Cool
Strich gehen. Aber erzähl es keiner Menschenseele, hörst du!« Bevor die Nacht vorbei ist, weiß die Hälfte der Huren auf der Promenade von Leas Glück.
Zwei Tage später wird Leas Zuhälter, Francis Pellegrin, von der Polizei beschattet.
Die Sekretärin Mireille spannt den üblichen Formvertrag für eine Wohnungsvermietung in ihre Olivetti und tippt den Namen des Kunden: Pellegrin, Francis. Er hat ein wunderschönes Appartement in Juan-les-Pins gemietet. Marmorfußboden, viel Glas- und Holzdekoration mit Blick aufs Meer. Miete: 1800 Francs pro Monat, Nebenkosten extra. Er schaut nicht aus wie ein reicher Mann, doch hat er das Appartement nur kurz besichtigt und den Vertrag unterschrieben, ohne überhaupt nur nach der Höhe der Nebenkosten zu fragen. Solche Kunden hat man gern. Er zahlt drei Monate Miete im voraus, alles in Fünfzig- und Hundert-Francs-Scheinen, und verläßt dann eilig das Maklerbüro.
Mireille ist keineswegs erstaunt, als kurze Zeit später die Polizei erscheint und den Vertrag sehen will. Pellegrin mußte so schnell fort, weil er einen Termin beim Zahnarzt in Cannes hatte. Er läßt sich Jacketkronen auf seine zerklüfteten Raucherzähne setzen, um wie ein Hollywood-Star auszusehen. Kurze Zeit später fragt die Polizei den Dentisten nach den Kosten. Fast fünftausend Francs hat Francis Pellegrin in kleinen Scheinen bezahlt.
Kurz nach Mitternacht macht Michèle Seaglie ihr Bett. Sie schüttelt in dem kleinen Hotel, in der Rue de Pournet, in Toulon, das Kopfkissen auf und zieht die Patchworkdecke glatt. Sie trägt Wildlederschuhe und einen scharfen Slip. So bekleidet setzt sie sich vor den Spiegel und widmet sich ausführlich ihrem Make-up.
Sie ist schön, elegant und diskret. Ihre Telefonnummer wird unter Kennern weitergereicht - bei Geschäftsessen, zwischen Käse und Fruchtkorb. Sie weiß, wie man sich in besserer Gesellschaft benimmt, wann man sprechen darf und wann man den Mund zu halten hat. Jedermann kann sich mit ihr in der Öffentlichkeit zeigen, ohne sich schämen zu müssen. Sie hat ein Appartement in Marseille und eine Villa in Bandol. Sie ist absolut Spitze. Michèle ist ein Callgirl.
Sie zieht eine durchsichtige, weiße Bluse und einen farbigen Zigeunerrock an, sie bindet ihr Haar zurück. Dann verläßt sie den Raum, nicht ohne noch einmal nachzusehen, ob sie auch alles ordentlich hinterlassen hat. Sie geht die ausgetretenen Stufen hinunter auf die Straße. Dorthin, wo sie einmal ihre Karriere begonnen hat. Sie lächelt Isis und Marlene zu, zwei Anfängerinnen ihrer Zunft. Isis, eine Asiatin, fragt: »Kommst du mit uns?«
»Aber nicht doch«, lächelt Michèle. Sie geht davon. Sie bemerkt den alten Renault 12 nicht, der ihr langsam folgt. Im Inneren sitzen die Chefinspektoren Thomasset und Spyron. Spyron, den sie den Griechen nennen, zündet sich eine Gaulloise an und sagt: »Dieser Daniel Michelucci hat einen verdammt guten Geschmack.« Das stellt er nicht zum erstenmal fest. Seit sieben Tagen und Nächten folgen sie Michèle auf Schritt und Tritt.
Sie sehen, wie sie in ihren Renault 5 steigt und den Sicherheitsgurt anlegt. Sie folgen dem Auto über den Boulevard de Strasbourg. Einmal fahren sie so dicht auf, daß sie die Musik aus Michèles Cassettenrekorder hören: Fats Domino singt »Blue Berry Hilk Als sie auf die Autobahn fährt, tritt sie kräftig aufs Gaspedal und läßt die Kripoleute in ihrem alten, klapprigen Renault hinter sich.
Frustriert fährt Thomasset ins Zentrum von Toulon zurück. »Wir sollen morgen früh unseren neuen Simca 1501 kriegen. Dann werden wir sehen, wer hier wen stehen läßt.«
Albert Spaggiari hat bereits lange vor dem Bankraub den Verkauf der Goldbarren aus dem Tresorraum organisiert. Sie werden für dreißig Prozent unter dem Marktpreis gedealt, ein sehr vernünftiger Preis für gestohlenes Gold. Alain Bournat hält das nicht für ein gutes Geschäft. Aber Alain Bournat ist alles andere als ein kluger Mann. Er besteht darauf, seinen Goldanteil selber zu verkaufen.
Gold ist die sicherste Anlage, die es gibt. Das hat man ihm erzählt. Es ist ein Fehler, daß Spaggiari nachgibt und ihn die Sache in die Hand nehmen läßt.
Zuerst versucht Bournat, das Gold einem Mann namens Tschoa zu verkaufen. Tschoa hat eine Bar am Hafen von Nizza. Tagsüber verkauft er Sandwiches und Kaffee an die Arbeiter des Viertels. Aber nachts, wenn die Vorhänge zugezogen sind, gibt’s hier Champagner und Chivas Regal. Einige sehr bekannte Gäste spielen
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