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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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einen anderen Ständer mit Jacketts zusteuerte, dachte ich über das nach, was sie gesagt hatte. Ich blieb vor einem dreiteiligen Spiegel stehen und betrachtete mich mit wachsendem Unbehagen aus Blickwinkeln, aus denen ich mich nie zuvor gesehen hatte. Standen meine Ohren wirklich so ab? Das konnte unmöglich mein Profil sein, oder? Und wieso war mir hinten der Hemdzipfel rausgerutscht? Erst in diesem Moment wurde mir klar, was ich eigentlich anhatte. Wenn ich als Cool Hunter unterwegs bin, tarne ich mich normalerweise mit Kordhosen und Kapuzenshirts und werde unsichtbar. Aber heute Morgen war ich unbewusst in meine richtigen Sachen geschlüpft. Statt der neutralen Kordhose trug ich eine schmal geschnittene schwarze Stoffhose, statt des üblichen kaugummifarbenen Schlabber-T-Shirts ein hellgraues Trägershirt unter einem offenen schwarzen Hemd. Kein Wunder, dass meine Eltern die Zeichen irgendwie richtig gedeutet und meine Mutter zu der geradezu hellseherischen Behauptung verleitet worden war, Jen habe mich anscheinend mächtig beeindruckt.
    Vielleicht war es für alle Welt offensichtlich. Vielleicht versuchte ich wirklich mit Gewalt cool zu sein.
    »Ich glaub, ich hab das Richtige gefunden.« Der Spiegel reflektierte eine Collage multipler Jens aus den unterschiedlichsten Perspektiven. An ihrer ausgestreckten rechten Hand baumelten Kleiderbügel mit Smokingeinzelteilen. Als ich sie ihr abnahm, fühlte ich mich unwillkürlich in die Zeiten zurückversetzt, in denen meine Mutter mit mir einkaufen gegangen
war und ich mich, was das Ergebnis ihrer Auswahl anbelangte, ähnlich unsicher gefühlt hatte.
    »Meinst du nicht, dass es besser wäre, wenn wir uns als Kellner verkleidet einschleichen würden oder so was in der Art?«
    »Mhm, ja klar. Du hast wohl ein bisschen zu oft Mission Impossible geschaut, was?« (Das lasse ich mal so stehen, weil Jen garantiert die ursprüngliche Fernsehserie aus den Siebzigern meinte und nicht die Kinofilme.)
    Sie fuhr mir mit einer Hand durch die Haare, betrachtete mich im Spiegel und lächelte. »Schau dich noch mal gut an, Hunter. Heute Abend wirst du dich nämlich nicht mehr wiedererkennen. «

Kapitel
DREIZEHN
    »Das könnte jetzt gleich ein bisschen brennen«, warnte Jen.
    Und wie es brannte. Natürlich brannte es.
    Wasserstoffperoxyd ist eine extrem aggressive Säure. Man muss wissen, dass jedes Haar von einer Schuppenschicht geschützt ist, die Cuticula heißt und den sogenannten Cortex umhüllt, der die Pigmente enthält, die dem Haar seine Farbe verleihen. Das Wasserstoffperoxyd zerstört diese Schicht, damit die Pigmente sich lösen. Das geht schnell, ist aber eine ziemliche Sauerei. So ähnlich wie wenn man ein paar Aquarien zertrümmert, um die Fische zu befreien. Das ist auch der Grund dafür, dass bei Leuten, die sich die Haare erst blondieren und dann färben, während des Duschens immer ein bisschen Farbe in den Ausguss fließt. Das Glas ihres Aquariums ist beschädigt.
    Das alles war mir zwar bekannt gewesen, aber eben nur theoretisch, weil ich mir meine Haare immer dunkler gefärbt und nie gebleicht hatte. (Ich hatte also quasi immer neue Fische ins Aquarium gesetzt, nie die alten befreit). Deswegen war ich nicht vorbereitet gewesen, als Jen mir das Blondiermittel, das die Konsistenz von Zahnpasta hatte, in die Haare schmierte.
    »Das brennt total!«

    »Hab ich doch gesagt.«
    »Schon, aber … Ahhhh.«
    Es fühlte sich an, als würden Tausende von Moskitos gleichzeitig an meinem Skalp saugen. Oder als wäre ich ein Glatzkopf, der um die Mittagszeit am Strand eingeschlafen ist.
    »Wie fühlt es sich an?«
    »So als … hätte mir jemand Säure auf den Kopf geschmiert. «
    »Tut mir leid, aber ich musste die stärkste Konzentration verwenden. Wir wollen ja eine maximale Veränderung erzielen. Nächstes Mal tut es nicht mehr so weh, versprochen.«
    »Nächstes Mal?«
    »Ja. Nach dem ersten Blondieren ist die Kopfhaut viel unempfindlicher. «
    »Unempfindlicher«, wiederholte ich mit dumpfer Stimme. »Toll. Ich fand ja immer schon, dass zu viel Gefühl nur stört.«
    »Wer schön sein will, muss leiden.«
    »Dann muss ich ja zum Niederknien schön werden.«
    Sie wickelte Alufolie um meinen Kopf, sagte freundlich: »Darunter wird es jetzt ziemlich heiß, aber das soll so sein, das verstärkt die chemische Reaktion«, zog sich dann einen Stuhl heran und setzte sich mir gegenüber.
    Wir waren bei Jen in der Wohnung, genauer, in der Küche, die zwar klein, aber extrem

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