Congo
die Nase auf diesem Anwendungsgebiet vorn. Fünf Jahre, ist Ihnen klar, was das bedeutet?«
Karen Ross wußte, was das bedeutete. In einer Industrie, in der Wettbewerbsvorteile nach Monaten gemessen werden, hatten Unternehmen ganze Vermögen damit gemacht, daß sie dem Wettbewerb mit einer neuen Technik oder einem neuen Bauteil um wenige Wochen zuvorgekommen waren. Als alle Welt noch Speicherbausteine von 16 K (also mit einer Kapazität von sechzehntausend Byte) machte und von solchen mit 64 K träumte, hatte Syntel in Kalifornien als erster einen Baustein mit 256 K herausgebracht. Das Unternehmen vermochte seinen Vorsprung nur sechzehn Wochen lang zu halten, erzielte in dieser Zeit aber über hundertunddreißig Millionen Dollar Gewinn. »Und wir sprechen von fünf Jahren«, sagte Travis. »Dieser Zeitvorsprung bedeutet Milliarden von Dollar, vielleicht zweistellige Dollar-Milliarden. Voraussetzung ist, daß wir an diese Diamanten herankommen.«
Das waren die Gründe für den ungeheuren Druck, dem sich Karen Ross ausgesetzt fühlte, als sie am Computer weiterarbeitete. Mit vierundzwanzig Jahren war sie Expeditionsleiterin bei einem Wettrennen auf dem Gebiet der höchsten technischen Entwicklung, an dem ein halbes Dutzend Länder der Erde beteiligt waren, die alle eifersüchtig ihre Geschäfts-und Industriegeheimnisse voreinander hüteten.
Gemessen an diesem Einsatz erschien jeder gewöhnliche Wettlauf albern. Vor ihrem Aufbruch hatte Travis gesagt: »Machen Sie sich nichts daraus, wenn der Druck Sie zum Wahnsinn treibt. Sie tragen die Verantwortung für Milliarden Dollar. Geben Sie einfach Ihr Bestes.«
Indem sie genau das tat, gelang es ihr, die Zeitprojektion der Expedition um weitere drei Stunden und siebenunddreißig Minuten zu verkürzen — doch lagen sie immer noch geringfügig hinter der Planung des Konsortiums zurück. Nicht so schlimm, als daß sie es nicht hätten wettmachen können, vor allem mit Munros kaltblütigen Abkürzungen, aber sie lagen zurück — das konnte bei einem Wettlauf wie diesem, bei dem es um alles oder nichts ging, die Katastrophe bedeuten. Und dann kam die schlimme Nachricht.
Auf dem Bildschirm erschien die Schrift:
SCHMAROTZER ENTDECKT ALLES AUS.span>
»Verdammt noch mal«, sagte Karen Ross. Und plötzlich war sie todmüde. Wenn tatsächlich jemand die Leitungen angezapft hatte, waren ihre Aussichten, das Rennen zu gewinnen, jetzt unkalkulierbar gering, und das, bevor einer von ihnen auch nur einen Fuß in die Regenwälder Zentralafrikas gesetzt hatte.
2. Der Schmarotzer
Travis fühlte sich gefoppt.
Er las den ausgedruckten Bericht vom Goddard-Zentrum für Raumfahrt-Forschung in Greenbelt, Maryland: ERTS WARUM SCHICKEN SIE UNS ALL DIE MUHAVURA-DATEN INTERESSIEREN UNS IN KEINER WEISE TROTZDEM DANKE. Das war vor einer Stunde gekommen und damit um mehr als fünf Stunden zu spät.
»Verflucht und zugenäht!« sagte Travis, ohne die Augen von dem Fernschreiben zu nehmen.
Das erste Zeichen dafür, daß etwas nicht in Ordnung war, hatte Travis im schlagartigen Abbruch der Verhandlungen mit Munro durch die Japaner und Deutschen gesehen. Eben waren sie noch bereit gewesen, jeden Preis zu zahlen, im nächsten Augenblick konnten sie es kaum abwarten aufzubrechen. Das war wie aus heiterem Himmel und unvorhersehbar gekommen und konnte nur bedeuten, daß der Computer des Konsortiums über neue Daten verfügte. Neue Daten, aber woher?
Es gab nur eine mögliche Erklärung — und die wurde jetzt durch das Fernschreiben vom Zentrum für Raumfahrtforschung in Greenbelt, Maryland, bestätigt.
ERTS WARUM SCHICKEN SIE UNS ALL DIE MUHAVURA-DATEN.
Es gab darauf eine ganz einfache Antwort: die ERTS sandte keine Daten, zumindest nicht absichtlich. Zwischen der ERTS und dem Zentrum bestand eine Übereinkunft, Datenergänzungen auszutauschen und sich so gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen — dieses Abkommen hatte Travis 1978 getroffen, um billiger an Bilder von Landerkundungssatelliten zu kommen. Die Ausgaben für Satellitenbilder waren der größte Einzelposten in der Kostenrechnung seines Unternehmens. Als Gegenleistung für die Erlaubnis, die von der ERTS daraus abgeleiteten Daten zu benutzen, gewährte das Forschungszentrum ihr einen Bruttorabatt von dreißig Prozent auf die Lieferung von Satellitenbildern. Das schien damals ein guter Tausch, und die zu verwendenden Schlüssel wurden im Abkommen gleich mit aufgeführt. Doch jetzt erhoben sich die möglichen Nachteile drohend vor
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