Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
er unterstand Khumanos' stummem, kraftvollem Willen. Der Hohepriester nahm den Jünger beiseite, kniete sich vor ihn hin und murmelte Gebete oder Beschwörungen. Dann schien er ihn mit dem Talisman, den er um den Hals trug, mehrfach zu segnen. Danach kam der junge Priester stumm und mit stumpfen Augen zurück und folgte ohne Murren Khumanos' Befehl, das Götterbild weiterzuschleppen.
Mit teuflischer Voraussicht hatte der Hohepriester seine Sklaven einen zweirädrigen Karren aus Qjara als Proviantwagen mitbringen lassen. Jetzt nahm er die beiden Räder und ließ ein Rad vom Karren mit Teilen der anderen gebrochenen Räder reparieren. Schon war der Karren mit dem Götterbild wieder fahrbereit. Nach einem einzigen Tag Rast marschierte die Prozession wieder weiter. Es war unglaublich, wie sich die ausgemergelten Sklaven mit ihren Helfern in die Seile legten, um das Ungetüm weiterzuschleppen. Conan hatte den Eindruck, dass die geschundenen Kreaturen einen unheiligen Kraftstoß erhielten, als sie die Schultern gegen den Karren stemmten.
In weniger als zwei Wochen zogen sie wieder in Qjara ein. Conan war keineswegs sicher, dass dieses Unternehmen tatsächlich ein Akt der Barmherzigkeit war, wie er gedacht hatte. Vielleicht wäre es weitaus barmherziger gewesen, die armen kranken Menschen in der Wüste umkommen zu lassen, als ihre Qualen unter Khumanos' teuflischer Knute zu verlängern. Doch bei seinen Priestern und Anhängern gab es keine Unsicherheit und kein Nachlassen im Glauben. Die Menschen in der Stadt empfingen sie mit Freuden und arbeiteten willig an den umfassenden Vorbereitungen für den triumphalen Einzug der Götterstatue in die Stadt Qjara.
Laut Khumanos' sorgfältig geplantem Ritual sollten die Teile der Statue gleichzeitig durch drei verschiedene Tore in die Stadt gebracht werden – wobei das Karawanenviertel offenbar nicht der eigentlichen Stadt zugerechnet wurde, sondern eine Art Außenhof war. Die Vorstellungen des Hohenpriesters fanden den Beifall der Stadt, da diese drei Tore genügend Raum boten, um die Teile des riesigen Götterbildes hindurchzuziehen. Mit drei getrennten Prozessionen sollten die Teile zur Agora, dem Herzen Qjaras, gebracht werden, wo man sie zum ersten Mal zusammensetzen würde. Und danach sollte vor den Augen aller Gläubigen die heilige Statue geweiht werden.
Laut Königin Regulas Anordnung sollte sich die rituelle Vermählung zwischen der Göttin Saditha und dem Neuankömmling Votantha daran anschließen. Der Tempel hatte sich während der letzten Wochen überaus bemüht, dem fremden Gott die körperlichen und geistigen Vorzüge des toten Helden Zaius zu verleihen und diesen als Unsterblichen auferstehen zu lassen. Gemäß dem Erlass der Königin würde sich dann die Anbetung in der Stadt auf die beiden Gottheiten aufteilen.
Ein höchst eigenartiges Zugeständnis an die Religion eines ausländischen Königs ... Conan vermutete, dass Semiarchos und Regula alledem nie zugestimmt hätten, wenn sie nicht daran glaubten, dadurch die Macht ihrer Familie zu vergrößern und in die Geschichte Qjaras als strahlende Helden einzugehen. Sie wussten, dass Sark weit im Süden lag und dass es äußerst unwahrscheinlich war, dass Anaximander eine bedeutende oder lang währende Rolle in den Angelegenheiten Qjaras spielen würde. Ihre eigene Macht würde jedoch durch die Annahme einer männlichen Gottheit, wie Votantha, der die traditionelle Ausgewogenheit zwischen Thron und Tempel wieder herstellte, schnell wachsen.
Das alles konnte aber nach Conans Meinung auch das Ende der Einen Wahren Göttin bedeuten. Damit würde Qjara für einen rastlos umherziehenden Cimmerier seinen eigenartigen Reiz verlieren – falls nicht doch die traditionelle Rebellenpartei, deren Bekanntschaft er gemacht hatte, diese Veränderung aufhielt. Er hatte keine Gewissheit darüber, dass diese während seiner Abwesenheit imstande gewesen war, ihre Botschaft zu verbreiten, auch nicht, wie viele einflussreiche Stimmen und starke Arme sie auf ihre Seite gezogen hatte. Insgeheim teilte Conan ihre Meinung, doch man hatte ihm, dem Fremden, klar gemacht, dass er sich lieber aus der Debatte heraushalten solle.
Zur Zeit schien dieser Meinungsstreit in der Stadt keine Rolle zu spielen. Die Einwohner Qjaras waren in frommer und festlicher Stimmung, die eher zu einer Vermählung als zu einem bewaffneten Zusammenstoß passte. Die drei weiß verhüllten Teile der Götterstatue wurden auf schwere Streitwagen gehievt, deren
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