Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
überlegte, wieviel Zeit dem Freund noch blieb. Er fühlte sich hilflos. Er konnte den Lebensfluß, der unaufhörlich aus Eldran herausströmte, nicht aufhalten.
5. K APITEL
Das Ungeheuer in der Tiefe
Conan schnaubte angewidert, als er auf etwas Schleimiges und Haariges trat, das sich unter seinen Füßen wand. Seit Stunden marschierte er schon durch die uralten Tunnel der Kanalisation unter der Stadt. Er hatte es satt, bis zu den Knien durch die stinkende Brühe und den Schlamm zu waten. Außerdem revoltierte sein Magen, als er durch einen besonders ekelhaft stinkenden, sirupartigen Schlamm stapfte. Er hatte geglaubt, sein Geruchssinn hätte bereits vor Stunden den Dienst aufgegeben, doch dem war offenbar nicht so. Zum Glück war das Kanalsystem weitgehend unbenutzt oder vergessen; denn sonst wäre sein Marsch noch unangenehmer gewesen.
Er blickte zur Tunneldecke hinauf und suchte nach dem schwachen Lichtschein, den er am Ende des Ganges gesehen hatte. Langsam peinigte ihn der Gedanke, daß er sich in diesem unterirdischen Labyrinth verirrt hatte. Seit Stunden hatte er kein Gitter gefunden, das zur Straße führte. Er war sich jedoch sicher gewesen, in Richtung des Palasts zu gehen.
Vor über einer Stunde war er an eine Stelle gelangt, an der drei Tunnel abgezweigt hatten. Er hatte geschwankt, welchen er nehmen sollte. Der Gang, der seiner Meinung nach zum Palast führte, hatte leicht abwärts geführt, was ihm gar nicht gefiel. Dennoch hatte er ihn genommen, weil er sich nicht wie ein Kind vor der Dunkelheit fürchtete. Doch sehr bald schon war es stockdunkel um ihn geworden. Selbst seine ungewöhnlich scharfen Augen hatten kaum vermocht, die Finsternis zu durchdringen. Er blieb stehen, als er erkannte, daß das, was er für einen schwachen Lichtschein gehalten hatte, ein hervorstehender hellerer Stein war. Bei Crom! Jetzt hatte er genug. Er beschloß, umzudrehen und einen der anderen beiden Gänge zu versuchen.
Langsam tastete er sich an der Wand entlang. Diese Mauern waren aus seltsam geformten Steinen erbaut. Neugierig befühlte er einen, der hervorstand. Zu seiner Überraschung löste sich der Stein leicht aus der Mauer. Er hatte zwei Rundungen am Ende, dann einen langen Schaft, so lang und so dick wie ... der Oberarm eines Mannes. Conan ließ den Gegenstand angewidert fallen. Es war in der Tat ein Armknochen. Schnell tastete er sich weiter, um zurück zur Mündung des Gangs zu gelangen.
Dann stellten sich die Nackenhaare des Cimmeriers auf, als ihm klar wurde, daß die gesamte Mauer aus Knochen bestand. Knochen von Menschen und Tieren. Er vergaß jedwede Vorsicht und hastete so schnell wie möglich durch den knietiefen Morast weiter, der gierig an seinen Beinen saugte. Jetzt war ihm auch klar, was hier so ekelerregend stank: Er war der Geruch der Verwesung und des Todes. Er befand sich in einem langen Gang des Todes.
Kaum war ihm diese Erkenntnis gekommen, stolperte er über etwas Schleimiges, Behaartes und fiel der Länge nach in den stinkenden Schlamm. Spuckend und fluchend stand er auf und wischte sich das widerliche Zeug aus dem Gesicht. Da hörte er ein saugendes Geräusch, gefolgt von einem gurgelnden grellen Schrei. Ihm lief es eiskalt über den Rücken. Schnell griff er zu seinem Schwert und erkannte eine alptraumhafte grauenvolle Gestalt, die sich vor ihm aus dem Schlamm erhob.
Das Monster war riesig. Der schweratmende schleimbedeckte Körper füllte den gesamten Tunnel aus. Wild schreiend und schmatzend bewegte es sich auf den Cimmerier zu. Conan wich zurück, um außer Reichweite zu bleiben. Langsam konnte er die Gestalt genauer erkennen: ein pilzartiger Körper mit mindestens einem Dutzend Fangarmen, jeder an der Oberseite behaart und an der Unterseite mit Saugnäpfen versehen, wie bei einer Krake. Ohne Vorwarnung schlugen die Tentakel wie Peitschen zu. Conan konnte dem ersten Schlag ausweichen, indem er hochsprang. Unglücklicherweise hatte er die Höhe des Tunnels überschätzt und prallte mit dem Kopf gegen die Decke. Steine und Knochen fielen herab. Benommen stand er einen Augenblick lang da. Blitzschnell schlangen sich Fangarme wie Schraubstöcke um seine Mitte und ein Bein.
Über ihm brach die Decke weiter zusammen. Steine und Skeletteile prasselten herab. Aus dem Augenwinkel heraus sah Conan einen dünnen Lichtstrahl, der die Dunkelheit um ihn herum durchdrang. Offenbar war er näher an der Oberfläche, als er geglaubt hatte; denn dieser Lichtstrahl rührte von der
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