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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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werden – gegen die Syphilis gibt es kein Heilmittel. Ich befinde mich gerade in einem kurzen Zwischenstadium geistiger Gesundheit, mehr nicht.«
    »Ganz im Gegenteil – gewisse arabische und jüdische Ärzte von hohem Rang behaupten, dass der Körper vollkommen und auf Dauer von besagter Krankheit befreit werden kann, wenn der Patient es aushält, mehrere Tage hintereinander ein extrem hohes Fieber zu haben.«
    »Mir geht es zwar nicht gerade gut , aber Fieber habe ich keins.«
    »Aber vor ein paar Wochen bist du zusammen mit ein paar anderen schwer an der suette anglaise erkrankt.«
    »Nie von einer solchen Krankheit gehört – und dabei bin ich Engländer!«
    Moseh de la Cruz zuckte die Achseln, so gut das beim Abschlagen einer Ansammlung von Bernakelmuscheln mit einer rostzerfressenen Eisenhacke ging. »In dieser Gegend hier ist das eine wohlbekannte Krankheit – in diesem Frühjahr wurden ganze Häuserviertel von ihr befallen.«
    »Vielleicht haben sie den Fehler begangen, zu viel Musik zu hören...?«
    Moseh zuckte wieder die Achseln. »Es ist eine durchaus reale
Krankheit – vielleicht nicht so furchtbar wie manche von den anderen wie zum Beispiel die Aufgehenden Lichter, der Ring-Popel, die Lachende Niere oder die Briefe aus Venedig...«
    »Genug!«
    »Jedenfalls hast du sie dir eingefangen, Jack, und ein solches Fieber bekommen, dass sämtliche Tutsaklars im Banyolar vierzehn Tage lang Kebab auf deiner Stirn gebraten haben. Eines Morgens wurdest du schließlich für tot erklärt, aus dem Banyolar hinausgetragen und auf einen Wagen geworfen. Unser Besitzer schickte mich zur Finanzbehörde, um dem Hoca el-pencik Bescheid zu sagen, damit dein Besitztitel als ›verstorben‹ gekennzeichnet werden konnte, was ein notwendiger Schritt ist, wenn man einen Versicherungsanspruch geltend machen will. Der Hoca el-pencik wusste jedoch, dass ein neuer Pascha unterwegs war, und wollte sichergehen, dass alle Bücher in Ordnung waren, damit nicht bei einer Rechnungsprüfung irgendeine Unregelmäßigkeit entdeckt würde, die ihm wenigstens die Bastinado einbringen würde.«
    »Darf ich daraus schließen, dass Versicherungsbetrug unter Sklavenbesitzern an der Tagesordnung ist?«
    »Manche von ihnen sind vollkommen unmoralisch«, vertraute Moseh ihm an. »Ich wurde also angewiesen, den Hoca el-pencik zum Banyolar zu führen und ihm deinen Körper zu zeigen – allerdings erst, nachdem man mich Stunden um Stunden in seinem Hof hatte warten lassen, die Mittagsstunde gekommen und gegangen war und der Hoca el-pencik dort unter dem Zitronenbaum seine Siesta gehalten hatte. Schließlich gingen wir zum Banyolar – doch in der Zwischenzeit war dein Wagen zum Begräbnisplatz der Janitscharen gezogen worden.«
    »Wieso?! Ich bin genauso wenig ein Janitschar wie du.«
    »Schsch! Das war mir klar, Jack, nachdem ich mehrere Jahre neben dir angekettet gewesen war und deine autobiografischen Phantastereien gehört hatte: Geschichten, die anfangs einfach zu grotesk waren, um glaubhaft zu sein, dann aber doch einen gewissen Unterhaltungswert besaßen – und zuletzt, nach der hundertsten oder tausendsten Wiederholung...«
    »Halt! Bestimmt hast du selber auch langweilige und unerträgliche Eigenschaften, Moseh de la Cruz, aber du bist mir gegenüber im Vorteil, weil ich mich nicht an sie erinnern kann. Mich interessiert eigentlich nur eins: Warum dachten sie, ich wäre ein Janitschar?«

    »Der erste Hinweis war, dass du bei deiner Gefangennahme ein Janitscharenschwert trugst.«
    »Ausbeute einer routinemäßigen Leichenplünderung im Krieg, sonst nichts.«
    »Der zweite: Du hast mit einer solchen Tapferkeit gekämpft, dass man deinen Mangel an Fertigkeit kaum bemerkt hat.«
    »Ich wollte ja getötet werden, sonst hätte ich weniger vom einen und mehr vom anderen an den Tag gelegt.«
    »Drittens: Der unnatürliche Zustand deines Penis wurde als Zeichen strenger Keuschheit gedeutet...«
    »Richtig, gezwungenermaßen!«
    »... und als selbst auferlegt betrachtet.«
    »Ha! Das stimmt ganz und gar nicht...«
    »Halt!«, sagte Moseh und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ach, ich vergaß, das kennst du ja schon.«
    »Viertens: die auf deinem Handrücken eingebrannte arabische Ziffer sieben.«
    »Unsinn. Das ist der Buchstabe V, für Vagabund.«
    »Von der Seite gesehen könnte man ihn aber für eine Sieben halten.«
    »Und wieso macht mich das zu einem Janitscharen?«
    »Wenn ein neuer Rekrut den Eid ablegt und Yeni yoldash wird, was der

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