Cool Hunter
war eine Innovatorin.
»Sie heißt Wick?«, hakte Jen nach. »Ist das eine Abkürzung für ›wicked‹ , weil sie so verdammt cool war?«
Hiro rollte amüsiert von rechts nach links und wieder zurück. »Das ist die Abkürzung für Mwadi Wickersham.«
Der Name sagte mir nichts. »Lässt sie sich denn ab und zu noch hier blicken?«
»Wie schon gesagt, nach der Spaltung ist sie verschwunden. Das war, als der harte Kern der Gruppe mit… « – er nannte den Namen eines Unternehmens, das als Erstes Inlineskates auf den Markt brachte – »einen Deal abschloss.«
»Weil sie sich nicht vermarkten lassen wollte?«, fragte Jen.
Hiro zuckte mit den Schultern. »Davon hat sie nie was gesagt. Zu meinen Halfpipe-Zeiten war ich von oben bis unten mit Logos zugetaggt, hat sie aber nie gestört. Bei der Spaltung ging es nicht um Sponsoring, sondern darum, ob man auf Inliner umsteigt oder nicht.« Er winkelte ein Bein an und zeigte uns die Rollen an seinen Skates. »Was anderes kam Wick nicht unter die Füße, in der Beziehung war sie total old school . Wir hielten noch ziemlich lange durch, da waren alle anderen
schon längst umgestiegen. Zwei vorne, zwei hinten – two-by-two – das war quasi eine Religion.«
Jens Augen weiteten sich. »Willst du damit sagen, dass es bei der ganzen Sache nur darum geht, welche Art von Skates man trägt?«, rief sie.
Hiro rollte rückwärts und breitete verständnislos die Arme aus. »Von welcher Sache redest du?«
»Das wissen wir selbst nicht so genau«, wiegelte ich mit meiner Deeskalationsstimme ab. »Nicht so wichtig. Du hast sie in letzter Zeit also nicht gesehen. Hast du eine Ahnung, wie wir sie finden können?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. War damals eine traurige Geschichte. Großartige Skaterin, aber sie konnte es einfach nicht ertragen, auf Inliner umzusteigen. Dabei ging es noch nicht einmal um irgendeinen Megadeal oder so. Die wollten uns nur kostenlos Blades zur Verfügung stellen und besseres Sound-Equipment. Und vielleicht ein oder zwei Werbeshootings mit uns machen.«
»Du hast gesagt, dass es zu einer Spaltung kam«, sagte Jen. »Heißt das, dass zusammen mit Wick noch andere Leute aus der Gruppe ausgestiegen sind?«
»Ja, ein paar. Aber die meisten kamen ziemlich bald wieder zurückgeskatet – dieser Deal lief sowieso nur einen Sommer lang. Aber Wick blieb ganz weg. Sie … verschwand einfach.«
»Und was ist mit denen hier?« Jen zeigte ihm die Fotos der drei anderen.
»Nein, die gehörten nicht zu den Spaltern. Aber den da, den kenn ich …« Er zeigte auf Schurke Nr. 3. »Das ist Futura. Futura Garamond.«
»Ist er auch ab und zu hier?«
»Nie. Aber wir haben zusammen bei City Blades gearbeitet. Der Typ ist Designer.«
»Er designt Skates?«
Hiro schüttelte den Kopf. »Nein, Mann, er ist Grafikdesigner. Arbeitet für diverse Magazine.«
Kapitel
VIERUNDZWANZIG
Wir machten uns auf den Weg zu mir, um weiter in der Sache zu recherchieren. Ich spürte, dass wir dem Anti-Kunden dicht auf den Fersen waren – allzu viele Hände würden wir nicht mehr schütteln müssen.
Wir warteten auf die U-Bahn der Linie sechs, der Bahnsteig war fast leer, und die wenigen Shoppingtour-Heimkehrer, die um uns herumstanden, waren mit genügend Tüten und Taschen beladen, um wie heimatlose Irre auszusehen. Wer in New York zu viele Tüten mit sich herumschleppt, gilt automatisch als verwirrter Obdachloser. Deswegen versuche ich, nie mehr als einen Rucksack mitzunehmen.
»Dieser Typ macht also hauptsächlich Zeitschriftenlayouts«, dachte Jen laut nach. »Meinst du, es gibt da vielleicht eine Verbindung zu Hoi Aristoi ?«
»Gut möglich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das komplette Heft ein Fake sein soll.«
»Ja, das wäre total paranoid«, stimmte Jen mir zu. »Aber genau das wollen sie ja.«
»Was genau?«
»Dass wir anfangen, alles infrage zu stellen. Ob die Party echt gewesen ist, die Produkte, die Leute um uns herum … sogar ob es so was wie cool überhaupt gibt.«
Ich nickte. »Das fragt meine Mutter sich auch ständig.«
»Tun das nicht alle?«
Unsere Bahn kam. Wir stiegen ein und fanden uns in einem Wagen wieder, der von oben bis unten mit Werbung für eine Schweizer Armbanduhr zugepflastert war, deren Markenname sich auf watch reimt. Jen schüttelte sich.
»Was hast du?«
»Ich werd nie den ersten Morgen vergessen, an dem ich in diese Bahn eingestiegen bin«, sagte sie. »Ich hab auf meine Uhr geschaut und dann auf die auf den Plakaten. Sie
Weitere Kostenlose Bücher