Congo
koordinieren, und genau das konnte sie nicht. Doch hatte man bei der ERTS verschiedene Möglichkeiten gegen solche Störungen entwickelt. Die spielte sie jetzt eine nach der anderen durch, und schließlich gelang es ihr, die Störung mittels einer »Intervallverschlüsselung« genannten Technik zu durchbrechen. Sie machte sich zunutze, daß es auch bei Musik, bei der die Töne dicht aufeinanderfolgen, stille Zwischenräume gibt, die nur tausendstel Sekunden dauern. Man konnte die Störsignale aufzeichnen, Regelmäßigkeiten in der Abfolge dieser stummen Intervalle feststellen und während der »Stillphasen« stoßweise senden. Karen Ross sah jetzt mit Befriedigung ein mehrfarbiges Bild auf dem kleinen Bildschirm — eine Karte der Gegend des Kongo, in der sie sich gerade befanden. Sie gab die Lagearretierung ein, woraufhin auf dem Bildschirm eine Leuchtanzeige aufflackerte. Der Text wurde in »Kurzzeilen« durchgegeben, einer speziell für kleine Bildschirme entwickelten, verkürzenden Schreibweise. UEBRPRUEPN ORTSZT: BITE BESTAETGN 18.04 H 6/17/79. Sie bestätigte, daß es nach Ortszeit kurz nach achtzehn Uhr war.
Sogleich bildeten sich kreuzende Linien ein verschlüsseltes Muster, während die Ortszeit und die geographische Lage ihres Standorts mit einem vor dem Aufbruch der Expedition vom Computer aufgezeichneten simulierten Programm verglichen wurden.
Karen Ross war auf unangenehme Nachrichten gefaßt. Überschlägig gerechnet lagen sie inzwischen etwa siebzig Stunden hinter ihrer ursprünglichen Zeitplanung und etwas mehr als zwanzig hinter dem Konsortium zurück.
Ihre Planung hatte vorgesehen, daß sie am 17. Juni um vierzehn Uhr am Muhavura abspringen und etwa sechsunddreißig Stunden später, also am 19. gegen Mittag, in Zinj ankommen sollten. Damit wären sie fast zwei Tage vor den Konkurrenten am Ziel gewesen.
Der Raketenangriff hatte sie gezwungen, gut hundertzwanzig Kilometer südlich von der vorgesehenen Stelle abzuspringen. Der vor ihnen liegende Dschungel war vielgestaltig, und selbst wenn sie davon ausgingen, durch das Befahren von Flüssen Zeit gutzumachen, würden sie für die zu bewältigenden hundertzwanzig Kilometer doch mindestens drei Tage brauchen. Das hieß: Sie durften nicht mehr damit rechnen, ihr Ziel vor dem Konsortium zu erreichen. Sie würden von Glück sagen können, wenn sie, statt mit einem Vorsprung von achtundvierzig Stunden, nur vierundzwanzig Stunden zu spät ankamen. Zu ihrer Überraschung leuchtete auf dem Bildschirm auf: TJEBB-PRUEFN OETSZT: — 09.04 H HUT AB! Sie hatten gegenüber der simulierten Zeitprojektion nur neun Stunden verloren! »Was heißt das?« fragte Munro mit einem Blick auf den Bildschirm.
Es gab nur eine mögliche Erklärung. »Dem Konsortium muß irgend etwas in die Quere gekommen sein«, sagte Karen Ross. Auf dem Bildschirm lasen sie nun:
EURO/JAP LEUT AERGR FLUGHFN GOMA/ZAIR MASCHIÜT SOL RADIOAKTV SEIN: PECH GHABT.
»Travis hat offenbar in Houston ein paar Beziehungen spielen lassen«, sagte Karen Ross. Sie konnte sich vorstellen, was es die ERTS gekostet haben mußte, diesen Zwischenfall auf dem kleinen Feldflugplatz von Goma zu arrangieren. »Das bedeutet, daß wir es noch immer schaffen können, falls wir die neun Stunden herausschinden.«
»Das kriegen wir hin«, sagte Munro.
Im Schein der hier, in der Nähe des Äquators, rasch untergehenden Sonne leuchtete das Lager Moruti wie eine Handvoll glitzernder Juwelen — eine silberne Parabolantenne, die fünf silberkuppeln der Zelte, alles spiegelte sich in den Strahlen der sinkenden Sonne. Peter Elliot saß mit Amy auf der Kuppe des Hügels und betrachtete versonnen die sich vor ihm erstreckende Weite des Regenwalds.
Als die Nacht hereinbrach, sah man erste verschwommene Dunstfäden, und während mit zunehmender Dunkelheit in der sich abkühlenden Luft immer mehr Wasserdampf kondensierte, lag der Wald bald in dichtem, immer undurchdringlicherem Nebel.
6. Tag
Liko
18. Juni 1979
1. Regenwald
Am Morgen des folgenden Tages drangen sie in den feuchten Regenwald am Kongo ein, der in einer immerwährenden Düsternis liegt.
Munro bemerkte, daß ihn wieder das von früher bekannte Gefühl der Bedrücktheit und des Eingeschlossenseins beschlich, verbunden mit einer seltsamen, übermächtigen Mattigkeit. Als Söldner am Kongo in den sechziger Jahren hatte er den Dschungel gemieden, wo immer das möglich war.
Die Mehrzahl der militärischen Auseinandersetzungen hatte in freiem Gelände
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