Cool Hunter
nervös zwischen den Gazellen, den Löwen und Gorillas hin und her, aber der Glatzkopf schien sich plötzlich in Luft aufgelöst zu haben.
»Hunter, es geht hier nicht um Mandy. Es geht um die Schuhe.«
Ich stellte mich mit dem Rücken vor eines der Dioramen und versuchte, alle Richtungen gleichzeitig im Blick zu behalten. Obwohl der Typ mir inmitten der Partygäste nichts antun konnte, legte ich trotzdem keinen Wert darauf, dass er mir zu nahe kam. Immerhin war er wie jemand vom Sicherheitsdienst angezogen, konnte mich also jederzeit packen und wegschleifen und so tun, als wäre ich ein betrunkener Gast, den er rausschmeißen musste.
»Was ist mit den Schuhen?«, fragte ich.
»Wir versuchen einen Deal auszuhandeln. Aber über die Sache muss noch absolutes Stillschweigen bewahrt werden.«
Wieder scannte ich erfolglos die Pinguinmenge nach ihm ab, spürte die kalte Scheibe des Dioramas im Rücken und fühlte mich in die Ecke gedrängt.
»Ach, und dafür muss ich zum Schweigen gebracht werden? «
»Du verstehst nicht, Hunter. Wir wollten, dass du heute Abend herkommst, damit du dir ein ungefähres Bild von dem machen kannst, was wir vorhaben. Hier geht es um wesentlich mehr als nur um Schuhe.«
»So viel hab ich mittlerweile auch schon kapiert.«
Ein Piepsen in meinem Ohr ließ mich zusammenzucken. Ich warf einen Blick aufs Display.
Jen.
»Äh, könnten Sie kurz dranbleiben. Ich bekomme gerade einen Anruf rein.«
»Hunter, leg nicht …«
Ich schaltete zu Jen. »Jen! Gut, dass du …«
»Geh nach links und dann immer geradeaus.«
»Wo bist du?«
»Mach schon! Er kommt direkt auf dich zu!«
Das Handy am Ohr, setzte ich mich in Bewegung, ging durch eine offene Tür und folgte dann einem Gang, an dessen Wänden riesige Fotos von der Antarktis hingen. Plötzlich stand ich in einem Saal mit Hütten, Stammestrachten, Waffen und Werkzeugen.
»Ich glaub, ich bin in Afrika.«
»Geh durch den Saal, dann rechts die Treppe rauf.«
Konnte sie mich sehen? Aber ich hatte keine Zeit, sie zu fragen, weil ich plötzlich vor einem Absperrseil aus Samt stand, mit dem das Ende der Partyzone markiert war.
Ich schaute mich suchend nach ihr um. Vielleicht war sie ja ganz in der Nähe.
»Jen?«, rief ich.
Aus einer Ecke blickte mir eine hochaufgerichtete Yoruba-Shamanin entgegen, die jedoch keinerlei Anstalten machte, sich als getarnte Jen zu erkennen zu geben. Dafür materialisierte sich der Glatzkopf wie aus dem Nichts und kam gemessenen Schritts und mit der leicht verärgerten Miene einer ignorierten Autoritätsperson zielstrebig auf mich zu.
Ich erstarrte und drehte mich schnell um. »Geh einfach immer weiter«, sagte Jen an meinem Ohr. »Ich hab hier einen Übersichtsplan des Museums vor mir und kann dir gleich sagen, wo du als Nächstes hingehen sollst.«
Ich duckte mich unter dem Seil hindurch, wandte mich nach rechts, rannte durch einen Raum voller ausgestopfter Vögel hinter Glas, bog wieder rechts ab und stand plötzlich vor einer breiten Marmortreppe.
Ohne noch einen Blick hinter mich zu werfen – ich wusste auch so, dass der Glatzkopf direkt hinter mir war –, rannte ich so schnell ich konnte das dunkle Treppenhaus hinunter. Jeder meiner lederbesohlten Schritte hallte von den marmorgetäfelten Wänden wider und klang, als würde jemand enttäuscht mit der Zunge schnalzen.
Ich hätte in diesem Moment alles für ein Paar Sneakers gegeben – oder für Klamotten ohne pieksende Plastikanhänger.
»Wohin jetzt?«, flüsterte ich ins Handy, als ich am Fuß der Treppe angekommen war.
»Wieder rechts. An den Affenskeletten vorbei.«
Ich flitzte in einen Saal, der den gesamten Verlauf der Evolution des Menschen wiedergab – vom faultierartigen, auf
Bäumen lebenden Primaten bis hin zum faultierartigen homo fernbedienensius , der in seinem Wohnzimmer vor dem Fernseher fläzte. Inmitten der im Dunklen stehenden Ausstellungsstücke wurde mir plötzlich bewusst, wie allein ich war (von den anderen Affen mal abgesehen), und ich begann mich zu fragen, warum ich mich eigentlich aus der Schutz bietenden Partyzone herausbewegt hatte.
»Siehst du schon irgendwelche Meteoriten?«, fragte Jen.
»Meteoriten? Moment.«
Der nächste Flur mündete in einen geräumigen Saal, in dem Podeste mit zerklüfteten Felsbrocken standen.
»Ja, jetzt«, flüsterte ich. »Aber ehrlich gesagt, interessiere ich mich gerade nicht so für verglühte Gesteinsbrocken.«
»Ich versuche, dich von der Party wegzulotsen, damit wir abhauen
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