Conan-Saga 51 - Conan und die Amazone
Schläge nicht bräche. Schneide und Rücken liefen zu einer Spitze aus, mit der man jede Rüstung durchbohren konnte. Der Griff bestand aus der Geweihstange eines Hirsches, der Knauf war eine flache Bronzekappe. Der Dolch wurde fast täglich benutzt. Conan schärfte die Klinge mit einem Wetzstein, bis er sicher war, damit ein fallendes Haar spalten zu können.
Nachdem der Cimmerier die Waffen wieder in die Scheiden gesteckt hatte, blieb er sitzen und schaute Achilea und ihren Frauen beim Reiten zu. Sie saßen so natürlich auf den Pferden, als wären sie mit ihnen verwachsen. Statt Sättel benutzten sie nur ein Polster, das mit einem breiten geflochtenen Gurt befestigt war. Sie zügelten die Rosse mit Seilen und verschmähten die üblichen Trensen aus Metall. Sie ritten auch ohne Steigbügel. Statt dessen preßten sie ihre kräftigen Waden gegen die Flanken der Pferde.
Conan langweilte sich bereits in Leng. Die Vorstellung, einen ganzen Winter in diesem Ort zu verbringen, war ihm unerträglich. Hätte man ihn nach einem siegreichen Krieg gut entlohnt, hätte er vielleicht die kalten Monate mit Glücksspiel und losen Weibern verlebt. Doch jetzt war das anders. Wenn er nur jagen konnte, um das Leben zu fristen, würde er lieber in einer Höhle hausen. Es gab nur einen Grund, der ihn hier festhielt: Achilea. Als sie sich vom Pferd schwang, ging er zu ihr.
»Ich hatte Bedenken, lange in Leng zu bleiben«, sagte Conan. »Ich würde viel lieber woanders sein, wo sich mehr tut, als Gaunern beim Würfelspiel zuzuschauen.«
Achilea lächelte. Dabei vertiefte sich die Narbe auf ihrer Wange. »Ein Mann der Tat, richtig? Ja, ich weiß, wie du dich fühlst. Ich wäre auch lieber woanders. Aber die Frage ist: Wohin soll ich gehen?«
Der Cimmerier wies mit dem kräftigen Arm nach Süden. »Dorthin. In die warmen Länder. Und es wäre am besten, sofort aufzubrechen, ehe der Schnee die Pässe blockiert.«
»Wie weit würdest du kommen?« fragte sie. »Dort liegen Zamora und Corinthien. An jeder Grenze stehen Wachposten. Hinzu kommen noch die berittenen Patrouillen. Wie lange würde es dauern, bis sie dich erwischen?«
»Ich habe niemanden ausgeraubt«, meinte er mürrisch.
Achilea lachte. »Was heißt das schon?« Sie schaute ihm offen in die Augen. »Du bist jeden Zoll ein Schurke – und es gibt viele Zoll bei dir. Niemand wird dich für einen reisenden Kaufmann oder heiligen Mann halten. In unsicheren Zeiten treiben sich viele Abenteurer umher. In Friedenszeiten erweckt jeder bei Lord oder Zahlmeister Mißtrauen.«
»Du hast recht«, gab der Cimmerier zu. »Aber ich kann es nicht ertragen, monatelang in diesem langweiligen Nest eingesperrt zu sein.«
»Hab Geduld«, sagte sie. »Ich habe das sichere Gefühl, daß sich bald etwas ändert.«
Am Abend saßen sie vor dem Kamin und tunkten Brotstücke in den dicken Eintopf, als die mysteriösen Zwillinge erschienen. Niemand hatte sie tagsüber gesehen. Sie betraten den Schankraum in derselben Kleidung wie am Vorabend.
»Teilt das Abendessen mit uns«, sagte Achilea und deutete auf den Tisch, der vor ihr stand.
Sie verneigten sich. »Danke, aber wir haben bereits auf unseren Zimmern gespeist«, sagte Yolanthe. »Doch setzen wir uns gern zu Euch, wenn Ihr das gestattet.« Sie nahmen auf der Bank Platz, und Indulio brachten ihnen Becher mit Glühwein. Sie hielten die Becher aus gehämmertem Metall in den Händen und genossen die Wärme.
Conan saß auf dem Kaminsims und stellte die leere Schüssel beiseite. »Gestern abend habt ihr gesagt, daß ihr nach Männern sucht, die tapferer sind als der Durchschnitt. Zu welchem Zweck sucht ihr nach ihnen?«
»Meine Schwester und ich haben unser ganzes Leben lang nach einem Ort gesucht, ohne zu wissen, wo dieser lag«, sagte Monandas und sprach damit zum ersten Mal über ihre Verwandtschaft. »Jetzt kennen wir die genaue Lage, doch ist der Weg dorthin weit und sehr gefährlich.«
»Wenn ihr beiden so weit gereist seid, wie ihr behauptet, dürfte euch ein bißchen Gefahr nichts ausmachen«, entgegnete Conan.
»In der Tat«, meinte Yolanthe. »Doch haben wir gewisse Mittel, um Gewalt zu vermeiden. Diesmal ist es aber anders. Wenn wir den Ort erringen wollen, nach dem wir streben, können wir auf dem Weg dorthin Kämpfe nicht vermeiden. Wir können aber auch nicht viele Männer mitnehmen. Daher müssen die, die uns begleiten, von überragender Tapferkeit sein.«
In den folgenden Minuten schwiegen alle. Dann erhob Achilea die Stimme.
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