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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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oder gar in anderen Städten wiederfinden.«
    »Das geschähe ihnen recht.«
    »Du verzeihst?«
    » Du verzeihst«, sagte Jack, »aber wir sind hier an diesem verdammten Strand. Und ich bin vielleicht ein verrückter Vagabund, aber du scheinst doch ein gebildeter Jude zu sein, und dieser Holländer ist garantiert ein Schiffsoffizier, und Gott allein weiß, was dieser Chinese...«
    »Eigentlich ein Japaner, aber von Jesuiten ausgebildet.«
    »Auch gut – das untermauert nur meinen Standpunkt.«
    »Und der wäre?«
    »Was können Jewgeni und Mr. Foot nur haben, was wir nicht haben?«
    »Sie haben eine Art Unternehmen gegründet, in dem Jewgeni die Arbeiterschaft und Mr. Foot die Verwaltung darstellt. Sein genauer Zweck ist schwer zu erklären. Du wirst später dahinterkommen. Bis dahin ist es unbedingt notwendig, dass wir zehn zusammenbleiben!«
    »Warum, zum Teufel, ist es dir nur so wichtig, dass wir zusammenbleiben?«
    »Während der letzten paar Jahre, in denen ich auf einer Ruderbank das Mittelmeer durchstreift habe, habe ich insgeheim einen Plan geschmiedet«, sagte Moseh de la Cruz. »Es ist ein Plan, der uns allen
zehn Reichtum und dann die Freiheit bringen wird, wenn auch vielleicht nicht in dieser Reihenfolge.«
    »Gehört bewaffnete Meuterei zu deinem Plan? Weil...«
    Moseh rollte mit den Augen.
    »Ich habe nur versucht, mir vorzustellen, welche Rolle ein Mann wie ich in irgendeinem Plan spielen könnte – zumindest in einem, der nicht von einem Wahnsinnigen im Delirium entworfen wurde.«
    »Das ist eine Frage, die ich mir selbst häufig gestellt habe, bis heute. Ich gebe zu, dass du in einigen früheren Versionen des Plans über Bord geworfen werden solltest, sobald die Umstände es zuließen. Als aber heute fünfzehnhundert Geschütze aus den dreireihigen Batterien des Peñon und den dräuenden Türmen der Kasba ertönten, lösten sich, wie es scheint, ein paar hartnäckigere Blockaden in deinem Kopf und das machte deinen Verstand wieder klar – oder jedenfalls so klar wie überhaupt möglich. Und jetzt, Jack, kommt dir in dem Plan tatsächlich eine Rolle zu.«
    »Und dürfte ich gnädigst wissen, worum es sich dabei handelt?«
    »Ja natürlich, du wirst unser Janitschar sein.«
    »Aber ich bin doch gar kein...«
    »Nun mal langsam! Siehst du den Burschen, der Muscheln abkratzt?«
    »Welchen? Das müssen doch an die hundert sein.«
    »Der große Kerl, der aussieht wie ein Araber mit einem Hauch von Neger, kurz: der Ägypter.«
    »Den sehe ich.«
    »Das ist Nyazi – einer von der Backbord-Mannschaft.«
    »Ist er ein Janitschar?«
    »Nein, aber er hat genug Zeit unter ihnen verbracht, dass er dir beibringen kann, wie du als einer durchgehst. Von Dappa – dem Schwarzen dort – kannst du ein paar Worte Türkisch lernen. Und Gabriel – dieser japanische Jesuit – ist ein tapferer Fechter. Er wird dich im Handumdrehen in Bestform bringen.«
    »Warum genau verlangt dieser Plan einen falschen Janitscharen?«
    »Eigentlich verlangt er einen echten «, seufzte Moseh, »aber man muss im Leben mit dem zurechtkommen, was man hat.«
    »Damit ist meine Frage aber nicht beantwortet.«
    »Später, wenn wir alle zusammen sind, werde ich’s dir erklären.«
    Jack lachte. »Du redest wie ein Höfling, ein honigsüßer Schönfärber. Was meinst du damit, wenn du ›zusammen‹ sagst? An unseren
Halseisen zusammengekettet in irgendeinem Rattenloch unter dieser Kasba?«
    »Streich dir mal über den Hals, Jack, und sag mir: Fühlt deine Haut sich an, als hättest du vor kurzem ein eisernes Halsband getragen?«
    »Jetzt, wo du es sagst: Nein.«
    »Das Ende des Arbeitstages naht – dann werden wir in die Stadt gehen und die anderen treffen.«
    »Wie? Einfach so? Wie freie Menschen?«, fragte Jack und noch einiges mehr in ähnlichem Ton. Doch eine Stunde später erhob sich von mehreren hohen, quadratischen Türmen rund um die Stadt herum ein seltsames Heulen, und vom höchsten Punkt der Kasba aus wurde ein einzelner Schuss abgefeuert. Daraufhin legten sämtliche Sklaven ihre Werkzeuge hin und schlenderten allmählich, in Gruppen zu zweit oder zu dritt, über den Strand davon. Sieben von ihnen, die, wie Moseh ihm erklärt hatte, zu den zwei Ruderbänken aus seinem Plan gehörten, blieben noch einen Moment da, bis alle zum Aufbruch bereit waren; van Hoek, der Holländer, wollte nicht gehen, bevor er nicht mit allem fix und fertig war.
    Moseh bemerkte ein liegengebliebenes Handbeil, runzelte die Stirn, hob es auf und wischte

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