Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
Hausmauern entlang. Jedesmal, wenn ich Schritte hörte, habe ich mich in einem Eingang versteckt.«
»Das war klug. Überhaupt war es das einzig Kluge außer dem Baden, daß du wieder hergekommen bist. So, und jetzt leg dich hin und schlafe.«
»Aber ich kann nicht bis zum Morgen warten!« sagte Brita. »Jetzt, wo ich weiß, wo Asdras ist, muß ich ihn zur Rede stellen. Wenn er hört, daß ich in der Stadt bin und Yila suche, taucht er womöglich unter.«
»Brita, die Sache kann bis morgen warten«, erklärte Conan. »Selbst für einen ausgewachsenen Krieger ist es gewagt, in der Dunkelheit durch diese Stadt zu gehen. Für eine Frau ist es noch viel gefährlicher, auch wenn sie eine Eskorte hat. Und wenn die Grube ihrem Namen Ehre macht, ist es dort noch schlimmer als anderswo in der Stadt.«
Brita stand auf. »Also, wenn du mich nicht begleiten willst, dann gehe ich eben allein. Ich suche mir eine Fackel oder eine Laterne und gehe in die Grube.«
»Und was willst du erreichen, außer daß man dich umbringt?« fragte Conan.
»Ich weiß nur, daß ich es versuchen muß«, erklärte sie verstockt.
Conan zog die Stiefel an. »Die Hoffnung auf ein bißchen Schlaf kann ich für heute nacht aufgeben.« Er legte den Brustharnisch an.
»Ich wußte, daß du mir hilfst!« rief Brita begeistert.
»Dann kennst du mich besser als ich mich selbst. Bis jetzt habe ich mich nie als ausgemachten Narren betrachtet.« Er legte den Waffengurt an und stülpte den Helm auf. »So, ich bin bereit. Los, gehen wir!«
Sie stiegen die Treppen in den Hof hinab. Dort nahm Conan eine Laterne vom Haken. In ihrem Schein schritten sie auf die Straße. Die Nacht war kalt, aber Conan hatte den Umhang nicht übergeworfen, weil er womöglich kämpfen oder fliehen mußte, und in beiden Fällen wäre das weite Kleidungsstück nur hinderlich gewesen.
Auf der Hauptstraße war alles ruhig. Die Gebäude zu beiden Seiten schirmten das Mondlicht ab, und so gingen sie mitten auf der Straße, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Sollte jemand im Schatten lauern, hielte er sie für ein Liebespaar auf einem mitternächtlichen Spaziergang. Falls er dennoch räuberische Gelüste verspürte, würde ihn der Glanz von Conans Rüstung abschrecken.
Die Straße führte auf der Ostseite des Platzes entlang. Der große Platz war von Mondlicht überflutet, so daß man die prächtigen Säulenhallen und Gebäude sah, die ihn einrahmten; allerdings blieben die Feinheiten im Dunkeln verborgen.
Hinter dem Platz verengte sich die Straße und führte nicht mehr geradeaus, sondern schlängelte sich nach rechts und links. Conan vermutete, daß hier der älteste Teil der Stadt lag und wohl bereits gelegen hatte, ehe die Silberminen den vorübergehenden Reichtum brachten und man den Platz und die besseren Viertel im Norden gebaut hatte.
»Der Drache ist hier irgendwo«, sagte Brita und spähte umher. Das Licht der Laterne wurde von den tiefen Schatten schnell verschluckt. »Ja, dort!«
Conan hob die Laterne in die Richtung, in die sie zeigte. Über einem niedrigen Eingang ragte eine Stange hervor, an dem ein Drache aus dünner Bronze baumelte. Er lächelte zynisch, und sein gezackter Schwanz zeigte direkt auf die Tür.
»Das Warten in der Kälte bringt auch nichts, gehen wir hinein«, sagte der Cimmerier.
Die Schenke lag unterhalb der Straße. Sie mußten zur Tür drei Stufen hinabgehen. Conan stieß sie auf und mußte den Kopf einziehen. Brita folgte ihm. Hinter der Tür befand sich wieder ein Absatz, von dem weitere Stufen nach unten führten. Conan blieb stehen und musterte alles, ehe er weiterging. Ungefähr zwanzig Gäste drängten sich an den Tischen. Würfel klapperten, und Lederbecher knallten auf die Tische.
Obwohl es sehr laut war, hatten alle gemerkt, daß sich die Tür geöffnet hatte, und blickten jetzt auf die neuen Gäste. Fast alle Gesichter zierten verstümmelte Ohren, aufgeschlitzte Nasen und allerlei phantasievolle Brandmarkierungen. Diese Narben stammten wohl nicht aus Kämpfen, sondern von Folterknechten der Obrigkeit. Halbnackte Weiber schlenderten zwischen den Tischen umher und gingen dem ältesten Gewerbe der Welt nach. Sie beäugten den Cimmerier eingehend, bis sie Brita hinter ihm entdeckten.
»Halt mal!« Conan gab Brita die Laterne. Er beugte sich vor und stützte die Hände auf das Holzgeländer des Treppenabsatzes.
»Wir suchen nach einem Mann namens Asdras!« rief er. »Er ist neu in dieser Stadt und wird von einer jungen Frau
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