Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
Unkraut wucherte auf den Höfen, das dem Cimmerier fast bis zur Körpermitte reichte. Bäume überragten die Mauerreste. Gemächer ohne Decken, in welche der Himmel schauen konnte. Wo früher vielleicht Aristokraten in seidenbespannten Kutschen Vergnügungsfahrten unternommen und parfümierten Wein aus Goldbechern getrunken hatten, erstreckten sich jetzt übel riechende Sumpfwiesen. Doch bei einem Gemach war der wunderschöne Mosaikboden unbeschädigt, und Conan musste seine Männer antreiben, weiterzugehen, weil sie die farbenfrohen Bilder für seltene und bewundernswürdige Schätze aus einem fernen Land hielten.
Später wusste Conan nicht mehr, an wie vielen derartigen Wundern sie vorbeigegangen waren. Doch er wusste, dass es ihn langsam aber immer stärker zwischen den Schulterblättern juckte. Dieses Jucken würde kein Kratzen lindem. Mit jedem Schritt entfernte er sich weiter von dem zumindest bescheidenen Schutz, den Rainhas Männer boten, und geriet immer tiefer in einen Palast, wo vielleicht Feinde lauerten – menschliche oder magische.
Doch wenn das so war, würden etliche davon nur so lange leben, wie er brauchte, um ihnen beizubringen, dass man einem Cimmerier keine Fallen stellte. Das schwor er. Oder einer bossonischen Schwertkämpferin – fügte er hinzu, da auch Rainhas Gesicht mit jedem Schritt ernster wurde.
Endlich bogen sie um eine Ecke und blieben so abrupt stehen, als stünden sie vor einem Feuerschlund. Vor ihnen lag ein Innenhof ohne Unkraut oder Staub. Von hier aus führten Türen in Gemächer, die zumindest einem etwas wohlhabenden Kaufmann zu gehören schienen.
Jede der Türen war bewacht, und auch die Wachen unterschieden sich davon, was Conan bisher in Eloikas' Palast gesehen hatte. Die meisten waren nicht mehr ganz jung, steckten jedoch in guten Rüstungen und waren mit zuverlässigen Schwertern oder Armbrüsten bewaffnet, gelegentlich auch mit Hellebarden. Mit soldatischem Blick schätzte Conan sie als Haudegen ein, die nicht mehr allzu schnell waren, doch viel Erfahrung erworben hatten und daher als Gegner nicht zu unterschätzen waren.
Der Wachposten hob die kunstvolle Hellebarde zum Gruß.
»Heil, Decius. Seine Majestät wartet.«
Der Oberbefehlshaber nickte und blieb stehen. Wachposten umstellten Conan und Rainha so dicht, dass diese ihre Waffen nicht zücken konnten. Mit feierlichen Schritten betraten sie König Eloikas' Thronsaal.
Der Thronsaal war so groß wie der Speiseraum in einer guten Herberge und so sauber, dass man vom Boden hätte essen können. Zumindest hier wurde Silber ausgegeben, um den Staub fern zu halten. Die Wandteppiche waren kunstvoll geflickt, die Farbe der Wandgemälde frisch und die Vergoldung des Bronzethrons ohne Kratzer.
Auf den ersten Blick fiel allen, so auch dem Cimmerier, die große Ähnlichkeit des Manns auf dem Thron mit dem Oberbefehlshaber auf, der vor ihm kniete. Conan und Rainha folgten Decius' Beispiel. Dabei ließ der Cimmerier die beiden Männer nicht aus den Augen.
Wenn sie nicht Vater und unehelicher Sohn waren, wollte er ein Jahr lang nur Wasser trinken, schwor Conan. Beide waren mittelgroß, aber von soldatischer Haltung. Das Haar des Königs war ein wenig schütter und mehr grau als schwarz, aber beide Männer hatten die gleiche kühne Nase, die hohen Wangenknochen und große graue Augen.
Conan war so damit beschäftigt, weitere Ähnlichkeiten zwischen Eloikas und Decius zu entdecken, dass die Aufforderung, sich zu erheben, ihn überraschte. Rainha stieß ihn mit dem Ellbogen in die Rippen, damit er aufstand, worüber der König lachte.
Es klang so, als hätte der Mann schon viel zu lange nichts mehr zu lachen gehabt, es aber nicht vergessen. Trotz seines anfänglichen Misstrauens fühlte Conan sich zu Eloikas hingezogen.
Decius stellte Conan und Rainha mit knappen soldatischen Worten vor. Wieder knieten sie nieder. Eloikas begrüßte sie mit wenigen Worten und bat sie, aufzustehen.
»Herrin Rainha, Wir danken dir. Du wirst den versprochenen Lohn erhalten und noch etwas mehr. Du hast Uns nicht nur gebracht, was Wir dir anvertraut haben, und Unsere Schläge gegen diejenigen unterstützt, welche Unsere Tochter und den Erben entführt haben ... Du hast auch geschickt und kühn gegen Unsere gemeinsamen Feinde gekämpft. Es ist Unser Wunsch, dass du und deine Männer in Unserem Reich bleiben und Uns helfen, weitere Vergeltungsschläge auszuteilen. Wir sind sicher, deine Dienste äußerst großzügig belohnen zu können.«
Dann
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