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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Mandy«, sprach ich ihr auf die Box. »Du hast doch gesagt, dass wir dich heute Vormittag treffen sollen, oder? Also … wir sind hier. Melde dich doch und sag uns, wo du bist.«
    Jen drehte sich mit einem merkwürdigen Ausdruck auf dem Gesicht zu mir um.
    »Lass mich raten«, sagte sie. »Mandy ist zwar ein Cool Hunter, aber ihr Musikgeschmack ist eher retro.«
    »Stimmt«, sagte ich überrascht. Vielleicht konnte Jen nicht nur Botschaften aus einer anderen Welt empfangen, sondern besaß dazu auch noch hellseherische Fähigkeiten. »Sie hört eigentlich hauptsächlich …« Ich nannte den Namen einer extrem erfolgreichen schwedischen Popband, deren Name aus vier Buchstaben besteht und definitiv eine Marke ist, weshalb ich ihn auf diesen Seiten nicht erwähnen möchte.
    »Hab ich mir gedacht.« Jen winkte mich zu sich. »Und jetzt ruf noch mal an«, bat sie mich, als ich neben ihr stand.
    Ich tippte auf Wahlwiederholung.
    Durch die Sperrholzwand hörten wir einen zum polyphonen Klingelton digitalisierten unvergesslichen Welthit.
    »Take a chance on me …«

Kapitel
FÜNF
    »Hallo?« Ich hämmerte mit den Fäusten gegen die Bretter.
    »MANDY!«
    Wir warteten. Keine Antwort.
    Um ganz sicherzugehen, rief ich noch einmal bei ihr an.
    »Take a chance on me … « , dudelte es hinter den Graffiti und den Plakaten hervor.
    »Okay«, sagte Jen. »Mandys Handy ist da drin.«
    Keiner von uns stellte die naheliegendste Frage: Und wo ist dann Mandy? Ganz woanders? Ebenfalls da drin, aber bewusstlos? Oder war ihr etwas zugestoßen, das schlimmer war, als bewusstlos zu sein?
    Jen entdeckte eine Stelle, an der zwei der Bretter wie eine Flügeltür mit einem an einer Kette hängenden dicken Vorhängeschloss gesichert waren, und zwängte sie so weit auseinander, wie die Kette es zuließ. Sie schirmte die Augen mit einer Hand ab und spähte durch den schmalen Spalt in den Raum.
    »Bitte noch eine Zugabe, Maestro.«
    Ich tippte auf Wahlwiederholung und die vier Skandinavier legten sich erneut ins Zeug. Aus irgendeinem Grund ging mir der Refrain heute noch mehr auf die Nerven als sonst.
    »Da drin blinkt was. Das könnte ihr Handy sein«, sagte Jen. »Aber es ist zu dunkel, um was zu erkennen.«

    Wir gingen ein paar Schritte zurück, stellten uns an die Bordsteinkante und blickten an dem baufälligen Gebäude hinauf. Die Fenster in den oberen Stockwerken waren zugemauert und starrten wie tote graue Augen auf uns herab. Oberhalb der Bretter, mit denen die Fenster verbarrikadiert waren, war Stacheldraht gespannt, in dessen Dornen die Überreste von Plastiktüten flatterten. Außerdem hatte sich ein halber Meter glänzendes Magnetband von einer Audiokassette im Draht verfangen, das sich in der leichten Brise kräuselte.
    Eine Kassette? Das Gebäude musste schon seit Jahren unbewohnt sein, vielleicht seit Jahrzehnten.
    »Da kommen wir nicht rein«, stellte ich fest und merkte erst in diesem Moment, dass ich ins Leere sprach.
    Jen stand schon auf dem Treppenabsatz des Nachbarhauses und drückte wahllos auf Klingelknöpfe. Die Sprechanlage knisterte und eine undeutliche Stimme fragte etwas.
    »Paketdienst«, sagte Jen laut und deutlich.
    Der Summer ertönte. Sie drückte die Tür auf, stellte den Fuß dazwischen und winkte mich ungeduldig zu sich.
    Ich schluckte. Das hat man davon, wenn man sich mit einer Innovatorin einlässt.
    Aber ich bin – wie ich möglicherweise bereits erwähnt oder angedeutet habe – ein Trendsetter, und unser Lebensziel besteht nun mal darin, den Innovatoren zu folgen. Also stieg ich die Stufen hinauf und bekam die Haustür gerade noch zu fassen, bevor sie zufiel, nachdem Jen hindurchgeschlüpft war.
    Im dritten Stock streckte ein Mann den Kopf zur Wohnungstür heraus und sah uns verschlafen entgegen.
    »Der Typ vom Paketdienst ist hinter uns«, rief Jen ihm zu, als sie an ihm vorbei ins nächste Stockwerk hastete.

    Auf dem Treppenabsatz zwischen der fünften und der sechsten Etage entdeckten wir den Zugang zum Dach, aber eine deckenhohe Gitterkonstruktion versperrte uns den Weg ins letzte Stockwerk. Eine übliche Vorsichtsmaßnahme, um zu verhindern, dass Einbrecher übers Dach ins Haus einstiegen. Die Tür ließ sich aus brandschutztechnischen Gründen zwar von innen öffnen, aber quer über dem Bügel pappte ein roter Aufkleber. WARNUNG: ALARMANLAGENGESICHERT
    Nach dem steilen Aufstieg rang ich immer noch nach Atem und war erleichtert, dass wir hier nicht weiterkamen. Auch wenn Jen eine Innovatorin war, fand

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