Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
der Mann die Neuigkeiten zu einem Lied verarbeitete. Gleich darauf ging der Harfenspieler, und Conan setzte sich an einen Tisch, trank das warme Ale und lauschte den Sängern und Geschichtenerzählern. Er war damit zufrieden, was er hier erreicht hatte. Die fahrenden Spielleute hatten eine eigene, seltsame Art, Neuigkeiten schnell unter die Leute zu bringen. Man würde in Tarantia von den Vorgängen in Sicas schneller hören, als wenn er einen Eilboten zu Pferd hingeschickt hätte. Damit hatte er das Feuer geschürt, das den Kessel in Sicas bald zum Überlaufen bringen würde.
Als Conan den Bär und Harfe verließ, hatte der Regen nachgelassen. Ein böiger Wind pfiff durch die halbdunklen Gassen. Das Wetter schlug auf die Stimmung und hatte wohl die Kampfeslust der verfeindeten Rotten ein wenig gedämpft. Die Banden waren durch die plötzlichen Veränderungen und den unerwarteten Verrat offensichtlich verwirrt. Doch bald schon würden sie in Zorn geraten, und dann war ein Blutbad unvermeidlich.
»Conan!« Der Cimmerier drehte sich um. Eine verschleierte Frau hatte ihn angesprochen. Im ersten Moment glaubte er, es sei Brita. Aber die Frau war viel größer. »Komm her!« bat sie.
»Guten Abend, Delia«, sagte er lächelnd. Sogleich zog sie ihn in das Parfümgeschäft. Auf einen Blick Delias hin verschwand der Besitzer diskret im Hinterzimmer.
»Du Hund! Du Verräter! Was hast du getan? Maxio lebt und ist frei. Er versteckt sich vor Bombas und Ermak, aber er wird bald herauskommen.«
»Na und? Du hast doch nicht etwa erwartet, daß ich ihn umbringe, oder?«
Delia schaute sich um, als befürchte sie, belauscht zu werden. »Ich dachte, wir hätten ein Abkommen!« zischte sie mit vor Angst entstelltem Gesicht.
»Haben wir doch«, sagte Conan. »Ich habe mich bereit erklärt, dich für Neuigkeiten zu bezahlen. Ich konnte damit anfangen, was ich wollte, und das habe ich getan.«
»Aber jetzt bringt Maxio mich um, weil ich ihn verraten habe.«
»Ach was! Er denkt, daß Ermak ihn verraten hat. Ich habe ihm erzählt, daß du Wind von diesem Verrat bekommen und mich hingeschickt hast, um ihn zu warnen.«
Delia schloß erleichtert die Augen. Nachdem sie mehrmals tief Luft geholt hatte, blickte sie dem Cimmerier tief in die Augen.
»Welches Spiel spielst du, du listiger Kerl? Ich habe mich praktisch dir zu Füßen geworfen, und du benutzt mich, um irgendeinen Plan durchzuführen.«
»Was hast du erwartet?« fragte Conan. »Du hast deinen Geliebten aus Eigennutz an mich verkauft.«
»Natürlich«, gab sie verdutzt zu. »Aber ich habe ihn dir in die Hände gegeben, weil ich in deinen Händen sein wollte. Ich habe ihn nicht etwa wegen einer Belohnung an die Obrigkeit verraten. So etwas täte ich nie und nimmer.«
»Ich wollte deine Ehre nicht antasten«, erklärte Conan.
»Zumindest hättest du mich warnen können«, sagte sie und lächelte wieder.
»Ich war sehr beschäftigt und mußte mich bedeckt halten.«
»Das glaube ich, daß du beschäftigt warst, Cimmerier. Seit du in die Stadt gekommen bist, ist alles in hellem Aufruhr. Die Banden hatten sich geeinigt. Alles ging glatt, abgesehen von Prügeleien oder einem gelegentlichen Mord. Aber jetzt weiß niemand, wo der andere steht. Jeder mißtraut jedem. Was hast du vor?«
»Nichts, das dich gefährdet«, versicherte er ihr. »Solange du vorsichtig bist.«
»Nun gut. Ich glaube dir«, sagte sie besänftigt.
Conan fiel noch eine Frage ein. »Delia, was weißt du über eine schwarzhaarige Frau, die neu in der Stadt ist und nach jemandem oder etwas sucht? Vielleicht nennt sie sich Altaira.«
»Ach die! Ich habe sie in der Grube gesehen. Dort marschiert sie allein in der Dunkelheit umher, so furchtlos wie ein Haufen bis an die Zähne bewaffneter Männer. Niemand wagt sie zu belästigen. Ich habe keinen Mann gesehen, der so gefährlich aussieht wie dieses Weib. Was willst du von ihr?«
»Nichts. Aber ich wüßte gern, was sie treibt. Ich glaube, sie sucht nach jemandem oder nach etwas, das auch mich betrifft.«
»Ich habe gehört, daß sie auf Mulvix wartet.«
»Und wer ist Mulvix?« fragte Conan, obgleich er sich an den Namen erinnerte.
»Er ist Karawanenmeister und kommt ein- oder zweimal im Jahr nach Sicas. Er ist Schmuggler. Bestimmt sind diese Frau und er in Schmuggeleien verwickelt.« Jetzt bemühte sie sich wieder, mit dem Cimmerier zu flirten. »Möchtest du, daß ich für dich mehr über sie erkunde? Ich komme näher an sie heran als irgendein Mann. Mich
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