Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cool

Cool

Titel: Cool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Stunden durch sein.«
     
    Samstag, 10 Uhr 30
    Die Meißel sind stumpf und die Männer halbtot, aber die Wand hält noch. Vier Männer liegen flach auf dem Sisalläufer, sie sind zu müde, um sich noch bewegen zu können: Der Mauren, Henri der Schweißer, Marcel und Roger. Im Kanal machen acht andere Männer in Gummistiefeln Gymnastikübungen, um ihre Muskelkrämpfe loszuwerden. Sie schwingen und strecken die Arme, machen Kniebeugen. Nur gerade stehen können sie nicht. Roger meckert: »Wir werden morgen noch hier sein. Wir müssen doch den Laser nehmen.«
    »Nein«, unterbricht Spaggiari. »Weißt du nicht, was eine Temperatur von fünftausend Grad in einem so kleinen Raum bedeutet? Wir würden wie Hühnchen gegrillt werden.«
    »Wir könnten das Ding im Kanal montieren und von dort aus arbeiten.«
    »Die Abgase würden uns ersticken. Außerdem würde der Rauch durch die Kanalgitter auf die Straße abziehen. Dann können wir uns gleich der Polizei stellen.« Eine peinliche Stille folgt. Spaggiari zündet sich eine neue Zigarette an. »Wer abhauen will, der braucht es nur zu sagen!« Der Mauren nickt müde, steht auf und geht wieder auf die Tresorwand zu. Der Chinese folgt ihm. Spaggiari ist erleichtert. Ein weiterer kritischer Moment ist überstanden.
     
    Samstag, 16 Uhr
    »Heilige Mutter Gottes!«
    Der Mauren ist drauf und dran, durchzudrehen. Der Meißel ist wie in seine Hand geschweißt. Seine Augen brennen, es ist so verdammt heiß, und er braucht unbedingt Schlaf. Stückchen für Stückchen bröckelt der Beton vom eingelassenen Stahl ab.
    Da verliert der Mauren jede Kontrolle über sich. Er rammt den Meißel in den Beton und schwingt den Hammer mit aller ihm noch verbleibenden Kraft. Der Beton gibt nach. Der Meißel bricht durch, und die Wucht des Schlages treibt den Griff des Meißels und den Daumen des »Maurers« in das Loch. Er schreit voller Schmerz und Verzweiflung und wird ohnmächtig. Sie sind durch.
    Mit einem großen Satz ist Spaggiari bei ihm. Vorsichtig zieht er die Hand des »Maurers« aus dem Loch. Er zuckt zusammen: Der Daumen des Mannes sieht aus wie rohes Fleisch. Er gibt dem »Mauren eine Novocaininjektion. Erst dann schaut er auf die Tresorwand. »Was ist los?« fragt der Chinese.
    »Wir haben es geschafft!«, jubelt Spaggiari. »Wir sind durch diese Scheißwand durch!« Alle lachen und applaudieren.
    Fünf weitere Stunden dauert es, bis das Loch groß genug ist, daß ein Mann bequem hindurchkriechen kann. Der >Maurer< ist außer Gefecht und muß laufend mit Beruhigungsmitteln versorgt werden. Aber niemand hat Zeit, ihn zu bemitleiden. Sie sind alle zu beschäftigt. Als das letzte Stück Beton weggemeißelt und fortgeschafft worden ist, schweißt der Chinese noch das letzte Stahlgitter durch und biegt es auf die Seite. Als er soweit ist, winkt er Spaggiari herbei.
    Albert kniet auf dem Sisalläufer und späht durch das Loch. Auf der anderen Seite steht das, womit er gerechnet hat. Einer der Panzerschränke, hinter dessen Rückwand die Schließfächer liegen. Dreißig Tonnen soll er schwer sein, hat ihm ein Bankbeamter gesagt. Spaggiari dreht sich um und spricht mit René: »Los, sag Marcel Bescheid.«
     
    Samstag, 21 Uhr
    René, den alle den Dichter nennen, weil er so romantische Augen und langes Haar hat, eilt das Kanalsystem entlang, und seine Hände streifen die Wände. Er erreicht die unterirdische Straße und rennt zum Siphonraum, wo Marcel wartet.
    »Den hydraulischen Heber«, sagt er.
    Marcel verschwindet in der Tiefgarage und läuft die Stufen zum Ausgang hinauf, in die Rue Félix-Faure. Er gibt mit seiner Taschenlampe zwei kurze Signale quer über die Straße.
    Der wartende Renault 5 antwortet mit zwei Blinkzeichen der Scheinwerfer, startet und fährt in die Avenue Verdun hinein. Der Renault 4, der aussieht wie ein Wagen der Elektrizitätswerke, parkt hier mit ausgeschalteten Lichtern. Der Renault 5 hupt kurz, als er vorbeifährt. Capitaine V, der Vietnam-Veteran, und G., der Algerier, haben nicht im Auto gewartet, sondern sitzen auf einem Mäuerchen, das den Park Albert I. begrenzt. Sie haben vierundzwanzig Stunden länger gewartet - viel länger als geplant. Sie beobachten den Renault 5, wie er in der Rue Paradis verschwindet, und steigen in den Wagen. Auf den Vordersitzen ziehen sie blaue Overalls und die dazu passenden Mützen der Arbeiter der städtischen Elektrizitätswerke an. Der Algerier startet durch. Sie halten vor der roten Ampel auf der Promenade des Anglais gegenüber

Weitere Kostenlose Bücher