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Cook, Robin

Titel: Cook, Robin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schock
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Jahrhundert muss er den Leuten hier draußen in der Provinz als Ersatz für das nicht vorhandene Unterhaltungsangebot gedient haben.« Sie lachte wieder, diesmal mehr unecht als unsicher. »Damals war man nach Boston einen ganzen Tag mit der Pferdekutsche unterwegs. Wenn die Angestellten des Sanatoriums dienstfrei hatten, gab es nicht viel für sie zu tun. Kommen Sie – ich zeige Ihnen den Saal.«
    Sie marschierte los, doch sie schlug nicht die Richtung ein, in die sie ursprünglich gegangen waren, sondern die entgegengesetzte. Deborah war an einer Besichtigung des Autopsieraums nicht interessiert und versuchte sie auf sich aufmerksam zu machen, um ihr zu bedeuten, dass sie lieber weitergehen wollten, doch vergebens. Also folgte sie ihr schließlich. Joanna ging wohl oder übel ebenfalls hinterher, da sie nicht allein zurückbleiben wollte.
    »Cindy!«, rief Deborah und beschleunigte ihren Schritt. »Wir möchten uns lieber den Organraum ansehen!«
    Entweder hatte sie schlechte Ohren, oder sie ignorierte Deborah einfach – jedenfalls steuerte Cindy unbeirrt eine mit Leder verkleidete Schwingtür mit kleinen ovalen Fenstern an. Sie stieß die rechte Hälfte auf, beugte sich in den dunklen Raum und schaltete das Licht an. Im gleichen Augenblick ertönte ein dumpfes Geräusch, und es gingen große, altmodische halbkugelförmige Lichter an. Sie waren oben an der Decke angebracht und dienten als Scheinwerfer, die den antiken Autopsietisch aus Metall beleuchteten.
    Joanna, die inzwischen zu den anderen aufgeschlossen hatte, warf einen Blick in den Raum und hielt die Luft an. Der Saal erinnerte sie mit der Zuschauertribüne, die in die Dunkelheit hinaufführte, noch mehr an das grausige Gemälde, das eine Anatomiestunde darstellte, als der Operationssaal oben, in dem man bei ihr den Eingriff vorgenommen hatte.
    »Sehr interessant«, stellte Deborah mit sarkastischem Unterton fest, nachdem sie die Szenerie mit einem schnellen Blick erfasst hatte. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir jetzt aber wirklich gern den Organraum besichtigen.«
    »Wollen wir nicht noch einen Blick auf die alten Autopsieinstrumente werfen?«, schlug Cindy vor. »Meine Kollegen und ich haben kürzlich noch darüber gewitzelt, ob man die Geräte nicht nach Hollywood schicken sollte, wo sie bestimmt noch einmal für einen Horrorfilm eingesetzt werden könnten.«
    »Bitte zeigen Sie uns jetzt den Organraum!«, forderte Joanna die technische Assistentin auf.
    »Gern«, entgegnete Cindy und schaltete das Licht aus. Dann ging sie weiter und sah nervös auf die Uhr. Während Joanna die Geste bemerkte, sah Deborah irritiert in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    »Ist der Organraum nicht in der anderen Richtung?«, rief sie Cindy zu, die bereits ein gutes Stück vorausgeeilt war.
    »Beide Wege führen dorthin«, rief Cindy über die Schulter zurück. »Aber dieser ist kürzer.«
    Während Deborah sich beeilte, zu Joanna und Cindy aufzuschließen, entdeckte sie weiter vorn zwei horizontal ausgerichtete Türen, die denen des Speisenaufzugs ähnelten, jedoch die Größe einer kleinen Garage hatten. Im Vorbeigehen fragte sie, was sich dahinter verberge.
    »Das ist der alte Lastenaufzug«, erklärte Cindy und blieb stehen. »Darin wurden die Toten aus den oberen Stockwerken in den Keller befördert.«
    »Was für eine schöne Vorstellung«, bemerkte Joanna. »Gehen wir lieber weiter.«
    »Das alte Stück hat uns schon gute Dienste geleistet«, stellte Cindy fest und klopfte gegen die Tür. »Wir haben damit den größten Teil unserer Geräte hier runtertransportiert. Soll ich Ihnen zeigen, wie er funktioniert?«
    »Wir würden uns jetzt wirklich lieber den Organraum ansehen«, beharrte Joanna. »Wie ein Lastenaufzug funktioniert, ist, glaube ich, kein Geheimnis.«
    »Gern«, wiederholte Cindy.
    Sie durchquerten einen acht Meter langen, engen, gewölbten Durchgang, der, wie Cindy erklärte, unter den Fundamentstützen des nach italienischer Art konstruierten Turms des Gebäudes hindurchführte. Am Ende des Gangs tat sich vor ihnen der größte Raum auf, den sie bisher in dem Kellergewölbe gesehen hatten. Er war mindestens fünfunddreißig Meter lang und sechzehn Meter breit. Drinnen standen Reihe an Reihe riesige, wie Plexiglas-Aquarien aussehende Behälter von etwa zwei Metern Länge, einem Meter Tiefe und siebzig Zentimetern Breite. In jedem der Behälter befanden sich mehrere Glaskugeln von ungefähr zehn Zentimetern Durchmesser, die in einer

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