Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
abgesehen von einem: Überraschung.
Aybas betete nicht. In dieser feuchten Höhle schienen ihm Gebete zu gesetzmäßigen Göttern eine Lästerung zu sein. Er befahl nur seinem Magen, ihm keine Schande zu bereiten.
Wenn Aybas bis jetzt bezweifelt hatte, dass die Magier das Fleisch ihres Sternen-Ungeheuers aßen, waren seine Zweifel jetzt beseitigt. Denn anders ließ sich das, was er in den dunklen Winkeln der Höhle gesehen und gerochen hatte, nicht erklären.
Aybas' Kehle war wie zugeschnürt, sein Magen verkrampft. Aber die Götter zeigten Milde – auch ungebeten. Gabelbart blickte auf den rohen Eichentisch vor sich und bemerkte nichts von Aybas' Ringen um Beherrschung.
Als er dem Aquilonier wieder ins Gesicht schaute, sah er dort Furcht und Enttäuschung. Er schlug mit den Händen auf den Tisch, dass die Bronzeschüssel, die darauf stand, umstürzte und klirrend zu Boden fiel. Sie rollte zu Aybas' Füßen. Der Aquilonier zwang sich, nicht zusammenzuzucken, als die Schüssel seine Haut berührte.
»Aybas«, sagte der Magier und ließ das Wort ›Lord‹ weg. Der Name klang wie ein Fluch.
»Hier bin ich, Sternen-Bruder, zu deinen Diensten.«
»Meinen ... meinen ...« Vor Wut vermochte der Magier nicht weiterzusprechen. Aybas überlegte, ob er sich für seine unbeabsichtigte Beleidigung entschuldigen solle, schwieg aber ebenfalls.
Das Schweigen dauerte an. Aybas hatte das Gefühl, die Felsen über ihm würden wie im Lauf der Jahre zerbröckeln und das Ungeheuer würde brüllend in die Höhle stürmen.
»Aybas«, begann der Magier, »hast du mit jemandem darüber gesprochen, dass Prinz Urras ein Milchbruder der Pougoi ist?«
»Abgesehen von der Prinzessin und ihrer Dienerin habe ich mit keinem lebenden Wesen darüber gesprochen, nicht einmal mit der Luft. Ich weiß nicht, was oder mit wem das Weib gesprochen hat. Doch meine Lippen waren versiegelt, das beschwöre ich bei allem, was für euch am heiligsten ist.«
»Das wäre nicht bindend, da du kein Sternen-Bruder bist.« Der Magier zwirbelte mit beiden Händen den Bart. »Vielleicht trifft dich keine Schuld, aber irgendwie ist diese Kunde zu den Kriegern der Pougoi durchgedrungen. Sie halten es für die Wahrheit, und es gefällt ihnen, dass ein zukünftiger König des Grenzreichs ein Milchbruder der Pougoi ist.«
Er fügte nicht hinzu: ›Daher sind sie dagegen, den Säugling dem Sternen-Tier zu opfern.‹ Doch die Luft schrie diese Worte in Aybas' Ohren. Er hatte Mühe, nicht triumphierend zu grinsen.
Aybas senkte den Kopf und sagte: »Ich bin hoch entzückt, dass zwischen den Sternen-Brüdern und den Pougoi Friede herrscht. Die Pougoi werden mächtig sein, wenn ihre starke rechte Hand und ihre starke linke dieselbe Waffe schwingen.«
Der Magier warf Aybas einen Blick zu, als frage er sich, ob der Aquilonier scherze. Dann erhob er sich.
»Du sprichst die Wahrheit. Die Krieger sind unsere rechte Hand, und die linken und rechten Hände können nicht streiten, ohne die Pougoi gegen ihre Feinde hilflos zu machen.«
Diese Worte klangen gut, doch Aybas glaubte, noch mehr herauszuhören. Seit der Nacht, als der Palast fiel und der König floh, hatte er keinerlei Nachricht mehr von Graf Syzambry erhalten.
Hatte Syzambry womöglich seinen Sieg nicht überlebt? Oder verhinderte die Magie des Pfeifers die Übermittlung von Nachrichten zwischen den Sternen-Brüdern und dem Grafen? Über wie viel gebot dieser verfluchte Narr?
»Prinz Urras ist der Milchbruder der Pougoi«, erklärte der Magier. »Das soll verkündet werden, damit alle es wissen. Geh in Frieden, Aybas, doch hüte deine Zunge und auch deine Schritte. Du bist kein Milchbruder eines Pougoi, höchstens der einer verlausten Huren-Amme ...«
Der Magier zählte noch viele weitere unreine Tiere auf, die Aybas' Verwandte sein könnten. Der Aquilonier nahm die Beleidigungen mit Würde hin und lachte erst, als er auf der anderen Talseite bei seiner Hütte war.
Da lachte er so laut, dass er sich auf einen Baumstumpf setzen musste, um wieder Luft zu bekommen. Auch sein klarer Verstand kehrte zurück.
Wer hatte den Kriegern der Pougoi von seiner List erzählt? Er kannte keinen, dem er in dieser Angelegenheit trauen konnte, und der Prinzessin wohl auch nicht. Sie war eine gerissene Frau, obgleich sie jung genug war, um Aybas' Tochter zu sein. War sie aber gerissen genug, um nach wenigen Tagen der Gefangenschaft bereits die Sitten der Pougoi zu begreifen? Aybas bezweifelte dieses Wunder.
Dann fiel ihm
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