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Conviva Ludibundus

Conviva Ludibundus

Titel: Conviva Ludibundus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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Bord Kollege Doktor Klimm. Und öfter werden wir, wenn es notwendig scheint, auch Medienbesuch erhalten. Sie werden auf Ihre Kosten kommen, Frau Kutzenbacher, das garantiere ich. Jetzt geht es aber erst mal in aller Stille vor sich.
      Frau Kutzenbacher öffnete den Mund, es schien, sie sagte, das ist doch mal was anderes, in aller Stille, das liebe ich.
      Doch hörten wir es nicht, weil mit erschütterndem Getöse „Totalmobil 01“, der Chang, sich auf Kai 17 niederließ; er kam mit angeknickten Beinen auf uns zugestelzt.
      Frau Kutzenbacher faßte mich am Arm, ein Zittern schien durch ihre Hand zu laufen, ich blickte auf den durchsichtigen Schnabel des Schauertiers, der Kreuzung zwischen aufgeblasenem Hirschkäfer und Albatros und Storch. Der Schnabel wippte leicht.
      Ich sah den Kapitän, der seine Rechte an die Mütze legte und vornehm nickte. Er war knallweiß uniformiert, Knöpfe und Achselstücke blendeten goldartig.
      Ist das auch wirklich Nickelsen? Hat mir Freund Mittelzwerck nicht einen anderen Käptn untergeschoben?
      Unter der Mütze waren jedoch die Spitzen seiner Ohren sichtbar, Spitzen von Teufelsohren. Ich faßte mich an meine eigenen, ich dachte beruhigt, ein bißchen teufelig sind die ja auch.
      Dann fuhren Greiferklauen aus dem Chang, ergriffen nacheinander uns und auch den Krempel der Frau Kutzenbacher, schwenkten uns durch die Luft und zogen uns ins Innere des Chang. Sie funktionierten derart fein, daß sie jeden fünfzehn Sekunden lang dort oben hängenließen, damit die Medienvertreter, mit Sondergenehmigungen ausgestattet, uns filmen konnten. Frau Kutzenbacher billigten sie dreißig Sekunden zu.

    9

    Aus meinen reichen Erfahrungen hatte Freund Mittelzwerck zwar dringend schöpfen wollen, aber nun waren wir bereits zehn oder noch mehr Wochen unterwegs, hatten sämtliche Ozeane schiffend, fliegend, schaumschlagend oder schaumgebremst durch- oder über- und auch unterquert, und immer noch schienen Freund Mittelzwerck die eigenen Erfahrungen auszureichen.
      Vielleicht, dachte ich amüsiert, hat er die Schöpfkelle vergessen, mit der er schöpfen wollte, und weiß nun nicht, wie er an meine reichen Erfahrungen herankommen soll.
      Aber wahrscheinlich brauchte er sie nicht, er hatte einen feinstrukturierten Plan, den er netzartig über die Ozeane warf, ein mathematisches Gebilde, an dem Frau Doktor Dagmar Mittelzwerck mitstrickte, wobei Komponenten berücksichtigt wurden wie mußmaßliche Geschwindigkeit der Ludibundi (ich hatte diesen Namen inzwischen preisgegeben, damit nicht dauernd nur von jenen Räubern, den Menschheitsfeinden, gesprochen wurde, conviva ludibundus, spielender Tischgast, und beide Mittelzwercks sowie auch Klimm sprachen ihn sanft ironisch aus, na, unser lieber Tischgast, der ungebetene Gast), die Zeit, die seit dem Leerfressen des Meeresgartens verstrichen war, die mutmaßliche Größe der Ludibundi.
      Mittelzwerck legte eine Art Delphin zugrunde, zog aber auch noch größere Körper in Betracht, erwog auch, ob nicht ein einziger fischartiger Körper den Raub getätigt hätte, und baute diese und noch andere Möglichkeiten in sein System.
      Außerdem standen ihm dermaßen viele Spezialgeräte zur Verfügung, von denen ich noch nie gehört hatte oder durch deren Arbeitsweise ich nicht durchsah, daß er noch lange nicht von meinen reichen Erfahrungen zu schöpfen brauchte, zumal er ja ein großer Physiker und Technologe war und ich nur Meeresbiologe mit einer technischen Von-Fall-zuFall-Bildung, eine fragwürdige Existenz also, an die man sich erst wendet, wenn nichts mehr hilft. Wie man sich schließlich, wenn auch ver schämt, zum Arzt bemüht, wenn der Gesundheitsautomat bei aller Fürsorge und Liebe nichts finden kann.
      So gestaltete sich mein Leben auf dem Chang recht ruhig. Ich hatte weniger zu tun und wurde weniger angesprochen als je in meinem Haus am Meeresgarten. Nur beim Essen, das wir auf Wunsch Freund Mittelzwercks gemeinsam an einem weißen, eiförmigen Tisch in einem weißen, eiförmigen Raum einnahmen, sah ich die Forschergruppe.
      Ich saß am rechten oberen Ende des Eies, weil dies nach einer mir nicht ganz klaren Ordnung der Ehrenplatz sein soll, wo man die ranghöchsten Persönlichkeiten plaziert.
      Und die Kollegen ehrten mich dermaßen, daß sie zu meinen beiden Seiten drei Plätze frei ließen, um sich nicht unvornehm an mich zu drängen.
      Der Platz des Kapitäns blieb meistens sowieso leer, obwohl da immer ein

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