Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
er langsam daran gezweifelt, dass Marr überhaupt einer war. Doch selbst die ehrenwertesten Absichten hatten Lady Illyana nicht davor bewahrt, Sklavin der Magier anstatt Herrin zu werden.
Womöglich würde er einen scharfen Stahl und ein noch schärferes Auge gegen Marr und seine Machenschaften brauchen.
Der zweite Tag und die zweite Nacht verliefen wie die vorangegangenen. Als sie im Morgengrauen das Lager abbrachen, hörten sie Männer marschieren. Conan unternahm einen Spähgang. Nach der Rückkehr meldete er, dass es sich um einen Haufen Bauern handele.
»Sie haben so viel Lärm gemacht, dass ich auf einem Drachen hätte herbeifliegen können, ehe sie mich bemerkten«, sagte Conan. »Ich habe mich ruhig hingelegt und sie beobachtet. Es waren ungefähr vierzig Mann, doch sie trugen nur ihre Arbeitskleidung und als Waffen ihre Bauerngeräte. Lediglich zwei Männer hatten Schwerter, vielleicht waren ihre Großväter Söldner gewesen. Niemand hat ihnen Rüstungen oder Waffen gegeben.«
»Das gibt Hoffnung«, meinte Rainha. »Hätte Syzambry sie zwangsverpflichtet, hätte er sie nicht in diesem erbärmlichen Zustand gelassen.«
»Falls er überzählige Waffen hat, sicherlich nicht«, gab Conan zu bedenken. »Aber sie könnten freiwillig zum Grafen laufen, in der Hoffnung, er würde ihre Dörfer verschonen.«
Rainha spuckte aus. »Dann sind es Narren. Sie wollen einen Mann umarmen, der so dankbar ist wie ein ausgehungerter Bär.«
»Das wissen sie aber nicht«, warf Marr ein. »Sie sind verzweifelt und das benebelt den Verstand. Oder hast du dich so weit von deinem Dorf entfernt, Rainha, dass du das vergessen hast?«
Rainha verschlug es den Atem. Wütend funkelte Conan den Pfeifer an. Sein Blick besagte deutlich: ›Ich habe dir nichts über Rainhas Geburt erzählt. Hast du ihre Gedanken gegen ihren Willen gelesen, obgleich du behauptet hast, du könntest es nicht?‹
Marr blickte beiseite und holte seine Pfeifen hervor. Conan wollte sie ihm wegnehmen. ›Verdiene dir die Verzeihung mit Worten nicht mit deiner Magie‹, sprach sein Blick.
»Herrin Rainha, verzeih mir. Ich wollte dich nicht als einen Bauerntrampel bezeichnen. Das bist du nie und nimmer. Doch hörte ich deinen bossonischen Akzent und über dieses Land weiß ich einiges.«
»Wenn du glaubst, dass dort nur einfältige Menschen leben, weißt du nichts darüber«, meinte Rainha, doch schien sie sichtlich ruhiger zu sein.
In diesem Augenblick verhallten die Schritte der Bauern. Die drei Gefährten setzten ihren Marsch durch den stillen Wald fort, als sich die Nacht herabsenkte.
Auf dem weiteren Weg zum Tal trafen sie auf keine weiteren Bauernscharen. Das war nicht allein Glück, denn Marr kannte jedes Tal und jeden Berg. Zuweilen hatte Conan sogar den Eindruck, er kannte jeden Baum im Wald.
»Einst gab es in diesen Wäldern viele Bären«, erklärte der Pfeifer. »Vielerorts wurden sie bereits vor Generationen ausgerottet. Ich kenne aber zwei Dörfer, wo die Menschen noch immer in Furcht vor diesen wilden Tieren leben. Vielleicht gibt es doch noch einige.«
»Na und? Wir sind nicht hier, um Tiere für die königliche Menagerie zu jagen«, erklärte Rainha.
»Ich sage das nicht ohne Grund«, meinte Marr. »Das eine Dorf liegt nahe an unserem Weg.«
»Crom! Dann führe uns in weitem Bogen herum!«, fuhr ihn Conan an. Es war der fünfte Tag. Marr sprach weniger in Rätseln als zuvor, doch wenn er es tat, zeigte Conan auch weniger Geduld. Mit Freuden wäre er mit dem Schwert gegen die Hälfte der Pougoi-Krieger angetreten, sogar gegen das Ungeheuer der Magier, nur um dieses Umherschleichen in einem ungastlichen Land zu beenden.
»Zu weit entfernt kann ich euch nicht herumführen«, erklärte der Pfeifer. »Es sei denn, ihr wollt das Verfluchte Land durchqueren.«
»Nach allem, was ich über diese Gegend gehört habe, riskiere ich lieber mein Leben gegen Bären und Dörfler«, sagte Rainha. Conan nickte zustimmend.
»Sehr weise«, sagte Marr. »Die Pougoi beobachten die Grenzen des Verfluchten Landes, und nur wenige entkommen ihren Wachposten, falls sie überhaupt ohne die Gebeine verzehrende Krankheit so weit kommen.«
»Wir wollen nicht, dass unsere Knochen sich in Wasser verwandeln«, meinte Conan verdrossen. »Führe uns, wie du willst.«
Unter Graf Syzambrys Füßen bebte der Boden. Hatte feindliche Magie ein Erdbeben heraufbeschworen?
Nein, sein Körper schwankte, und die Beine wollten ihm versagen. Mit einer Hand klammerte er sich
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