Conan-Saga 44 - Conan der Schreckliche
weniger wir. Wenn wir nach Süden laufen, erreichen wir felsiges Gelände gegen Morgen.«
»Unser Vorsprung beträgt kaum eine halbe Stunde«, meinte Conan nachdenklich. »Sie sind zwar in der Dunkelheit langsamer als wir, aber sobald es hell geworden ist, kommen sie schneller vorwärts.«
»Hast du irgendeinen Vorschlag?« fragte Raseri.
»Ja, wir schlagen uns in die Berge. Auf dem felsigen Gelände kann man unsere Spuren nicht so leicht verfolgen. Vielleicht können wir sie auch durch einige Maßnahmen aufhalten, wenn wir uns beeilen.«
Da niemand eine bessere Idee hatte, stimmten alle Conans Plan zu, obwohl er beschwerlich klang.
Raseri hatte das Gefühl, daß er die Lage beherrschte – soweit es möglich war. Sein Hauptziel hatte er erreicht: Er hatte seine Kinder befreit. Das zweite Ziel – die Vernichtung derer, welche wußten, wo das Dorf der Jatte lag – lag unmittelbar in Reichweite. Er hatte seiner Tochter vorhin nur die halbe Wahrheit gesagt. Der Tod sollte so lange wie möglich hinausgezögert werden, jedoch dann nicht, wenn der Tod einem höheren Ziel diente. Er mußte verhindern, daß jemand wußte, wo sein Volk lebte. Dafür würde er auch den größten Preis entrichten. Wenn nötig, würde er mit dem eigenen Leben bezahlen.
Conan mußte sterben, ebenso die Mißgeburten und diejenigen, die seine Kinder gefangengehalten hatten. Wenn das nicht im Kampf geschah, der unvermeidlich war, mußte er später dafür sorgen.
Es gab bestimmt Tränke, welche die Erinnerung vernebelten; aber Raseri, der Führer und Schamane der Jatte, kannte keinen. Er verstand sich jedoch auf das Mischen von über einem Dutzend tödlicher Tränke. Dazu brauchte er nur bestimmte Kräuter, Blüten oder Blätter zu sammeln. Mit Sicherheit gab es einige dieser Pflanzen auch hier. Daraus würde er einen Todestrank für alle Überlebenden des Kampfes bereiten. Sie mußten sterben!
Gewiß, er hatte sein Wort gegeben; aber ein Versprechen, das man einem Feind gab, war in Raseris Moralkodex bedeutungslos. Der Schutz seines Volkes war wichtiger als alles andere. Als Schamane und Führer war das seine heilige Pflicht, die er erfüllen mußte, ganz gleich, was es kostete. Er mußte nur so lange überleben, bis seine Kinder in Sicherheit waren. Er hielt sich für sehr gerissen, daß er bis jetzt einen Zusammenstoß mit Conan und den Mißgeburten vermieden hatte. Seine Stunde würde kommen. Aber erst, wenn er sicher war, alle vernichten zu können, welche seine Lieben bedrohten.
Fosull wäre sofort mit Vilken weggelaufen, wenn er geglaubt hätte, dadurch seine Aussicht auf eine sichere Heimkehr zu verbessern. Obwohl er seinen Gefährten, mit Ausnahme seines Sohns natürlich, nicht traute, sah er im Fall eines Angriffs in ihnen doch einen gewissen Schutz. Außerdem konnte er mit Vilken im Durcheinander eines Kampfes immer noch fliehen. Vorsichtshalber hatte er die Speerspitze mit dem Saft der Glitbeere bestrichen, einem schnell wirkenden Gift. Drang es ins Blut, war das Opfer nach wenigen Herzschlägen tot. Normalerweise benutzten die Jäger dieses Gift nicht, weil das Fleisch des erlegten Wilds nicht mehr eßbar war; aber im Fall der Selbstverteidigung war essen weniger wichtig als atmen.
Während die Gruppe in der Dunkelheit auf die Berge zu marschierte, überlegte der Varg, in welchen seiner möglichen Feinde er den Speer als erstes stoßen sollte, wenn es nötig wurde. Raseri war der stärkste und wohl auch der gefährlichste – Fosull hatte gesehen, wie ein Jatte einen Varg auf hundert Schritte Entfernung aufspießte. Aber dieser Conan war auch nicht zu unterschätzen! Er war schnell und überdurchschnittlich stark, wenn er Vilkens Bericht über die Gefangenschaft glaubte, den dieser ihm unterwegs leise erzählt hatte. Auch die Riesin durfte er nicht vergessen. Sie konnte einen Varg mit einem Tritt oder Faustschlag töten. Die Jatte-Kinder waren zwar auch kräftig, aber noch sehr unerfahren. Wolfmann, Katzenfrau und der Vierarmige waren Unbekannte. Ein Feind, über den man nichts wußte, war immer eine große Gefahr. Wozu waren diese drei fähig? Er hatte gesehen, wie hervorragend sie nachts sahen und hörten. Das stimmte ihn nachdenklich.
Beinahe wäre Fosull über einen Stein gestolpert. So angestrengt hatte er nachgedacht. Vorsicht, du Tor! ermahnte er sich. Mit gebrochenem Bein konnte er sämtliche Pläne vergessen, wie er die Feinde besiegte.
Der Waffenstillstand mit Raseri galt nicht mehr, da der Jatte seine
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