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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Wangenknochen nach und drehten sanft meinen Kopf zur Seite, damit sie mein Profil sehen konnte. Sie musterte mich so eingehend, dass ich ihren Blick fast körperlich spürte. Als ich den Kopf wandte und ihr in die Augen sah, machte es ungefähr so: PANG!
    »Kürzer und blond würde ich sagen«, murmelte sie und hielt meinen Blick fest. »Ich bin eine begnadete Haarfärberin, musst du wissen.«
    Ich nickte so langsam, dass ihre Fingerspitzen über meine Wange strichen. Sie ließ die Hand sinken und betrachtete wieder meine Haare. Als wahre Innovatorin schnitt und färbte Jen sich die Haare sicher selbst. Ich stellte mir vor, wie sie mir mit diesen Fingerspitzen sanft meine eingeschäumte Kopfhaut massierte, und wusste, dass ich keine Gegenargumente mehr hatte.
    »Was soll’s«, seufzte ich. »Wenn sie es wirklich drauf anlegen, finden sie mich früher oder später ja sowieso.«
    Jen lächelte. »Und dann kann es nichts schaden, wenn du heiß aussiehst.«
     
    »Was würdest du denn auf eine Party mit Dresscode normalerweise anziehen?«
    »Auf gar keinen Fall eine Krawatte. Ich hab so ein Hemd mit Stehkragen. Das und ein schwarzes Jackett, würde ich sagen.«
    »Okay, das klingt absolut nach dir. Und damit du nicht nach dir aussiehst, gehst du mit Fliege.«
    »Mit was ?«
    »Ich glaub, die hängen dort drüben.«

    Wir befanden uns in der Herrenabteilung eines bekannten Kaufhauses, das eine tragende Rolle bei der alljährlichen Thanksgiving-Parade spielt und in unzähligen Weihnachtsfilmen auftaucht. Nicht die Art von Geschäft, in dem Jen oder ich normalerweise einkaufen. Aber genau darum ging es, wie ich inzwischen begriffen hatte. Wir shoppten für den Nicht-Hunter.
    Der Nicht-Hunter trug Fliege. Er trug gestärkte weiße Hemden und Smokingwesten aus schwarzer Seide. Der Nicht-Hunter schien nicht zu wissen, dass draußen Sommer war. Vermutlich bewegte er sich in einer klimatisierten Limousine von einem klimatisierten Ort zum nächsten. Er würde auf der Hoi-Aristo i-Party perfekt mit den anderen Gästen verschmelzen.
    Und hoffentlich würde der Nicht-Hunter allen Schlussfolgerungen, die man aufgrund des Handys über den echten Hunter ziehen konnte, ins Gesicht lachen. Um den Anti-Klienten zu verfolgen, würde ich mich in einen Anti-Hunter verwandeln.
    Der echte Hunter warf im Vorbeigehen einen Blick auf eines der Preisschildchen. »Die Jacketts hier kosten tausend Dollar! «
    »Stimmt, aber wir können die Sachen am Montag zurückgeben und bekommen unser Geld wieder. Modefotografen machen das immer so. Du hast doch eine Kreditkarte, oder?«
    »Äh … ja.« Der Plan, die Sachen zurückzugeben, erschien mir zwar reichlich riskant, aber den meisten Innovatoren fehlt nun mal das Risiko-Einschätzungs-Gen. Jen schlenderte wie in einer Art Trance durch die Gänge, befühlte überteuerte Stoffe und sog gierig die Atmosphäre dieses Ladens ein, in
dem sich die Brahmanen unter den New Yorkern ihre exklusive Einheitsuniform besorgen und damit ihre Zugehörigkeit zur obersten Kaste demonstrierten.
    Als ihr Radar den Echoimpuls meiner zitternden Nerven erfasste, brachte sie das Karussell mit den bestürzend teuren Smokingfliegen, das sie gerade angestupst hatte, mit einer Handbewegung zum Stehen. »Entspann dich, Hunter. Offiziell steigt die Party erst in vier Stunden. Das heißt, dass uns mindestens noch fünf Stunden bleiben, weil vorher sowieso niemand dort aufkreuzt. Du hast also noch jede Menge Zeit, dich fein zu machen.«
    »Und wann machst du dich fein, Jen?«
    Sie stieß einen Seufzer aus und nickte. »Darüber hab ich auch schon nachgedacht. Das Problem ist, dass wir zu leicht zu erkennen sind, wenn wir zu zweit dort auftauchen. Ich muss mir für meine Tarnung also noch irgendwas Gutes einfallen lassen.«
    »Moment mal. Heißt das, dass wir gar nicht zusammen hingehen? «
    »Hey, das ist doch nicht so schlimm.« Sie drehte sich um und zog ein zweireihiges Jackett vom Ständer, dessen kohlschwarzer grob gewebter Leinenstoff die Textur von handgeschöpftem Papier hatte und sämtliches Licht im Raum zu schlucken schien.
    »Wow, cool.«
    »Ja, du hast recht. Zu sehr du.« Sie hängte es wieder weg.
    »Wir brauchen eher was Dezentes. Es darf nicht aussehen, als würdest du mit Gewalt versuchen, cool zu sein.«
    »Wie bitte? Willst du damit etwa sagen, dass ich mit Gewalt versuche, cool zu sein?«

    Jen drehte sich lachend zu mir um. »Du wendest genau das richtige Maß an Gewalt an.«
    Während sie herumwirbelte und auf

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