Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See
ihrem Ohr, dass sie seinen Atem spüren konnte.
Hastig schlüpfte sie in die Ãrmel ihres Mantels und eilte davon.
»Eine Flucht steht Ihnen nicht«, rief er ihr nach. »Sie sind eine Frau der Tat. Lassen Sie uns gemeinsam zur Tat schreiten.«
Kapitel 39
Es war einer der Tage, die Steiner das trügerische Gefühl vermittelten, alles sei wie immer. Er ging durch das Dickicht, das sich wie ein wirres Geflecht über weite Strecken des Waldbodens schlängelte, ihm jede Bewegung erschwerte, weil sich die grauen, dürren Zweige wie Greifarme um seine Arme und Beine legten und ihm die Notwendigkeit vor Augen hielten, dass er mehr zu tun hatte, als den Holzeinschlag, um neue Bäume anzupflanzen. Der Limberg war ein Wald, der einem Dschungel gleichkam. Die Dichte, die Undurchdringlichkeit, hatten etwas Abenteuerliches â und das mitten in der Zivilisation.
Sein Handy stand in letzter Zeit dauerhaft auf Rufbereitschaft, aber es klingelte nicht. Wann traf endlich die Nachricht ein, dass seine Tochter wohlbehalten gefunden wurde? Er fühlte sich vor Wut und Hilflosigkeit innerlich zerrissen. Wäre er noch bei der Polizei, wäre er über jeden Schritt informiert, könnte selbst Anweisungen geben, könnte das Schicksal seiner Tochter selbst in die Hand nehmen. Aber er war Förster â er hatte jeglichen Einfluss freiwillig aufgegeben.
Moritz hechelte neben ihm her. Steiners Blick fiel auf seinen Hund. Die schlechte körperliche Verfassung lieà sein Herz schwer werden.
»Du wolltest doch mitkommen, alter Junge«, sprach er aufmunternd.
Moritz setzte sich mit heraushängender Zunge nieder, schaute dabei seinen Herrn so dankbar an, dass Steiner Mühe hatte, ihn nicht zu umarmen und nie mehr loszulassen. Die Angst, das treue Tier zu verlieren, wuchs.
Mühsam kraxelte er weiter. Die Arbeit fiel ihm schwerer als sonst. Seine Sorgen lasteten auf seinen Schultern wie ein bleiernes Gewicht. Wieder ein Baum, den er auszeichnete, wieder ein umgestürzter Stamm, der zersägt und verkaufsfertig eingeteilt werden musste.
Moritz saà erneut auf dem kalten Boden.
Steiner spürte, dass es unzumutbar für den Hund war, ihm durch das unwegsame Gelände zu folgen. Er bückte sich zu dem treuen Tier nieder und streichelte über das braun-weiÃe Fell.
Was war das? Das Fell fühlte sich ganz kalt an. Erschrocken beschloss er, Moritz nach Hause zu fahren. Seine Arbeit würde er noch rechtzeitig zu Ende bringen. Nun hatte der Hund Vorrang.
Langsam und geduldig legte Steiner den Weg zum Auto zurück, immer darauf achtend, dass Moritz an seiner Seite blieb. Die Beine des Hundes zitterten, sein ganzer Körper wirkte kraftlos. Steiner spürte Unbehagen. Hatte er dem Hund zu viel zugemutet?
Im Haus angekommen, legte sich Moritz ohne Umwege in sein Körbchen, warf Steiner mit seinen unverwechselbaren treuen Augen noch einen Blick zu, bevor er sie schloss und sofort einschlief.
Wie versteinert saà Steiner auf dem Boden vor dem Hundekorb. Er sah, wie sich der Brustkorb hob und senkte, eine Bewegung, die ihn beruhigte und langsam einlullte.
Plötzlich schrillte sein Handy.
In der Hoffnung, etwas von seiner Tochter zu hören, brüllte er seinen Namen hinein.
»Oh, wie lebendig!«
Steiner stutzte.
»Dabei solltest du tot sein!«
»Wer spricht da?«
»Nenn mich Abaddon!«
»Wer ist das?«
»Ich bin Abaddon, der Geisterfürst! In den Nächten trinke ich Blut als Sakrament des Todes â keiner hält mich auf. Nun liegt das Schicksal deiner Tochter in meiner Hand.«
»Oh mein Gott! Marianne, sie ist bei Ihnen. Lebt sie noch?«
»Der Tod verliert sein Vergnügen. Ein Mord ist nur ein Mord. Aber töten; wie kann man das Geschenk beschreiben, den Tod eines anderen Menschen zu sehen? Ich zögerte den Moment der Vorfreude heraus.«
»Wo ist sie? Geht es ihr gut? Kann ich sie holen kommen?«
»So viele Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt: Nein!«
»Nein? Was soll das heiÃen?«
»Sie ist eine verlogene Gothic-Braut, die mir vorgeben will, eine wie ich zu sein. Aber ich bin Abaddon, keiner ist mir ebenbürtig.« Kurze Pause. Steiner hörte nur atmen. »Das verlorene Kind hat seine Prüfung nicht bestanden. Nun geht es ihm nicht mehr gut.« Im letzten Satz lieà er ein Bedauern mitschwingen, dass es Steiner eiskalt über den Rücken lief.
»Was muss ich
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