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Congo

Congo

Titel: Congo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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machen.«
    Elliot hörte ihnen zu und hatte dabei ein unwirkliches Gefühl: sie sprachen über einen Unterschied von Stunden, an einem Tag, der noch in der Zukunft lag. »Aber Sie können doch«, sagte Elliot, »nicht allzuviel auf diese Zahlen geben, wenn man bedenkt, was in den nächsten Tagen noch passieren kann, was wir in Nairobi alles noch zu erledigen haben. Dann müssen wir in den Dschungel —«
    »Das ist nicht mehr wie bei früheren Afrika-Expeditionen«, sagte Karen Ross, »bei denen Trupps auf Monate im Busch verschwanden. Äußerstenfalls liegt der Computer ein paar Minuten daneben, sagen wir etwa eine halbe Stunde auf die gesamte Fünf-Tage-Planung umgelegt.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, wir haben eine Aufgabe und müssen etwas tun. Dafür steht zuviel auf dem Spiel.«
    »Sie meinen die Diamanten.«
    Sie nickte und wies auf den unteren Rand des Bildschirms, auf dem die Wörter BLAUER AUFTRAG erschienen. Er fragte sie, worum es dabei gehe.
    »Um eine ganze Menge Geld«, sagte Karen Ross.
    Und sie fügte hinzu, »glaube ich jedenfalls.« Sie wußte es tatsächlich nicht genau.
    Jeder neue Auftrag der ERTS bekam einen Codenamen. Nur Travis und der Computer kannten den Namen des Unternehmens, das einen Auftrag erteilte. Alle anderen, vom Programmierer bis zu den Leuten draußen im Busch, kannten die Projekte lediglich mit ihren Farbcodierungen: Roter Auftrag, Gelber Auftrag, Weißer Auftrag. Damit wurden die Geschäftsinteressen der beteiligten Unternehmen geschützt. Doch konnten die Mathematiker der ERTS es sich nicht verkneifen, lebhafte Ratespiele über die Herkunft der Aufträge zu veranstalten — sie waren Gesprächsgegenstand der täglichen Unterhaltungen in der Kantine.
    Der Blaue Auftrag war im Dezember 1978 gekommen. Darin wurde die ERTS aufgefordert, eine natürliche Quelle für Industriediamanten in einem Land zu finden, das, wenn schon nicht freundlich gesonnen, zumindest neutral war. Die Diamanten mußten vom Typ II b sein und aus »stickstoffarmen« Kristallen bestehen. Offenbar spielte die Kristallgröße keine Rolle, denn es war keine angegeben. Auch waren keine Fördermengen vorgeschrieben: der Auftraggeber würde nehmen, was er bekam. Das Ungewöhnlichste aber war, daß kein AKLE festgelegt war. Bei nahezu allen eingehenden Aufträgen war ein Abbau-Kosten-Limit pro Einheit festgelegt. Es genügte keineswegs, die Mineralien zu finden, sie mußten auch mit einem genau festgelegten Kostenaufwand abbaubar sein. In den Kosten pro Einheit Spiegelten sich jeweils die Mächtigkeit des Vorkommens, seine Entfernung, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, politische Umstände, die möglicherweise bestehende Notwendigkeit, Anlagen der Infrastruktur zu errichten wie Flugplätze, Straßen, Krankenhäuser, Schulen und Raffinerien oder Abbauschächte abzuteufeln und Stollen voranzutreiben.
    Wenn ein Auftrag ohne AKLE kam, konnte das nur eines bedeuten: irgend jemand brauchte blaue Diamanten so dringend, daß die Kosten für ihn keine Rolle spielten.
    Innerhalb von achtundvierzig Stunden hatte man sich in der Kantine der ERTS einen Reim auf den Blauen Auftrag gemacht. Diamanten vom Typ II b waren mit Fremdatomen verunreinigt, in diesem Fall mit Boratomen, die bei hoher Temperatur ins Ausgangsmaterial hineindiffundiert waren. Diese Dotierung führte zu einer Blaufärbung, die die Diamanten als Schmucksteine wertlos machte, zugleich aber ihre elektrischen Eigenschaften veränderte, so daß sie einen äußerst niedrigen Widerstandswert in der Größenordnung von einem Ohm mal Meter hatten. Außerdem besaßen sie die Fähigkeit der optischen Lichtleitung.
    Dann fand jemand einen kurzen Artikel in Electronic News vom 17. November 1978: »Das McPhee-Verfahren wurde aufgegeben«. Darin hieß es, die Silec Inc. aus Waltham, Massachusetts, habe das im Experimentierstadium befindliche McPhee-Verfahren zur künstlichen Dotierung von Diamanten mit einer Monomolekularschicht aus Bor aufgegeben. Es war zu teuer und erzielte nicht mit genügender Zuverlässigkeit die »erwünschten halbleitenden Eigenschaften«. Der Artikel schloß damit, daß andere Firmen ebenfalls die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einfachbeschichtung unterschätzt hatten.
    Beispielsweise habe »Morikawa aus Tokio im September dieses Jahres das Nagaura-Verfahren aufgegeben«. Indem sie aus diesen Angaben ihre Schlüsse zogen, brachten die Mitarbeiter in der ERTS-Kantine zusätzliche Stückchen des Puzzles an die richtige Stelle.

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