Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
eigentlich auch dafür verantwortlich war, daß er soeben mehrfach nur knapp dem Tod entronnen war.
Conan blickte nochmals umher und vergewisserte sich, daß keiner der Posten vor dem Palast herüberschaute. Dann lief er in gebückter Haltung zum Wagen und kroch schnell so tief ins Heu, daß er vollständig bedeckt war. Dankbar für die Gelegenheit, sich etwas ausruhen zu können, nahm er seine Beobachtung des Palasteingangs auf.
Es dauerte nicht lange, da schwangen die mächtigen Eisenflügel des äußeren Tors auf. Ein Abteilung Wachsoldaten marschierte hinein, gefolgt von mehreren Mitrapriestern in prächtigen Gewändern. Die Schar ging schnellen Schrittes zum Palast, wo sie sofort eingelassen wurden. Dann galoppierte ein Kurier auf einem schnellen aquilonischen Hengst aus dem Palast. Offenbar hatte er einen dringenden Auftrag. Conan spürte, daß im Palast etwas nicht stimmte. Er hatte noch nie in seinem Leben Priester so schnell gehen sehen.
Seine Vermutung wurde bestätigt, als aus dem Palast zwei Priester in seltsamen dunkelgrünen Gewändern liefen, die mit Symbolen geschmückt waren, die Conan nicht kannte. Sie sprachen aufgeregt und gestenreich miteinander. Als sie sich dem äußeren Tor näherten, hätte sie beinahe ein überaus prächtig gekleideter Mann auf einem großen schwarzen Roß niedergeritten. Sein dunkelroter Umhang flatterte wie ein Banner im Sturmwind. Er trug einen glänzenden Brustharnisch mit Ärmeln aus Stahlringen und dunkle Lederbeinkleider. Glänzende Metallplättchen bedeckten seine hohen Stiefel. Er hielt die Zügel fest in den Panzerhandschuhen. An seiner Seite hing ein dünnes, langes Schwert mit kunstvoll verziertem Heft. Sein dunkles Haar war von grauen und weißen Strähnen durchzogen. Das Wappen auf seiner Brustplatte glich denen der Stadtwache.
Der Reiter in der glänzenden Rüstung jagte die Priester rüde beiseite und ritt zum Palasteingang. Conan empfand auf Anhieb einen starken Widerwillen gegen diesen Mann, obgleich er ihn noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte. Nachdem der hochmütige Offizier hineingeritten war, behielt Conan weiterhin beide Tore im Auge. In den nächsten Stunden kamen und gingen mehrere Menschen, doch es ereignete sich nichts Wichtiges – jedenfalls nichts, was ihm aufgefallen wäre. Langsam wurde es dunkel. Die Abenddämmerung setzte ein.
Gerade als Conan dachte, Hassem werde doch nicht mehr kommen, sah er eine Abteilung Wachsoldaten anmarschieren, unter der Führung von Hauptmann Salvorus. Der Cimmerier holte tief Luft, denn neben Salvorus lief der Gegenstand seiner Suche: der Verräter Hassem. Conan juckte der Schwertarm. Am liebsten hätte er diesem elenden Wurm die Klinge in die Gedärme gestoßen, doch war er jetzt nicht in der Lage, es mit der gesamten Schar aufzunehmen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß Hassem irgendwann den Palast wieder verlassen würde, und dann würde er ihm folgen. Und weil er so lange gewartet hatte, konnte er es auch noch ein Weilchen länger aushalten.
Da kam ihm Conan eine neue Idee. Wenn er die Uniform und den Helm eines der Soldaten der Stadtwache tragen würde, könnte er offen durch die Tore passieren und Hassem folgen, ohne daß ihn jemand aufhielt. Das Problem war nur, eine Uniform zu finden, die groß genug war, und ihm zu paßte. Tiefe Schatten fielen in den Garten und der Himmel hatte sich schnell verdunkelt. Conan stieg vorsichtig vom Wagen herab und legte sich darunter, dicht hinter das Rad, das dem Weg am nächsten war. Nach wenigen Minuten kam eine kleine Patrouille durch das Tor. Aber der letzte Mann der Patrouille war zu klein.
Conan wartete weiter und hoffte, daß ein größerer Soldat bald auftauchen würde. Da nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Ein Mann führte sein Pferd zum Wagen. Aufgrund der mit Erde und Schmutz befleckten Kleidung hielt Conan ihn für einen Gärtner. Der Mann war groß und kräftig gebaut, und ähnelte dem Cimmerier. Er trug die einfache Kopfbedeckung der Bergbewohner, die Regen und Sonne abhielt. Grinsend änderte Conan seinen Plan. Nach dem Marsch durch die schmutzige Kloake wollte er eher wie ein Gärtner als ein Wachsoldat aussehen.
Der Gärtner schirrte das Pferd vor die Deichsel. Dabei wandte er dem Barbaren den Rücken zu. Lautlos schlich Conan unter dem Wagen hervor und an den ahnungslosen Gärtner heran, packte ihn von hinten und legte ihm die Hand über den Mund, um jeden Schrei zu ersticken, der die Palastwache alarmieren
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