Congo
Travis, der seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt sah. Wer von Houston nach Greenbelt eine Leitung über dreitausend Kilometer legte, lud andere förmlich dazu ein, sie anzuzapfen.
Irgendwo zwischen Texas und Maryland hatte jemand ein Datengerät angeschlossen wahrscheinlich in der Trägerfrequenz-Telefonleitung — und Daten über einen Trittbrettfahrer-oder Huckepack-Computer herausgeholt. Diese Form der Industriespionage fürchteten sie am meisten: einen Huckepack-Computer, der als Schmarotzer zwischen zwei »echten« Abruf-und Eingabestellen auf die Leitung geschaltet wurde und alles mitbekam, was in beiden Richtungen gesendet wurde. Nach einer Weile wußte der Mensch an diesem Computer genug, um selbst in die Leitung hineinzugehen und aus beiden Richtungen Daten zu holen, indem er sich gegenüber Houston als Zentrum für Raumfahrtforschung und diesem gegenüber als Houston ausgab. Ein solcher Huckepack-Computer konnte so lange arbeiten, bis einer oder beide der Teilnehmer merkten, daß die Leitung angezapft war.
Die Frage lautete jetzt: Was hatte der Trittbrettfahrer in den letzten zweiundsiebzig Stunden in Erfahrung gebracht? Travis hatte Kontrollen mittels Abtaster rund um die Uhr angefordert, aber ihre Ergebnisse waren niederschmetternd. Es schien, als habe der Computer der ERTS nicht nur Bestandteile seiner Datei hergegeben, sondern auch Einzelheiten zur Auswertung der darin enthaltenen Daten — praktisch die gesamte Datenverarbeitung der ERTS im Verlauf der letzten vier Wochen.
Wenn das stimmte, konnte es nur bedeuten, daß der Huckepack-Computer des europäischjapanischen Konsortiums über die Veränderung informiert war, die die ERTS an den Muhavura-Daten vorgenommen hatte — und damit kannten sie natürlich auch haargenau die Koordinaten der toten Stadt. Sie kannten die Lage der Stadt jetzt ebenso genau wie Ross.
Die Zeitprojektionen mußten angepaßt werden, was für die Expedition der ERTS einen Rückschlag bedeutete. In einem Punkt ließen die auf den neuesten Stand gebrachten Computer-Projektionen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig — Karen Ross hin oder her, die Wahrscheinlichkeit, daß die ERTS-Leute vor den Japanern und Deutschen an Ort und Stelle eintrafen, war praktisch gleich Null.
Von Travis’ Standpunkt aus gesehen war damit das ganze Unternehmen ein Schlag ins Wasser und reine Zeitvergeudung. Es bestand keine Hoffnung auf Erfolg. Die einzige nicht kalkulierbare Größe war Amy, aber Travis hatte das sichere Gefühl, daß ein Gorilla namens Amy bei der Entdeckung abbauwürdiger Minerallager im Nordostkongo keine entscheidende Rolle spielen konnte.
Es war aussichtslos.
Ob er die Gruppe zurückrief? Erschöpft blickte er auf die Konsole neben seinem Schreibtisch. »Zeit-Kosten-Analyse abrufen«, sagte er.
Auf dem Computerschirm leuchtete auf: ZEIT-KOSTEN-ANALYSE ABRUFBEREIT. »Kongo-Expedition«, sagte er.
Auf dem Bildschirm marschierten die Zahlenkolonnen für die Kongo-Expedition auf:
Kosten pro Stunde, Gesamtkosten, voraussichtliche weitere Kosten, Abbruchzeitpunkte, weitere mögliche Kostenverzweigungen… Die Gruppe war jetzt fast in Nairobi, und das Projekt hatte bisher Gesamtkosten von knapp hundertneunzigtausend Dollar verursacht. Ein Rückruf würde zweihundertsiebenundzwanzigtausendvierhundertfünfundfünfzig Dollar kosten. »Faktor BF«, sagte er.
Eine andere Anzeige erschien. BF. Er hatte jetzt eine Reihe von Wahrscheinlichkeitsberechnungen vor sich. Der »Faktor BF« stand für bonafortuna, glückliche Umstände vorausgesetzt — was sich bei keiner Expedition berechnen ließ, vor allem nicht bei solchen, die in ferne und gefährliche Gebiete vordrangen. BEDENKZEIT leuchtete die Bildschirmschrift auf. Travis wartete. Er wußte, daß es einige Sekunden dauern würde, bis der Computer die willkürlichen Faktofen gewichten konnte, deren Eintreten die Erfolgsaussichten der Expedition, die noch fünf oder mehr Tage von ihrem Ziel entfernt war, möglicherweise zu beeinflussen vermochten.
Der Summer auf seinem Schreibtisch ertönte.
Rogers, der Spezialist für das Aufspüren von Zapfstellen, sagte: »Wir haben den Schmarotzer. Er steht in Norman, Oklahoma, angeblich in der North Central Insurance Corporation of America. Sie gehört zu einundfünfzig Prozent einer hawaiischen Holding, Haiekuli Inc., ihrerseits Tochter eines Unternehmens mit Sitz in Japan. Was sollen wir machen?«
»Ein großes Feuer«, sagte Travis. »Alles klar«, sagte Rogers und legte den
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