Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
langen Beine waren angespannt. Mit atemberaubender Geschwindigkeit sprang sie nun auf Azora zu. Diese trat schnell beiseite und hob die Hand, um das Tier zu erschlagen. Doch sie verfehlte es knapp. Die Spinne landete auf ihrer linken Schulter und krallte sich sofort fest in ihren Umhang. Fluchend schlug Azora mit der rechten Hand nach ihr, um sie zu verjagen.
»Ssss ... Warte!« zischte die Spinne in Azoras linkes Ohr. »Ich nicht dein Feind. Ich dir kein Leid zufügen. Ssss ... Ich dir helfen.«
Azora drehte, mit immer noch erhobener Hand, den Kopf und betrachtete die Spinne mißtrauisch und verärgert. Die Kinder Zaths hatten bereits vor Jahrhunderten die Fähigkeit zu sprechen verloren. Jedenfalls hatte das in den verstaubten Sagenbüchern gestanden, die sie gelesen hatte. Überdies brauchte sie vor diesem kleinen Tier keine Angst zu haben, da sie – im Gegensatz zu den schwachen Menschen – kein Lebensblut besaß und ihr somit Gift nichts anhaben konnte. Sie beschloß abzuwarten, was das kleine Biest wollte, ehe sie es wie eine übergroße Pflaume auf dem Steinboden zertrat.
»Ssss ... ja, ich dir helfen«, sagte die Spinne, als spüre sie Azoras Zaudern. »Ich dich schon gerettet haben, ja ... ssss.«
»Und wovor hast du mich gerettet, Kleines?« fragte Azora spöttisch lächelnd.
»Wenn Xim dich nicht aufgehalten, du Tür aufgemacht! Alten würden jetzt deine Knochen nagen.« Xim fand das sehr komisch. Sein Zischen klang wie eine Parodie eines Lachens.
»Sind das die Alten?« fragte Azora und deutete auf die Wasserspeier über den Türen. »Das sind nur Steinklumpen. Ich verfüge über große Macht, Kleines. Ich kann Dämonen befehlen, diese Alten zu Sand zu zerstampfen.« Während sie sich brüstete, kam ihr jedoch der Gedanke, die Spinne könnte die Wahrheit sagen.
Xim bewegte sich auf Azoras Schulter auf und ab. Offensichtlich war er aufgeregt. »Mit Xims Hilfe nicht brauchen Dämonen! Ssss ... Ich Geheimnisse kenne. Ja, ja ... ssss ich dir sagen!« Xims Augen strahlten so hell wie Leuchtfeuer in einer Nebelnacht. »Aber du uns auch helfen müssen.«
»Es gibt hier noch mehr von deiner Sorte?« fragte Azora und zog die linke Braue hoch.
»Ssss ... nein, nein, nein. Nicht wie Xim. Freunde von Xim, leben in Netze.« Die Spinne hob zwei Vorderbeine und zeigte auf die oberen Ecken des Raums, wo Azora zuvor die großen Spinnen gesehen hatte. »Durstig nach Menschenblut. Wollen nicht mehr Eidechsen und Wüstenkäfer! Müssen Menschenblut haben. Wie ganz früher Meister gebracht. Du auch wie uralter Meister, ja. Xim wissen, er hat gemacht, du jetzt da. Du müssen wieder Menschenblut bringen, sonst Xim nicht helfen.«
Azoras Augen glänzten so schwarz wie Ebenholz, als sie sie in die der Spinne bohrte. Sie glichen denen einer Kobra, die bereit ist, zuzuschlagen. »Hat der uralte Meister auch einen Namen?«
»Ssss ... ja, ja, aber zu lang. Xim ihn nur nennen Skar. Ja!«
Skar? Skauraul! Azora war ganz sicher, daß Xims uralter Meister der Mutare gewesen war, der in dieser Festung geherrscht hatte. Sie würde die Spinne leben lassen, bis sie alles über Skauraul erfahren hatte, was das Tier wußte.
»Wenn du Blut möchtest, Kleines, dann sollst du es auch bekommen.« Azora holte aus dem Umhang eine kleine Phiole und entkorkte sie. Eine rote, sirupartige Flüssigkeit befand sich darin. Die Priesterin goß ein wenig davon in die offene Hand und hielt sie Xim vors Maul.
Gierig saugte die Spinne alles mit ihren spitzen, hohlen Fängen auf. Azora war froh, daß sie die Phiole bei sich hatte, aber viele ihrer wirkungsvollen Zaubersprüche erforderten ein bißchen Menschenblut. Sie mußte es streng rationieren, sonst war das Fläschchen bald leer. Wenn sie ihren Vorrat verbraucht hatte, konnte sie ihn nicht so schnell ergänzen, da es hier weit und breit keine Menschen gab. Sie hielt es für sinnvoll, diese einfältige Spinne zu belügen, um sich ihrer noch eine Zeitlang zu bedienen. »Schon bald werden du und deine Freunde frisches Menschenblut trinken, wie früher. Das schwöre ich.«
Nachdem Xim das letzte bißchen Blut von Azoras Hand gesaugt hatte, verkorkte sie die Phiole sorgfältig und steckte sie zurück in die Innentasche des Umhangs. »Sag mir, Kleines, hatte dieser Meister eine Bibliothek?«
Xim schlug die Fänge zusammen. »Warmes und frisches Menschenblut besser, ja, sss ...«, zischte die Spinne. »Zu lange Zeit Xim kein Menschenblut geschmeckt. Aber Bib-bibithek ... nein, ich nie gesehen. Was
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