Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
legte die andere vor Scham über die Augen.
»Aber, aber!« Conan stand auf und ging um den Tisch herum zu ihr. »Du zählst nicht mehr Jahre als ich – jedenfalls nicht viele mehr.« Er setzte sich vor Yasmela auf die Tischplatte. »Und ich bin keineswegs alt, wie du gemerkt hast! Jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein verfluchter Lügner, den ich sofort zum Zweikampf mit Schwertern oder Ale-Krügen fordern würde!«
Er strich Yasmela zärtlich durch die dunklen Locken und liebkoste ihre weiche Wange, die von Tränen benetzt war.
»Ja, Conan«, sagte sie leise und scheu. »Aber es ist allgemein bekannt, daß Männer mit zunehmendem Alter reizvoller werden, Frauen dagegen welken und vertrocknen wie verblühte Blumen.«
»Unsinn«, widersprach er mit zärtlicher Stimme. Der Himmel über dem See leuchtete in dunklem Purpurrot des Sonnenuntergangs. Conan entzündete die Öllampe und hielt sie dicht vor Yasmela. »Du brauchst das Amulett nicht«, erklärte er und streckte die Hand aus. »Gib es mir!«
Yasmela saß zusammengesunken da, den einen Ellbogen auf die Tischplatte gestützt. Immer noch hielt sie die Hand vor die Augen. Mit der rechten Hand preßte sie das Medaillon gegen den hauchdünnen Stoff ihres Gewands über dem Busen. Darunter trug sie nur Pluderhosen aus demselben Stoff. In der milden Abendluft brauchte sie keine weiteren Kleidungsstücke. Das Medaillon hatte die Form einer Steinblume, dem Symbol der Jugend. Die Staubgefäße waren blaue Saphire.
»Komm, gib es mir!« drängte Conan.
Erst nach geraumer Zeit bewegte sich Yasmela. Schluchzend streifte sie die Kette über den Kopf und betrachtete die goldene Zauberblüte noch einen Augenblick, ehe sie Conan das magische Kleinod übergab. Conan steckte es in eine Tasche in seinem Gürtel. Wie gebannt hingen seine Augen an dem halb abgewandten Gesicht der Geliebten und ihrem schlanken, geschmeidigen Körper. Er spürte eine unbestimmte Angst. Ein eiskalter Schauder lief ihm über den Rücken.
Die Veränderung trat langsam, fast unmerklich ein. Yasmelas straffe Brüste wurden weicher und schwerer. Die verführerischen Rundungen preßten gegen den hauchdünnen blauen Stoff. Dann wölbte sich der Bauch etwas vor, als berge er ein noch ungeborenes Kind. Die Hüften, die Conan deutlich sah, verbreiterten sich leicht. Yasmela wirkte reifer als zuvor, aber auch kraftvoller.
Sie hatte sich von dem fast jungenhaften Mädchen zu einer strahlenden Königin verändert. Als sie jetzt aufstand, mußte Conan unwillkürlich an die Statue einer nackten Halbgöttin denken, die vor ihm in den luftigen Höhen des Mitratempels in Tarantien erst geflohen war, dann erbittert mit ihm gekämpft und schließlich ihn leidenschaftlich geliebt hatte.
Yasmelas Gesicht war viel ausdrucksvoller als das Abbild jener Halbgöttin. Die Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen. Freude und Trauer hatten feine Linien um die Augen gezogen. Conan sah aber auch die Lachfältchen um die Mundwinkel. Yasmelas reifer Körper verhieß fleischliche Freuden, die durch Erfahrung bewährt waren.
Auf Yasmelas Wangen glitzerten Tränen. Er las die stumme Verzweiflung auf ihrem Gesicht. Trotzdem funkelte auch ein klarer Verstand in diesen nassen Augen. Die Tränen versiegten. Ein Hoffnungsstrahl leuchtete auf. Als Antwort streckte er ihr die Arme entgegen.
»Komm zu mir, Geliebte ... aber zieh vorher diese durchsichtigen Fetzen aus! Dein Zauberamulett kannst du getrost vergessen! Diesmal möchte ich dich nackt!«
K APITEL 10
Nächtliche Marodeure
An jedem Spätnachmittag, wenn der müde Sonnengott sich langsam zur wohlverdienten Ruhe begibt – so wird es in den Götterliedern der Völker im fernen Süden Stygiens berichtet –, läßt er den hungrigen schwarzen Panther Nacht von der Leine, um sein Erdenreich zu durchstreifen und zu bewachen. Die meisten Sterblichen, die im ebenholzschwarzen Schatten der Raubkatze liegen, können nichts anderes tun, als sich im Schlaf ängstlich klein zu machen. Doch es gibt auch einige wenige andere: Diebe und Liebende. Sie unternehmen die größten Anstrengungen, wenn der dunkle Bauch des Panthers über sie dahingleitet.
Doch ganz gleich wie geduldig und unermüdlich sich jemand bemüht – auch wenn diese Bemühungen durch die geschickten Hände anderer unterstützt oder durch zu viele Schlucke kühlen Weins verlangsamt werden –, ist es hart, die ganze Nacht durchzuarbeiten. Gegen Morgengrauen suchen daher auch die Diebe der Liebe und
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