Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
langjährigen Ratgeber nicht zu sehr verletzen, daher überließ er Prospero das letzte Wort. »Nun, was hast du dazu zu sagen, Prospero?«
Einen Moment lang herrschte Stille. Dann hörte man den Befehl eines Artillerieoffiziers und wieder das Schnalzen eines Katapults und den Aufprall des Geschosses gegen die mächtigen Quadern der Stadtmauer. Ungerührt von Conans Tadel lächelte Prospero. »Komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.«
Er führte Conan zum Zelt, dessen Eingang offen stand, und zeigte hinein. »Wenn diese Kerze dort abgebrannt ist, werden die Tore Numalias fallen.«
»Was?« Der Blick des Königs folgte Prosperos ausgestreckter Hand. Auf einem Tisch, direkt unter der Kuppel des Zelts, stand auf einem wunderschön verzierten Bronzefuß ein Kristallzylinder. Darin brannte der Stumpen einer weißen Kerze. Der Docht neigte sich bereits. Die Kerze war kurz vor dem Verlöschen. Neben der Lampe stand ein älterer, hagerer Mann mit grauen Haaren. Er trug eine Weste und eine Hose aus schwarzer Seide und blickte mit größter Aufmerksamkeit auf die Kerze. Nicht einmal die Ankunft des Königs hatte ihn ablenken können.
Conan stockte bei diesem Anblick fast der Atem. »Prospero, wie konntest du es wagen, dich der Magie zu bedienen? Du kennst meine Ansicht über diese Dinge genau.« Der König machte eine kurze Pause. »Allerdings ... wenn dadurch die Belagerung abgekürzt ...«
»Nein, Majestät! Es handelt sich hier keineswegs um Zauberei!« Prospero lächelte, weil ihm die Überraschung gelungen war. Jetzt aber wollte er nicht, daß Conans offensichtliche Unkenntnis des Verfahrens den anderen offenbar wurde. »Minias ist ein ehrenwerter Mann und ein Sappeur. Er ist Hauptmann einer Kompanie von Pionieren, die Baron Halk zu uns gebracht hat. Die Erdwälle der Verteidigungsanlagen sollen den Anschein erwecken, als wollten wir uns damit gegen mögliche Ausfälle der Belagerten schützen. Die Erde wurde jedoch unter dem nördlichen Turm neben dem Stadttor herausgegraben und durch Tunnel herausgeschafft. Der Plan für diese Arbeiten stammt von Minias. Er hat auch ihre Ausführung ständig überwacht.« Jetzt, als sein Name zum zweitenmal fiel, blickte der Hauptmann der Sappeure auf und verneigte sich vor dem König. Doch dann blickte er sofort wieder auf die Kerzenflamme. Prospero fuhr mit seiner Erklärung fort. »Der Beschuß mit den Katapulten dient nur dazu, die Geräusche zu übertönen, die die Pioniere beim Graben machen, damit die Numalier nicht auch Tunnel graben und unsere Sappeure angreifen.«
»Ja, jetzt verstehe ich dein Vorgehen«, sagte Conan, obwohl ihm keineswegs alles klar war. »Es klingt, als wären es die Methoden, die einige Diebe benutzt haben, mit denen ich als junger Mann während meines Aufenthalts in Zamora befreundet war.« Er blickte wieder zum Tisch und runzelte die Stirn. »Aber erkläre mir noch, wie die Kerze mit ihrem Verlöschen das Stadttor öffnet. Ist sie ein Signal?«
Prospero suchte nach Worten, weil er Conan seinen Stolz und seine heimliche Freude nicht spüren lassen wollte. Doch da antwortete Minias bereits dem König. »Majestät«, sagte der Sappeur auf nemedisch. »Ich habe eine identische Kerze, die im selbem Augenblick entzündet wurde, in die Stollen geschickt, um die Arbeit meiner Männer zu beschleunigen. Diese Kerze wird gleichzeitig mit meiner verlöschen. Inzwischen sind die Stützbalken alle angebracht, die Erde herausgeschafft und die Seile zwischen den Balken gespannt, um sie mit einem Ruck alle umzureißen und so den Stollen zum Einsturz zu bringen.« Minias warf einen vorsichtigen Blick durch den Zelteingang auf das Lager, ehe er leise fortfuhr: »Eure Truppen stehen bereit, Majestät. Lord Prospero hat es befohlen. Wir haben uns große Mühe gegeben, untätig und sorglos auszusehen, um die Wachposten auf der Stadtmauer und den Türmen nicht zu alarmieren. Ich kann Euch versichern, daß alles bereit ist.«
Auf einen fragenden Blick Conans hin nickte Prospero bestätigend. »So ist es, Majestät ... die Pferde sind insgeheim gesattelt, die Geräte zum Sturm stehen bereit, die Männer warten nur auf unser Signal.« Der Schnurrbart des Grafen zeigte nach oben, als er zuversichtlich lächelte und auf das Lager und die mächtige Mauer blickte. »In der Stadt halten die meisten unserer Feinde um diese Zeit ihre Mittagsruhe. Aber Eure Ankunft mit Eskorte hat zweifellos die Wachsamkeit erhöht – deshalb ist es meiner Meinung besonders wichtig, daß wir
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