Cook, Robin
fünfundvierzigtausend Dollar. Dafür kann man sich wohl mal ein bisschen pieksen lassen.«
»Ob der Eingriff wohl unter Narkose durchgeführt wird?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Deborah. »Die Frage müssen wir auch den Experten stellen.«
»Du scheinst es wirklich ernst zu meinen.«
»Im Grunde können wir ja auch nur gewinnen. Wir streichen einen fetten Batzen Geld ein, und einigen Paaren wird ihr Kinderwunsch erfüllt. Es kommt mir so vor, als würde man für seine Großherzigkeit bezahlt.«
»Ich wünschte, wir könnten mit einer Frau reden, die diesen Eingriff schon mal über sich hat ergehen lassen«, sagte Joanna.
»Vielleicht ist das sogar möglich«, entgegnete Deborah. »Das Thema Eizellspende kam irgendwann in einer Laborgruppendiskussion im Biologieseminar 101 auf, das ich im vergangenen Semester geleitet habe. Damals hatte die Wingate Clinic gerade ihre erste Anzeige im Crimson geschaltet. Eine der Studentinnen aus dem ersten Studienjahr hat erzählt, man habe sie interviewt und akzeptiert. Sie war fest entschlossen, den Eingriff durchführen zu lassen.«
»Weißt du noch, wie sie hieß?«
»Nein, aber ich weiß, wie ich es herausfinden kann. Sie und ihre Mitbewohnerin haben sich einen Laborplatz geteilt, und sie waren beide hervorragende Studentinnen. Ich muss die Namen in meinen Seminaraufzeichnungen vermerkt haben. Warte mal kurz, dann hole ich sie.« Während Deborah in ihr Zimmer eilte, versuchte Joanna die vergangene halbe Stunde ihres Lebens zu verdauen. Sie war immer noch vollkommen durcheinander und fühlte sich ein wenig schwindelig. Die Ereignisse schienen sich förmlich zu überschlagen.
»Voilà!«, rief Deborah kurz darauf aus ihrem Zimmer. Im nächsten Moment stand sie mit dem aufgeklappten, in eine Schutzhülle eingeschlagenen Seminarbuch in der Tür und lief zum Schreibtisch. »Weißt du, wo das Campus-Telefonbuch ist?«
»In der zweiten Schublade rechts«, erwiderte Joanna. »Wie heißt sie denn?«
»Kristin Overmeyer«, antwortete Deborah. »Und ihre Mitbewohnerin heißt Jessica Detrick. Sie waren Laborpartnerinnen und haben von allen Seminarteilnehmern mit den besten Noten abgeschnitten.« Sie nahm das Telefonbuch aus der Schublade und schlug die entsprechende Seite auf. »Komisch. Sie steht nicht drin. Wie kann das sein?«
»Vielleicht hat sie Harvard verlassen«, mutmaßte Joanna.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, murmelte Deborah. »Sie war eine hervorragende Studentin.«
»Vielleicht war die Eizellspende zu viel für sie.«
»Das meinst du doch wohl nicht im Ernst, oder?«
»Nein«, erwiderte Joanna. »Aber komisch ist es schon.«
»Dann muss ich der Sache wohl auf den Grund gehen«, stellte Deborah fest, »sonst nimmst du das Abtauchen von Kristin Overmeyer noch als Vorwand, nicht in der Klinik vorzusprechen.« Während sie sprach, schlug sie eine andere Seite auf, entdeckte die Nummer, die sie suchte, und wählte.
»Wen rufst du denn jetzt an?«
»Jessica Detrick«, erwiderte Deborah. »Vielleicht kann sie uns sagen, wo wir Kristin erreichen können. Fragt sich nur, ob Jessica an einem Freitagabend in ihrem Zimmer hockt und lernt.«
Sie war in ihrem Zimmer, das erkannte Joanna an Deborahs hochgerecktem Daumen. Als sich Deborahs Miene plötzlich verdüsterte und sie Dinge sagte wie »Oje, das ist ja furchtbar« oder »Das tut mir Leid« und »Was für eine Tragödie«, hörte Joanna aufmerksam zu.
Nach einer ganzen Weile beendete Deborah das Gespräch und legte langsam den Hörer auf. Dann drehte sie sich zu Joanna um. Sie war tief in Gedanken versunken und kaute an der Innenseite ihrer Wange.
»Und?«, fragte Joanna. »Willst du mir nicht sagen, was los ist? Von was für einer Tragödie habt ihr gesprochen?«
»Kristin Overmeyer ist verschwunden«, erwiderte Deborah. »Sie und eine Kommilitonin namens Rebecca Corey wurden zuletzt von einem Angestellten der Wingate Clinic gesehen, als sie unmittelbar nach Verlassen der Klinik einen Anhalter in ihr Auto haben steigen lassen.«
»Dass im vergangenen Frühjahr zwei Studentinnen verschwunden sind, habe ich sogar gehört«, entgegnete Joanna. »Ihre Namen habe ich allerdings nie erfahren.«
»Wie konnten sie bloß einen Anhalter mitnehmen?«
»Vielleicht kannten sie ihn ja.«
»Mag sein«, entgegnete Deborah. Diesmal lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. »Solche Geschichten lassen mir das Blut in den Adern gefrieren.«
»Wurden die beiden denn nie gefunden? Was ist mit den Leichen?«
»Man
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