Congo
sagte, es sei traurig, und Munro erwiderte, es sei unvermeidlich.
»Der Zweck des Lebens«, sagte Munro, »ist es, am Leben zu bleiben. Beobachten Sie einmal ein Tier in der Natur — es versucht nichts anderes, als am Leben zu bleiben. Es kümmert sich nicht um Aussichten oder Glaubenshaltungen. Immer dann, wenn das Verhalten eines Tiers es die Beziehung zur Wirklichkeit seines Daseins verlieren läßt, verschwindet es als Art von der Bildfläche. Die Kigani haben nicht erkannt, daß die Zeiten sich geändert haben und daß ihr Glaube nicht funktioniert. Damit sind sie zum Untergang verurteilt.«
»Vielleicht gibt es eine höhere Wahrheit als die, einfach am Leben zu bleiben«, sagte Karen Ross.
»Bestimmt nicht«, sagte Munro.
Sie sahen noch einige weitere Kigani-Trupps, gewöhnlich aus einer Entfernung von vielen Kilometern. Am Ende des Tages, nachdem sie die schwankende Holzbrücke über die Moruti-Schlucht überquert hatten, verkündete Munro, sie seien jetzt aus dem Kigani-Gebiet heraus und zumindest vorläufig in Sicherheit.
3. Im Lager Moruti
In einer hoch gelegenen Lichtung oberhalb von Moruti, dem »Ort sanfter Winde«, rief Munro Anweisungen auf swahili, und Kahegas Träger begannen, ihre Lasten auszupacken. Karen Ross sah auf die Uhr. »Machen wir Schluß?«
»Ja«, sagte Munro.
»Aber es ist erst fünf Uhr. Wir haben noch zwei Stunden Tageslicht.«
»Wir schlagen das Lager hier auf«, sagte Munro.
Moruti lag in fünfhundert Meter Höhe. Noch zwei Stunden, und sie hätten den weiter unterhalb liegenden Regenwald erreicht. »Hier ist es kühler und angenehmer.«
Karen Ross sagte, sie mache sich nichts aus Annehmlichkeiten. »Warten Sie nur ab«, sagte Munro.
Um möglichst schnell vorwärts zu kommen, wollte Munro die Expedition, wo immer das möglich war, aus dem Regenwald heraushalten. Man konnte sich nur langsam und mühsam durch den Dschungel arbeiten, und sie würden mehr als genug Erfahrungen mit Schlamm, Zecken und den verschiedensten Spielarten von Fieber machen.
Kahega rief ihm auf Swahili etwas zu. Munro wandte sich an Karen Ross und sagte: »Kahega möchte wissen, wie man diese Zelte aufstellt.«
Kahega hielt eine faltige silberfarbene Gewebekugel in der ausgestreckten Hand. Die anderen Träger waren ebenso verwirrt und suchten in ihren Lasten nach den vertrauten Zeltpfosten oder Stäben, ohne jedoch dergleichen zu finden. Die ERTS hatte sich 1977 ihre Ausrüstung für Expeditionslager von einer Arbeitsgruppe der NASA entwickeln lassen. Dabei war man von der Erkenntnis ausgegangen, daß sich die Ausrüstung von Expeditionen in die Wildnis seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr grundlegend geändert hatte.
»Entwicklungen für neuzeitliche Forschungsunternehmen sind überfällig«, hatte die ERTS gesagt und Verbesserungen gefordert, die vor allem das Gewicht, die Bequemlichkeit und die Leistungsfähigkeit der Ausrüstung für Expeditionen betrafen. Die NASA hatte alles umkonstruiert, von Bekleidung und Stiefeln bis hin zu Zelten und Kochgeräten, Nahrungsmitteln, Speiseplänen, Erste-Hilfe-Päckchen und Nachrichtensystemen für Expeditionen der ERTS in unerforschte Gebiete.
Die neuen Zelte waren kennzeichnend für die Art, wie die NASA an solche Aufgaben heranging. Man war zu dem Ergebnis gekommen, daß bei herkömmlichen Zelten der größte Teil des Gewichts auf stützende Elemente entfiel. Außerdem waren Einschichtzelte schlecht isoliert. Also konnte, wer Zelte ordentlich isolierte, das Gewicht von Kleidung und Schlafsäcken vermindern und damit auch den täglichen Kalorienbedarf der Expeditionsteilnehmer.
Da Luft ein ausgezeichnetes Isoliermittel ist, bestand die naheliegende Lösung in einem aufblasbaren Zelt ohne stützende Teile: Die NASA entwickelte eines, das ganze 170 Gramm wog. Mit einer leise pfeifenden Fußpumpe blies Karen Ross das erste Zelt auf. Es bestand aus zweilagigem, silberbeschichtetem Mylar und sah aus wie eine leuchtende verrippte Nissenhütte. Die Träger klatschten vor Vergnügen in die Hände, Munro schüttelte belustigt den Kopf und Kahega holte einen kleinen silberglänzenden Kasten von der Größe eines Schuhkartons hervor. »Und das? Was ist das?«
»Das brauchen wir heute nacht nicht. Das ist eine Klimaanlage«, sagte Karen Ross.
»Keinen Schritt im Busch ohne Klimaanlage«, sagte Munro. Karen Ross warf ihm einen finsteren Blick zu. »Untersuchungen haben erwiesen«, sagte sie, »daß der Faktor, der die Arbeitsleistung am meisten zu
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