Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
gleich einem Donnerschlag ein Name ein:
Wylla!
Sie musste mitgehört haben. Vielleicht mithilfe von Magie, vielleicht, weil sie mit offenen Ohren zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen war. Trotz des fortgeschrittenen Alters war ihr Vater nicht der Geringste unter den Pougoi-Kriegern. Er würde auf sie hören und mit den Kriegern sprechen, denen er vertrauen konnte. Gesetz und Brauch gaben den Kriegern eine Waffe gegen die Sternen-Brüder an die Hand, mit der sie gewiss das Werk vollenden konnten, das Wylla begonnen hatte.
Aybas kniete nieder und legte eine Hand auf den Baumstumpf, die andere auf sein Herz. Zum ersten Mal seit er Aquilonien verlassen hatte, leistete er bei den Göttern seiner Kindheit einen Eid, so wie er es als Junge gelernt hatte.
Er würde mit Wylla kein Wort sprechen, ihr auch kein Leid antun, sondern sie nach Kräften schützen. Er würde sie nicht gegen ihren Willen anrühren oder anderen dies gestatten.
Mochte ihn dieser Eid das Leben kosten und mochte er in diesem Tal ohne Ehren, gebührende Gebete oder Opfer beerdigt werden.
Es war der vierte Tag nach dem Fall des Palastes und der Flucht des Königs.
Gerüchte flogen wie Wildgänseschwärme umher, die im Herbst nach Süden ziehen. Man erzählte sich, Syzambry sei verzaubert, sterbe, tot, krank oder gar alles gleichzeitig. Conan fragte sich, wie viel Wahrheit in diesen Gerüchten steckte, und dämpfte die Hoffnungen seiner Männer.
Mit Rainha sprach er sehr offen. »Mit Syzambry und seinen Plänen ist etwas misslungen. Darauf verwette ich meine Männlichkeit. Doch was kann es sein? Welchen Vorteil können wir daraus ziehen?« Er hob die Hände.
Rainha sprang von dem Findling herab, auf dem sie ihren Dolch geschärft hatte. »Ich bete, dass du diese Wette nicht verlierst.«
»Was? Kein Gedanke an Decius?«
»Eine Frau kann an zwanzig gut aussehende Männer denken, Conan. Doch sie kann nur mit dem das Bett teilen, der anwesend ist.«
Conan legte den Arm um Rainhas Schultern, aber sie entschlüpfte ihm und lief den Weg hinab. »Dort unten liegt ein Teich, wo der Fluss eine Biegung macht. Wer badet als Erster?«
Rainha hatte einen Vorsprung, aber Conans lange Beine überwanden die Strecke im Nu. Sie beendeten den Wettlauf Seite an Seite, wobei Conan den Arm um Rainhas Mitte schlang.
Sie plätscherten übermütig im Teich, als Conan Schritte zu hören glaubte. Er löste die Augen von Rainhas bloßen Schultern und Brüsten und spähte in die Bäume.
Im steten Bergwind wiegten sich die oberen Zweige. Vielleicht hatte er ein Reh gehört, da sie vom Hauptlager ein gutes Stück entfernt waren und der Wind in die Gegenrichtung blies.
Dennoch versicherte sich der Cimmerier, dass der gut eingefettete Dolch noch am Fußknöchel steckte. Schnell wollte er ihn zücken. Da tauchte Rainha direkt vor ihm auf und schlang die Arme um seinen Hals. Sie zog seinen Kopf so heftig zwischen ihre Brüste, dass er das Gleichgewicht verlor und beide eng umschlungen auf den Grund des Teichs sanken.
Als sie auftauchten, las Conan in Rainhas Augen, dass sie beide nun sauber genug waren. Er hielt gerade am Ufer nach einer weichen Stelle Ausschau, als er über Rainhas Schulter etwas erblickte, das jeglichen Gedanken an ein Liebeslager verscheuchte.
Ein Mann stand da. Er war schwierig zu beschreiben, abgesehen davon, dass er kleiner und schmächtiger war als Conan. Doch das traf auf die meisten Menschen zu.
Seine Kleidung war ungewöhnlich. Er trug eine lose Tunika und weite Beinkleider aus selbstgewebtem Tuch, das grün und braun gefärbt war. Über einer Schulter hing ein Ledersack, in der Linken hielt er einen langen Holzstab.
Er schien unbewaffnet zu sein, doch hingen Conans Augen wie gebannt an seinem Gürtel: Dort hingen sieben Pfeifen, die kürzeste nicht länger als Conans Daumen, die längste fast wie sein halber Unterarm. Die Pfeifen waren aus dunklem Holz mit erstaunlicher Kunstfertigkeit geschnitzt und mit silbernen Mundstücken und Silberbändern verziert. Diese Bänder waren so dünn wie Fäden, aber geflochten und verknotet ...
»Ich bitte um Vergebung, wenn ich euch überrascht habe«, sagte der Mann. »Ich bin Marr der Pfeifer.«
»Ach ja?«, meinte Conan mit finsterer Miene. Er schob sich an den Teichrand, vermied jedoch plötzliche Bewegungen, um den Besucher nicht zu beunruhigen. Er wünschte, Rainha hätte ihn nicht vom Zücken des Dolchs abgehalten.
Rainha stand in dem knapp brusthohen Wasser und traf keinerlei Anstalten, ihre
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