht, Vater«, sagte das Mädchen. »Es sind auch unsre Freunde.«
»Anscheinend habt ihr allesamt den Verstand verloren«, sagte der Führer der Jatte und schüttelte den Kopf.
»Was ist mit dir, Vilken?« fragte Fosull.
»Ich möchte dich nicht verärgern, Vater; aber für Fleischtiere haben sie sich wirklich anständig benommen.«
»Hört auf eure Kinder!« mahnte der Cimmerier. »Wenn dieser Kampf nicht so endet, wie ihr es wünscht, und wir überleben, dann seid ihr völlig sinnlos gestorben.«
Conan hielt das Schwert locker in der Hand, konnte jedoch jederzeit losschlagen. Die Jatte hatten zwar außergewöhnlich harte Knochen – wie er aus eigener Erfahrung wußte –, aber seine Schwertspitze konnte in ihre Körper eindringen. Sollte der Riese den Speer auf ihn richten, würde er sofort Raseris Herz durchbohren. Dazu war er entschlossen. Der Jatte war stark, aber der Cimmerier wußte, daß er schneller war. Er sammelte sich für den entscheidenden Sprung.
Raseri stand stumm da. Allen kam es wie eine Ewigkeit vor.
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