Conan-Saga 46 - Conan der Beschützer
und spornte sein Pferd an. Seine Eskorte zückte die Schwerter und nahm die Bogen von der Schulter, als sie den steilen Pfad hinaufpreschten.
Conan benötigte nicht die Warnung des Shemiten Talouf, daß die Zwillinge am Ende ihrer Beherrschung waren. Seit Tagen hatte er sie ebenso scharf beobachtet wie der kleine Mann, der hervorragend mit dem Dolch umzugehen verstand und den er zu seinem Feldwebel gemacht hatte.
Als er Jarenz wütend schreien hörte, drehte er sich schnell um. Der junge Bursche hüpfte auf einem Bein und hielt sich fluchend den blutenden anderen Fuß. Als er Wächter kommen sah, rannte er los.
Talouf blieb ihm dicht auf den Fersen. Er war zwar erst seit wenigen Tagen Feldwebel, doch hatte er bereits etwas gelernt: Sein Messer steckte immer noch in der Scheide. Der Cimmerier und der Shemite erreichten den gefällten Baum gleichzeitig mit Vandar. Jarenz' Bruder war von unten herbeigelaufen.
Jetzt waren auch die Wächter da. Einer schwang seinen Stock, der andere eine kurze Peitsche. Vor Vandars Nase sauste auf Armeslänge die Peitsche durch die Luft.
»Zurück an die Arbeit!« brüllte ein Wächter. »Wir kümmern uns um deinen Bruder.«
»Ja, so gut wie mit dem Seil, das so verfault ist wie der Fraß, den ihr uns vorsetzt!« schrie Vandar. Vor Wut brach ihm fast die Stimme. Er machte einen Schritt nach vorn.
Wieder pfiff die Peitsche. Diesmal landete sie auf Vandars Schulter. Der Söldner stieß einen tierischen Schrei aus und stürzte sich auf den Wächter.
Er erreichte sein Ziel jedoch nicht, denn Talouf warf sich zwischen die beiden Männer direkt Vandar vor die Füße. Der hochgewachsene junge Bursche fiel zu Boden. Der Wächter hob erneut die Peitsche, um sie Vandar über den Rücken zu ziehen.
Doch der lange Arm des Cimmeriers schoß über die Schulter des Wächters und packte die Peitsche in der Luft. Ein kurzer Ruck und der Riemen befand sich in Conans kräftiger Hand.
Der Wächter fuhr herum. Der Stiefel des Cimmeriers hakte sich um seinen Knöchel, so daß er das Gleichgewicht verlor und er auf die Erde stürzte. Lässig hielt Conan die Peitsche in der Hand.
»Ich gebe dir die Peitsche erst zurück, wenn du gelernt hast, daß man sie bei freien Männern nicht benutzt«, erklärte Conan mit finsterem Blick.
»Wer behauptet, daß deine Affenhorde freie Männer sind?« höhnte der Wächter mit dem Stock, den er immer noch hoch erhoben hielt. Allerdings war er beim Kampf zurückgewichen und hatte sich in Sicherheit gebracht.
»So steht es auf dem Bürgschaftsdokument geschrieben und ...«, antwortete Conan.
»Was? Du kannst lesen? Ein Cimmerier, der lesen kann und der auch noch ein Scherzbold ist? Welche Wunder wird dieser Tag noch ... au!«
Conan hatte den Wächter blitzschnell hochgehoben und ihm den Stock aus der lahmen Hand gerissen. »Für dich gebrochene Knochen und ausgeschlagene Zähne, wenn du deine Zunge nicht besser hütest. Ruf deinen Hauptmann. Ich möchte mit ihm diese Angelegenheit regeln. Los, beweg dich!«
Der Mann hätte sich nicht schneller entfernen können, wenn man ihn mit einem Katapult abgeschossen hätte. Der Mann mit der Peitsche stand auf und musterte Talouf. Der Shemite hatte die Hand am Heft des Dolchs. Vandar hatte keine Waffen, aber sein Gesicht hätte alle Dämonen in die Flucht gejagt.
Conan deutete mit dem Daumen ins Tal. »Los, geh zum Blutsauger. Wenn er zu besoffen ist, um heraufzusteigen, bringst du uns Salben und Verbandszeug. Ich habe im Leben schon mehr als eine Wunde versorgt.«
»Du ...«
Conan dehnte die Peitsche. Seine Armmuskeln wölbten sich. Der Lederriemen zerriß wie ein Nähfaden.
»Hau ab! Sonst ist die nächste Wunde nach denen von Jarenz deine, um die ich mich kümmern muß.«
Der Wächter hielt es für klug zu gehorchen. Allerdings machte er sich nicht so schnell aus dem Staub wie sein Kamerad.
Conan beugte sich zu Jarenz hinab. »So, dann wollen wir uns mal deinen Fuß anschauen.«
»Danke, Hauptmann. Danke«, stammelte der junge Bursche. »Ich werde dir nie genug danken können ...«
»O doch, das wirst du«, unterbrach ihn der Cimmerier. »Danke mir, indem du das Maul hältst, wenn der Hauptmann zu uns heraufkommt. Vielleicht können wir diesen Tag ohne einen weiteren Kampf beenden, wenn ich die Sache nur mit ihm regeln kann.«
»Jawohl, Hauptmann. Natürlich, Hauptmann. Ich werde so still sein wie ...«
»Fang gleich an.«
Jarenz machte den Mund auf, schloß ihn jedoch wieder, ohne etwas gesagt zu haben.
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