Cool
scherzt: »Haben Sie Angst, daß jemand etwas geklaut hat?« Niemand kann darüber lachen.
Auf der Rückfahrt sagt einer: »Also, wenn da irgendein Weib gewesen wäre, dann hat sie entweder nicht geraucht oder keinen Lippenstift verwendet. Das ist doch schon eine Spur.«
Er ist zu pessimistisch.
Der Wein ist derselbe, den man im Tresorraum gefunden hat. Die Zigarrenstumpen enthalten Havanna-Tabak, vermutlich Marke Don Miguel. Wiederum dieselbe, die sie im Tresorraum gefunden haben.
Und das Allerwichtigste: Der Schlamm an dem Heizgerät stammt aus den Abwässerkanälen in Nizza.
Taligault hat das Hauptquartier der Gang gefunden.
Das Verhör von Monsieur V. ist kurz und fruchtlos.
»Wer hat sich den Schlüssel von Ihnen geliehen?«
»Dominique Poggi.«
»Warum wollte er ihn haben?«
»Er wollte eine Party geben.«
»Haben Sie das geglaubt?«
»Warum sollte ich nicht?«
»Warum haben Sie den Hausbesitzer nicht verständigt?«
»Es lag kein Grund vor. Ich passe auf die Villa auf, und dafür darf ich sie auch benutzen. Ich brauche nicht jedesmal um Erlaubnis bitten.«
»Aber, Sie selbst haben Sie ja gar nicht benützt - Sie haben den Schlüssel jemand anderem gegeben.« Monsieur V. hebt die Schultern. »Was haben Sie mit Ihrer Hand gemacht?«
»Ein Reitunfall.«
»Wer hat sie bandagiert?«
»Ich war in einer Klinik in Marseille.«
»Warum so weit weg? Sollte es niemand wissen?«
»Ich bin in der Camargue geritten. Auf dem Rückweg habe ich mir die Hand dann verbinden lassen.«
»Fanden Sie es nicht verdächtig, daß eine Gruppe von Männern ohne jede Frau eine Party feiert?« Achselzucken.
»Überlassen Sie normalerweise Häuser wildfremden Personen?«
»Sie sahen ehrlich aus.«
»Würden Sie sich selbst für naiv halten?«
»Ich glaube schon.«
Polizeichef Albert Mouray entschließt sich, im Fall der >Kanalratten< ein großes Netz auszuwerfen. Er will eine große Anzahl von Verdächtigen auf ihr Alibi überprüfen, und auch die, die den echten Beteiligten nahegestanden haben, um möglichst viel Beweismaterial zu bekommen. Alle wird er zur gleichen Zeit ausheben, und dann die Schuldigen rauspicken.
Ausgangspunkt ist der Hinweis der Gendarmen. Sie liefern ihm zwölf Namen: Dominique, Poggi, Daniel Michelucci, Christian Duche, Alain Pons< (ein falscher Name), Monsieur und Madame V, ihr Sohn Raymond, der Bistrobesitzer, der Vertreter für Musikinstrumente, dem der graumettalicfarbene Peugeot gehört, die Besitzer des Mercedes, des Renault 17 und des Renault 5, der von den Villennachbarn beobachtet wurde.
Alle werden sie ausfindig gemacht und Tag und Nacht überwacht. Alle Personen, die sie treffen, werden überprüft, und besonders die, die ihnen nahestehen oder ein Strafregister haben, werden genauestens beobachtet. Die Liste der Namen wird immer länger.
Lea trägt hochhackige Stiefel, knackige Hot-Pants und eine Weste, aus der ihre schweren Brüste hervorquellen. Sie ist stark geschminkt, und ihr Atem verrät ein paar doppelte Whiskys. Sie geht langsam auf ihrem gewohnten Strich auf der Promenade des Anglais. Fröhlich läßt sie ihre Handtasche schwingen. Lea ist ein Freudenmädchen.
Es ist elf Uhr an diesem warmen Sommerabend, und die Promenade ist noch stark bevölkert. Lea ist jedoch nicht zum Arbeiten aufgelegt. Zu gut sind die Neuigkeiten, die sie unbedingt einer ihrer Kolleginnen mitteilen muß. Sie entschließt sich zu einer neuerlichen Pause und kehrt in eine Bar in der Rue Maccarani ein. Sie bestellt einen weiteren doppelten Whisky. Das Barpublikum ist gemischt: Studenten, Musiker, Anwälte, Huren und kleine Ganoven. Auch Odile ist da: die ideale Zuhörerin. Lea gibt einen aus. »Du wirst es nicht für möglich halten: Mein Kerl hat ein Appartement in Marine-des-Anges gemietet. Absoluter Luxus, vornehm, teuer und unglaublich schön.« Odile weiß nicht, ob sie das glauben soll. Immerhin ist das eine verdammt teure Gegend. Araber oder andere Reiche wohnen dort. Sie kann sich schlecht vorstellen, wie Lea und ihr Freier dort, zwischen Cadillacs, Nerzstolen und Picasso-Lithographien, leben sollen. »Es ist wahr!« insistiert Lea. »Wir haben Aircondition, tolle Möbel und wertvolle Teppiche…« Sie nennt Odile den Namen des Maklers, mit dem ihr Freund verhandelt, die genaue Adresse der Wohnung, den Preis - eben alle Details. Dann sagt sie: »Ich kann dir doch vertrauen, daß du es niemandem weitererzählst? Mein Kerl hat ein Riesending gedreht. Er sagt, ich muß nicht mehr auf den
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