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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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hoher Piepsstimme etwas auf Japanisch. Wahrscheinlich, dass der Reis gar war.
    »Auch was?«, fragte Tina.
    »Ich hab schon auf der Party gegessen«, lehnte Jen ab.
    »Und ich sterbe vor Hunger«, sagte ich – obwohl Tina unter Essen gefriergetrocknete Kaiserschoten und extrem salzige Algenküchlein
verstand, aber ich stand kurz vor einer Ohnmacht durch Unterzuckerung.
    Sie verteilte sparsam Reis in zwei Schalen.
    »Also, was liegt an, Hunter-chan? Irgendwelche Haustier-Handys in der Schule entdeckt?«
    »Es ist Sommer, Tina. Bei uns in Amerika geht man im Sommer nicht in die Schule. Man hat Ferien.«
    »Ach ja, richtig.«
    »Sag mal, hast du vielleicht was von Mandy gehört?«
    »Seit dem Treffen gestern?« Tina zuckte mit den Achseln. »Nein. Warum?«
    »Sie ist verschwunden.«
    Tina stellte eine Schale vor mich hin und setzte sich. Ich schaute auf meine Mahlzeit hinunter – aus dem Reisbett starrte mir ein rohes Ei entgegen.
    »Verschwunden?« Tina goss Sojasoße über ihr rohes Ei, verrührte das Ganze zu einer braunen Pampe und streute noch eine Prise Cayennepfeffer darüber. Ungeachtet dessen, dass mir bei diesem Anblick schlecht wurde, knurrte mein Magen.
    »Sie wollte sich mit uns in der Stadt treffen«, erklärte Jen. »Aber als wir zum Treffpunkt kamen, war sie nicht da. Wir haben nur noch ihr Handy gefunden.«
    »Oje, das arme Ding«, gurrte Tina und meinte das Telefon. Sie sah aus, als hätte ich gerade von einem am Straßenrand ausgesetzten Welpen erzählt.
    »Mandy ist wie vom Erdboden verschluckt, aber in der Zwischenzeit sind ein paar sehr seltsame Sachen passiert«, fügte ich hinzu. »Bei einer könntest du uns behilflich sein. Wir waren heute Abend auf einer Party, da wurde ein ziemlich komischer
Spot gezeigt, von dem wir Kopfschmerzen bekommen haben.«
    »Wie bitte?«
    »Na ja, die haben da Werbung für so ein Shampoo gemacht … das in Wirklichkeit ein purpurrotes Färbemittel ist.« Ich hob meine Retro-Punk-Hand. »Ich meine …«
    »Was er meint, ist das hier«, kam Jen mir zu Hilfe und richtete ihre PooSham-Kamera direkt auf Tina. Ich hatte kaum Zeit, die Augen zuzukneifen, als das mir mittlerweile vertraute Flackern auch schon wie ein Presslufthammer durch die Augenlider drang.
    Als ich sie wieder aufklappte, lag auf Tinas Gesicht derselbe verwirrte Ausdruck wie auf dem des PooSham-Spot-Publikums.
    »Puh. Das war vielleicht schräg.«
    »Ja, das fanden die Leute auf der Party auch«, sagte ich. »Mich erinnert das Ganze an so eine Geschichte, die ich mal über eine japanische Zeichentrickserie gehört hab. Die soll angeblich irgendwelche Anfälle ausgelöst haben, weißt du was darüber?«
    »Das ist keine Geschichte, Hunter«, sagte Tina, die immer noch leicht benommen aussah. »Das ist die achtunddreißigste Folge.«
     
    »Ihr habt es so gewollt«, warnte Tina uns. »Gebt also bitte nicht mir die Schuld, falls ihr es nicht überleben solltet.«
    Jen und ich sahen uns an. Wir waren in Tinas Wohnzimmer umgezogen, wo tatsächlich noch ein Videorekorder stand und ich feststellte, dass Reis mit rohem Ei und Sojasoße ziemlich lecker schmeckt. Zumindest wenn man am Verhungern
war. Laut Tina aßen das japanische Kinder jeden Morgen zum Frühstück – also nach Tokioer Zeit ungefähr genau jetzt. Vielleicht erlebte ich ja gerade eine Art transpazifische Bewusstseinsverschmelzung.
    »Falls wir es nicht überleben sollten?«, hakte Jen nach.
    »Na ja, so richtig gestorben ist natürlich niemand. Aber insgesamt mussten etwa sechshundert Kinder ins Krankenhaus eingeliefert werden.«
    »Weil sie ferngesehen haben?«, fragte Jen. »Hört sich nicht besonders glaubwürdig an.«
    »Ist aber genau so passiert, und zwar am 16. Dezember 1997 – ein Datum, das als Tag der Schande in die Geschichte einging, um es mal mit Roosevelts Worten von 1941 zu sagen. Das Ansehen japanischer Animes hat damals ganz schön gelitten, das kann ich euch sagen.«
    »Und du hast dir die Folge tatsächlich angeschaut?«, fragte ich. »Freiwillig?«
    »Klar. Schon allein aus persönlichem Interesse. Außerdem war nur einer von zwanzig Zuschauern davon betroffen, und zwar hauptsächlich Kinder. Wenn ich mich richtig erinnere, lag das Durchschnittsalter bei zehn Jahren. Ich glaub also nicht, dass wir zur Risikogruppe gehören.«
    Ich fühlte mich gleich ein bisschen besser.
    »Aber es war eine Zeichentrickserie für Kinder«, hielt Jen dagegen. »Vielleicht waren Erwachsenen nur deswegen nicht betroffen, weil sich kaum welche

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